Sind blicken zuversichtlich in die Zukunft (v.l.): Christof Züger, Markus Forster, Claudia Kuratli (Marketingleiterin Züger), Godi Siegfried (Präsident PMO) und Markus Züger. (Bild sgi) Milchmarkt PMO Züger/Forster: Erfreuliches Wachstum bei Züger und Forster Thursday, 5. March 2020 Seit 2005 präsidiert Godi Siegfried die Produzenten-Milchverarbeiter-Organisation (PMO) Züger-Forster. Die PMO vertritt rund 440 Produzenten aus den Kantonen Thurgau, St. Gallen und den beiden Appenzell. Sie liefern ihre Milch an die Züger Frischkäse AG in Oberbüren oder an die Molkerei Forster AG in Herisau. An der Hauptversammlung im März wird Siegfried zurücktreten. Die BauernZeitung hat mit ihm auf seine Präsidialzeit zurückgeschaut.

Was hat Sie in Ihrer beruflichen Laufbahn geprägt?

Godi Siegfried: Ein einschneidender Moment war, als wir 1990 entschieden, anders «z puure» als es die gut landwirtschaftliche Praxis vorgab. Meine Frau und ich hatten den Betrieb meiner Eltern da schon zehn Jahre geführt. Wir konnten zwar leben und unsere Rechnungen bezahlen. Aber ich wusste, wenn wir nichts verändern, sind wir in 30 Jahren immer noch am gleichen Punkt.

Eine rentable Betriebsvergrösserung mit mehr Pachtland war nicht möglich. Wir stellten die Viehhaltung um – weg von den Hochleistungstieren hin zu Kühen, die mit wesentlich
weniger Aufwand aus dem betriebseigenen Futter Milch produzieren konnten. Die freigewordene Zeit investierten wir in eine eigens aufgebaute Kundenmetzgerei. 1996 stellten wir den Hof auf Bio um
.

Der richtige Entscheid?

[IMG 3] Definitiv. Anfangs 90er-Jahre waren die Preise für Schlachtkühe und Kälber im Keller und wir hatten alle Hände voll zu tun. Unterstützt wurde ich dabei von einem Störmetzger, dem ich vorher jeweils aushalf. Ich hatte somit während 15 Jahren meinen Lehrmeister an der Seite. Als Noldi Bieri, Nögg genannt, pensioniert wurde, sprang meine Frau Silvia in der Metzgerei ein. Ich war nur sehr am Rande im Fleischhandel tätig. Aber dort – und zusammen mit meiner Metzgerei als reiner Dienstleistungsbetrieb – habe ich gelernt, wie Markt funktioniert.


Warum zog es Sie in ein Gremium in der Milchbranche?

Hier muss ich ausholen. Als wir auf Bio umstellten, gab es noch die Hüttenpflicht. Wir waren Zwangslieferanten für die Säntis Holding. Als der Milchmarkt aufging, gründeten wir Ende der 90er-Jahre den Bio-Milchring Turbenthal, eine Produzentenorganisation mit rund einem Dutzend Bauern und 1,5 Millionen Litern Milch. Ich übernahm dort eine führende Rolle. 

«Jedes Jahr schrieben wir unsere Milch aus und verkauften sie an den bestbezahlenden Verarbeiter. So wussten wir immer, was der Markt hergibt.»

Godi Siegfried über seine Zeit beim Bio-Milchring Turbenthal

Wie kamen Sie zur PMO Züger-Forster?

Als es in den 2000er-Jahren auf das Ende der Milchkontingentierung zuging, wollten die Milchverarbeiter Züger, Biedermann und Forster eine Produzentenorganisation gründen. Ich wurde angefragt, ob ich mithelfen würde, die PMO aufzubauen. Ich sagte zu und dachte, nach fünf Jahren höre ich wieder auf. Geworden sind es 19 Jahre.

Die drei Betriebe arbeiteten schon vor der Gründung der PMO im Jahr 2005 sehr eng zusammen. Wir sahen die Chancen, insbesondere mit der Firma Züger, die damals ihre Exportstrategie aufbaute. Den Bauernbetrieben ermöglichte dies Wachstum.

Damit ging die PMO ein gewisses Risiko ein.

