«Es herrscht ein grosser Frust – und zwar in vielen Kantonen», sagt Martin Rufer. Der Direktor des Schweizer Bauernverbands (SBV) und Solothurner Kantonsrat (FDP) weiss, dass Bauen in der Landwirtschaftszone alles andere als einfach ist.

In Solothurn wurde auch anlässlich der Delegiertenversammlung des Solothurner Bauernverbands (SOBV) vergangene Woche am Wallierhof in Riedholz SO intensiv über diesen «Baufrust» diskutiert. Insbesondere die zunehmenden bürokratischen Hürden beim Bauen waren Thema. Martin Rufer hat in seiner Funktion als Kantonsrat dazu im Herbst 2023 eine Initiative gestartet und ein Entlastungs- und Vereinfachungsprogramm für die Raumplanung gefordert.

Der Solothurner Regierungsrat hat daraufhin im November 2024 einen Bericht und einen Entwurf vorgelegt, um die Verfahren für kommunale Nutzungsplanungen und das Bauen ausserhalb der Bauzonen zu optimieren. Ziel ist es, die oft langwierigen Prozesse effizienter zu gestalten, ohne dabei gegen geltendes Recht zu verstossen.

Es vergeht (zu) viel Zeit

Abo Regeln und Wandel Gebäude ausserhalb der Bauzonen: Zahlen, Regeln und Herausforderungen Friday, 7. March 2025 Eine Analyse in diesem Bericht zeigt, dass Bau- und Nutzungsplanverfahren aktuell viel Zeit in Anspruch nehmen. Das führt zu Frustration bei Bauherren, Gemeinden und Investoren. Gleichzeitig scheint die zuständige Behörde, das Amt für Raumplanung (ARP), stark ausgelastet (siehe Kasten). Die nun von der Regierung vorgeschlagenen Massnahmen sollen daher die Abläufe beschleunigen und bürokratische Hürden abbauen.

Mit dem Entlastungs- und Vereinfachungsprogramm soll das Bauen in Solothurn einfacher, schneller und effizienter werden – damit weniger Zeit für Bürokratie und mehr Zeit für Projekte bleibt. Martin Rufer weiss, dass genau das nicht nur in Solothurn ein Thema ist, sondern in vielen Kantonen. Gegenwärtig läuft gerade die Revision des Raumplanungsgesetzes. Bald 50 Jahre nach dem Inkrafttreten des ersten Gesetzes wartet man auf den Abschluss der zweiten Etappe (RPG 2). Aktuell geht man davon aus, dass die Zielgerade Mitte Jahr überschritten werden könnte. Wie Sacha Peter, Leiter am Amt für Raumplanung und Kantonsplaner (SO), mitteilte, könnte es aber durchaus auch Ende Jahr werden, bis die Revision finalisiert ist.

Vor rund 60 Jahren kam in der Schweiz erstmals die Angst auf, dass die Schweiz dereinst zubetoniert werden könnte. Aus dieser Furcht heraus handelte der Bund mit einem Gesetz. So wurde das Bundesgesetz über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) erstmals am 22. Juni 1979 verabschiedet. Ziel dieses Gesetzes ist es, die räumliche Entwicklung der Schweiz zu steuern, die Nutzung des Bodens zu regeln und die Landschaft sowie die natürlichen Ressourcen zu schützen. Es verfolgt das übergeordnete Ziel, die Siedlungsentwicklung zu lenken, die Zersiedelung zu verhindern und eine nachhaltige Nutzung des Bodens zu fördern.

Zwei Gesetzesrevisionen

Im Laufe der Jahre wurde das Gesetz mehrfach revidiert, um auf neue Herausforderungen und Entwicklungen zu reagieren. Zwei wichtige Revisionen wurden 2014 (RPG I) und 2023 (RPG II) durchgeführt, um den Flächenverbrauch zu verringern und die Zersiedelung weiter einzudämmen.

Erste Etappe der Revision

Die erste Revision des Raumplanungsgesetzes, bekannt als RPG I, trat am 1. Mai 2014 in Kraft. Sie hatte das Ziel, die Ausdehnung der Bauzonen in vielen Gemeinden zu stoppen, da diese teilweise viel zu gross waren und so zur Zersiedelung und Landverschwendung führten. Mit RPG I wurden wichtige Massnahmen getroffen, um diese Entwicklung zu bremsen:

  • Verkleinerung zu grosser Bauzonen: Gemeinden mussten ihre Bauzonen auf den Bedarf der nächsten 15 Jahre begrenzen. Dadurch sollte verhindert werden, dass ungenutztes Bauland weiter vergrössert wird.
  • Besserer Umgang mit Baulandreserven: Statt ständig neue Bauzonen auszuweisen, sollten bestehende Baulandreserven besser genutzt werden, etwa durch Verdichtung innerhalb der bestehenden Siedlungen.
  • Schutz der Landschaft: Die Revision sollte die Landschaft vor weiterer Zersiedelung schützen und die Schweiz als attraktiven Wohn- und Arbeitsort bewahren.
  • Erleichterungen für erneuerbare Energien: Die Bedingungen für den Bau von Solaranlagen wurden vereinfacht, um die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern.
  • Regelungen in der Landwirtschaftszone: Klare Vorschriften für die Pferdehaltung und andere landwirtschaftliche Nutzungen wurden eingeführt.

Zweite Etappe der Revision

Die zweite Revision, bekannt als RPG II, zielt nun darauf ab, das Bauen ausserhalb der Bauzonen besser zu regeln und den Flächenverbrauch weiter zu stabilisieren. Der Bundesrat übergab 2018 die Botschaft zur zweiten Etappe der Teilrevision an die Eidgenössischen Räte, und nach intensiven Diskussionen und Anpassungen wurde die Vorlage 2023 schliesslich angenommen. Ein zentrales Anliegen war es, die Zersiedelung und den Verlust von Naturflächen weiter zu bremsen:

  • Stabilisierung des Bauens ausserhalb der Bauzone: Ziel ist es, die Zahl der Gebäude ausserhalb der Bauzonen zu stabilisieren und zu verhindern, dass zusätzliche Flächen in der Landschaft versiegelt werden.
  • Integration der Landschaftsinitiative: Im Verlauf der Diskussionen zur Revision wurde die Volksinitiative «Gegen die Verbauung unserer Landschaft» (Landschaftsinitiative) eingereicht. Elemente dieser Initiative, die einen verstärkten Schutz der Landschaft forderten, wurden in die Gesetzesrevision integriert.
  • Parlamentarische Schritte: Der Ständerat stimmte der Vorlage im Juni 2022 einstimmig zu, und der Nationalrat folgte im Herbst 2023. Am 29. September 2023 wurde die Vorlage von beiden Kammern in der Schlussabstimmung angenommen.
  • Rückzug der Landschaftsinitiative: Da die parlamentarische Vorlage als indirekter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative angenommen wurde, zog das Initiativkomitee diese im November 2023 offiziell zurück.
  • Weiterer Prozess: Der Bundesrat startete im Juni 2024 die Vernehmlassung zur Teilrevision der Raumplanungsverordnung, die bis Oktober 2024 dauerte.

Mit RPG II soll die bereits in RPG I eingeleitete Entwicklung fortgeführt werden, um das Bauen ausserhalb der Bauzonen besser zu steuern und die unkontrollierte Ausbreitung von Siedlungen zu verhindern. Ein zentrales Ziel ist es, die ungenutzten, offenen Flächen in der Schweiz zu schützen und die Belastung der Natur und Infrastruktur zu minimieren.