Es brauchte auf jeden Fall Vertrauen.

«Meine Forderung als Präsident war immer: Es geht jeder Liter Milch dorthin, wo es vereinbart wurde.»

Godi Siegfried findet, es sei Sache der Verabeiter, die Milch zu verkaufen

Die PMO Züger-Biedermann-Forster war eine der wenigen Organisationen, die bussenfrei aus der Milchkontingentierung ausgestiegen ist. Darauf bin ich heute noch stolz. ­Natürlich gab es intern Diskussionen über die grundlegende Ausrichtung der PMO. Ich hatte einige böse Telefonate und Drohungen, auch von grossen Firmen.

Erzählen Sie, bitte.

Als es 2011 darum ging, einen Abzug von 4 Rappen auf den Mehrmengen einzuführen, habe ich mit drei gleichgesinnten Organisationen nach der BOM-Versammlung Einsprache erhoben. Folglich konnte der Bundesrat die Allgemeinverbindlichkeit nicht erteilen. Eines Abends hatte ich die Geschäftsleitung von Emmi auf dem Hof. Es gab eine lange Unterredung. Aber da sie keine überzeugenden Argumente hatten, blieb ich bei meiner Haltung. Ich zog die Einsprache nicht zurück.

Emmi drohte, man würde alle Biedermann-Kaufverträge kündigen. Biedermann gehörte da mehrheitlich schon der Emmi, war aber immer noch PMO-Mitglied. Dann habe ich ein paar Telefonate gemacht.

«Wir hätten für die 50 Millionen Liter Milch eine Nachfolgelösung gehabt. Übrig geblieben wäre eine Molkerei ohne Milch.»

Godi Siegfried hat keine guten Erinnerungen an die Zusammenarbeit mit Emmi

Als ich ihnen dies mitteilte, hörte ich nichts mehr. Mit den Emmi-Leuten konnte ich nie zusammenarbeiten. Wir hatten zu unterschiedliche Ansichten und verkrachten uns. Die Molkerei Biedermann stieg 2013 aus der PMO aus.

Sie waren ein prominentes Gesicht im Streit um die Lactofama-Beiträge im Jahr 2018. Wie schauen Sie auf diese Zeit zurück?

Der Weg war richtig und die Streitereien haben sich gelohnt. Es ist immer dasselbe: Sobald irgendwo ein Kässeli aufgebaut wird, füllen es die Bauern und die Verarbeiter räumen das Geld ab. Das ist falsch. Wir Bauern verkaufen Milch, die Milchkäufer kaufen sie und sind verantwortlich für den Absatz. Uns wird immer gedroht, der Milchpreis sinke um mehrere Rappen – das ist Schall und Rauch. Ich habe sehr zuverlässige Informationen von Brancheninsidern, dass dem nicht so ist.

Sie sind ein Kritiker der Milchverbände. Bräuchte es diese aus Ihrer Sicht gar nicht?

Daniel Vetterli bringt frischen Wind in die TMP. (Bild sgi) Milchmarkt TMP zahlt Lactofama-Beiträge zurück Thursday, 6. September 2018 Ein Gremium aus allen Produzentenorganisationen unter einem Titel würde genügen. Der ganze Knatsch in den Milchorganisationen hat die Biobranche intelligenter gelöst. In der Fachkommission Biomilch sitzen Leute, die auch am Markt tätig sind. In der konventionellen Branche hat man das verpasst. Zwar wurden Milchkauforganisationen gegründet, daneben gab und gibt es die Milchverbände aber weiterhin.

Die Milchverbände sind hauptsächlich Vermögensverwalter. Wobei ich sagen muss, dass der SMP  in Sachen Marktbeobachtung einen guten Job macht. Aber dass dies rund 6 Millionen Franken kostet, ist jenseits von Gut und Böse. Zumal in den Verbänden so viel Vermögen vorhanden ist, dass man auf die Mitgliederbeiträge verzichten könnte.

Die PMO Züger-Forster ist mit der Lancierung der Swiss Family Milk 2018 früh auf den Nachhaltigkeitszug aufgesprungen. Wie kam es dazu?