Standpunkt von Martin Rufer

Raumplanung ist für die Landwirtschaft elementar. Mit einem haushälterischen Umgang mit dem Boden wollen wir einerseits das Kulturland schützen. Andererseits müssen wir aber auch Entwicklungen ermöglichen. Und hier haben wir ein Problem: Das Bauen von für die Landwirtschaft notwendigen Bauten ist extrem schwierig geworden. In vielen Kantonen, darunter auch im Kanton Solothurn, haben wir diesbezüglich ein Problem. Die Kantone machen immer mehr Vorgaben und Einschränkungen. Der Neubau eines Ökonomiegebäudes oder die Vergrösserung eines Stalles sind komplexe und aufwändige Projekte geworden. Die Bewilligungsverfahren dauern zum Teil ewig. Selbst für Anpassungen in bestehenden Gebäudevolumen oder auch für einen simplen Einbau eines Badezimmers in ein Bauernhaus sind die Verfahren kompliziert.[IMG 2]

Es ist falsch, wenn die Kantone die Schuld für ihre aufwändigen Verfahren einfach auf das komplizierte Bundesrecht abschieben. Die Hauptgründe für die Probleme liegen bei den Kantonen selbst. Diese wollen jeden Einzelfall bis ins hinterste Detail abklären und regeln, und oftmals herrscht ein grosses Misstrauen gegenüber der Bauherrschaft.

Es braucht dringend mehr Augenmass, Pragmatismus und den Mut zur Lücke bei der Bewilligung von Bauten in der Landwirtschaftszone. Die Landwirtschaft ist auf zeitgemässe Ökonomiegebäude und Wohnungen angewiesen. Schliesslich gehört sie in die Landwirtschaftszone! Ich bin froh, dass im Kanton Solothurn nun ein vom Kantonsrat verabschiedeter Bericht vorliegt. Dieser zeigt, wie die Baubewilligungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen sind. Dieser Bericht sollte auch ein Beispiel für andere Kantone sein.

Warum Baufrust?

Bauen wird auf vielen Betrieben zur Herkulesaufgabe. Warum ist das so und wo entsteht dieser Baufrust? Das wollten die Solothurner wissen und forderten den Regierungsrat zu Taten auf. Für dessen Bericht als Antwort auf Martin Rufers Initiative wurden von den Auftragnehmern Interviews mit verschiedenen Anspruchsgruppen durchgeführt: Mit Gemeindevertretern, Vertretungen von mehreren Planungsbüros, Vertretern des Solothurner Bauernverbands (SOBV), sowie mit Mitarbeitenden des Amtes für Wald, Jagd und Fischerei (AWJF) und des Amtes für Raumplanung (ARP). Eine entsprechende Befragung hat gezeigt, dass viele Bauherren und Gemeinden mit den Verfahren für Baugesuche ausserhalb der Bauzone unzufrieden sind. Die Hauptprobleme sind.

Lange Bearbeitungszeiten: Baugesuche dauern oft bis zu einem Jahr – für Landwirte ist das nicht tragbar.

Personalmangel: Die Abteilung Baugesuche ist auch wegen der komplizierten Verfahren stark ausgelastet, wodurch Verzögerungen entstehen.

Zu viel Bürokratie: Früher reichte ein kurzes Telefonat, heute gibt es lange Schriftwechsel. Lösungen vor Ort sind selten geworden.

Schlechte Kommunikation: Fehlende Unterlagen werden nicht aktiv nachgefordert, sondern das Gesuch bleibt einfach unbearbeitet.

Übermässig strenge Vorschriften: Bewilligungsfähige Alternativen werden nicht genutzt, stattdessen werden Gesuche oft direkt abgelehnt.

Unverständliche Begründungen: Entscheidungen sind so kompliziert formuliert, dass weder Bauherren noch Gemeinden sie nachvollziehen können.

Unklare Zuständigkeiten: Die Zusammenarbeit mit anderen Fachstellen ist schlecht koordiniert, was zu unnötiger Doppelarbeit führt.