Wir haben eine sehr direkte und nahe Verbindung zu unseren Verarbeitungsbetrieben. Diese sind an der Verkaufsfront und bekommen früh mit, was die Grossverteiler und Konsumenten wollen.

«Für uns war klar, wenn wir dabei sein wollen, müssen wir auf diesen Zug aufspringen.»

Godi Siegfried zu den Anfängen von Swiss Family Milk

Ich bin ein marktorientierter Mensch und hatte für solche Anliegen immer offene Ohren.

Wie war die Stimmung bei den Produzenten?

Markus Forster, Godi Siegfried, Markus Züger und Christof Züger (v.l.n.r.) vor dem «Swiss Family Milk»-Logo. (Bilder sgi) Milchproduktion Swiss Family Milk: Alle Betriebe machen mit Monday, 12. November 2018 Im Gesamten positiv. Swiss Family Milk ist ein Bonus-System, das auf Freiwilligkeit aufbaut. Aber man knüpft natürlich immer mehr Bedingungen an die Preise und Direktzahlungen, da gibt es nichts schönzureden. Schlussendlich geht es jedoch um den gesicherten Absatz. Wenn wir etwas zugunsten eines höheren Preises verweigern und dadurch Absatz verlieren, haben wir doppelt verloren

Wir sind stolz, dass die Swiss Family Milk der Vorläufer des Branchenstandards Swiss Milk Green ist. Unsere Verarbeiter sind nach wie vor innovativ. Wenn etwas Neues kommt, haben sie die Nase vorn.

Ist es gut, dass der Grüne Teppich ab diesem Jahr für alle Milchviehbetriebe Pflicht ist?

Im Grundsatz finde ich es eine gute Sache, im Wissen, dass es Betriebe gibt, die in eine schwierige Situation kommen. Mit den Ausnahmeregelungen wurde ein Standard geschaffen, der es jedem ermöglicht, mitzumachen

Wie hat sich die PMO während der letzten zwei Jahrzehnten verändert?

Der Grundgedanke ist immer noch derselbe. Wir sind eine PMO, die sich am Markt ausrichtet und nicht an irgendwelchen planwirtschaftlichen Instrumenten.

Drei Kurzfragen

Wie viel Milch trinken Sie pro Tag?
Früher war ich ein grosser Milchtrinker. Jetzt ist es mit einer Tasse Milchkaffee getan. Ich konsumiere aber viel Milch in Form von Joghurt und Käse.

Welches ist Ihre Lieblingskuhrasse?
Braunvieh.

Wo ist Ihr Lieblingsort?
Wenn nicht zu Hause im Sitzberg, in Leukerbad, wo wir jeweils Skiferien machen.

Gibt es noch etwas, das sie in Ihrer Amtszeit erledigen wollen?

Nein, es ist alles paletti. Wir haben innerhalb des Vorstands jemanden gefunden, der sich für meine Nachfolge zur Verfügung stellt. Wir sind aber offen für weitere Kandidatinnen und Kandidaten.

Es hat Tradition, dass Sie zum Abschluss der HV jeweils einen Witz erzählen. Warum eigentlich?

Das weiss ich nicht mehr genau. Es war, glaube ich, an einer HV, an der die Stimmung miserabel war. So erzählte ich zum Schluss einen Witz. Das hat sich eingebürgert. Wenn ich es vergesse, ruft sicher jemand aus der Versammlung, ich müsse noch einen Witz erzählen.

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Sie sind 66 Jahre alt und könnten in Pension gehen. Wie geht es mit ihrem Landwirtschaftsbetrieb weiter?

Wir haben uns 2018 mit der Nachfolge befasst. Unsere beiden Söhne wollten nicht in die Landwirtschaft einsteigen und so suchten wir einen Pächter. Ich habe dann aber gemerkt, dass ich noch nicht so weit war, den Betrieb zu übergeben. Wir suchten nach Alternativen und gründeten 2018 mit unserem  Nachbarn Matthias Rechsteiner eine Betriebsgemeinschaft. Das lassen wir so laufen, bis meine Frau pensioniert ist. Es ist eine super Lösung für beide Parteien. Ich bin jetzt pensioniert, helfe jedoch gerne bei der Futterernte und immer, wenn es mich braucht, auf dem Betrieb.