Abo Grossraubtiere regulieren 12 bewilligte Abschüsse, 2 erlegte Wölfe – was macht die Wolfsjagd so schwierig? Wednesday, 1. November 2023 «Eine durchdachte und praxisnahe Ausgestaltung der Verordnung ist wesentlich wichtiger als deren rasche Inkraftsetzung.» Mit diesen Worten hat sich die Direktorenkonferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft (KWL) an den Bundesrat gewandt. Sie vertritt die kantonalen Ämter, die mit der Umsetzung der Jagdverordnung (JSV) und damit der neuen Bestandsregulierung des Wolfs betraut sind. Gehör gefunden haben sie beim Bundesrat keines.

«Wesentlicher Mehraufwand»

Dabei anerkennt der Bundesrat selbst, dass er mit der neuen JSV den Kantonen einiges aufbürdet. In den Erläuterungen ist die Rede von einem «wesentlichen Mehraufwand» für die vorgeschriebene Bestandsüberwachung und die Abschüsse. Das generiere eine grosse personelle Belastung. In einem Positionspapier geht die KWL von ungefähr 500 Arbeitsstunden pro Abschuss aus und fordert vom Bund eine 80-prozentige Übernahme des Personalaufwands der Wildhut für das reaktive und proaktive Wolfsmanagement. In der am 1. Dezember in Kraft tretenden JSV ist davon nichts zu finden.

Es dürfte also an Mitteln fehlen, um die angestrebte Regulierung in die Tat umzusetzen. Darüber hinaus gibt es nicht nur bei den Umweltverbänden Zweifel über deren Zweckmässigkeit.

Besser unauffällige Rudel als Einzelwölfe  

Abo Regulierung Der Bundesrat setzt die umstrittene Rudelregulierung in Kraft Wednesday, 1. November 2023 Wolfsbefürworter der Gruppe Wolf Schweiz (GWS) und die Kantonsvertreter sind sich darin einig, dass der Abschuss unauffälliger Rudel kontraproduktiv sein kann. «Ein gut erzogenes Wolfsrudel ist weitaus sinnvoller als ein rudelfreies Gebiet, in dem ständig neu zugewanderte Wölfe Schäden verursachen», so die Haltung der GWS. Ohne ein Rudel, das sein Revier verteidigt, würden schnell junge Wölfe mit unbekanntem Verhalten zuwandern, schreibt die KWL. Erfahrungen im Tirol hätten gezeigt, dass der Aufwand für deren Entfernung im Schadensfall im Vergleich zur heutigen Situation deutlich steigen würde – «mit fraglichem Erfolg».

Es braucht einen begründeten Antrag

Der Bundesrat sieht allerdings auch vor, dass keine unauffälligen Rudel abgeschossen werden dürfen. Die Kantone müssen die Regulierung beim Bundesamt für Umwelt samt Begründung beantragen. Der Abschuss eines Rudels lässt sich gemäss JSV entweder mit der Verhütung von Schäden an zumutbar und mit kantonal bewilligtem Konzept geschützten Nutztieren, der Verhütung einer Gefährdung von Menschen oder aber dem Erhalt der Wildpopulation rechtfertigen. Rudelwölfe dürfen während der Sömmerungsperiode nach 8 geschützt gerissenen Nutztieren oder einem durch sie getöteten oder schwer verletzten Tier der Rinder- und Pferdegattung erlegt werden.

Zwischen zwei und drei Rudel pro Region

Die Kantone sind in fünf «Wolfregionen», für die der Bundesrat die minimale Anzahl Rudel definiert hat. Diese darf durch Abschüsse nicht unterschritten werden:

  1. Jura (umfasst die Kantone VD, AG, NE, BE, SO, JU, BL, BS, GE): 2
  2. Nordostschweiz (SG, ZH, SH, AR, AI, TG): 2
  3. Zentralschweiz (LU, BE, SZ, UR, GL, OW, SG, NW, ZG): 2
  4. Westschweizer-Alpen (VS, BE, FR, VD): 3
  5. Südostschweiz (GR, TI, SG): 3

Die Kantone sind vom Bund dazu angehalten, ihre Anträge ans Bafu möglichst früh einzureichen und sich untereinander zu koordinieren. Bei der Bewilligung soll das Bafu insbesondere das Schadenspotenzial in den einzelnen Rudelrevieren und eine gute, gleichmässige Verteilung der Wolfsrudel innerhalb der Regionen und der Schweiz als Ganzes beachten.

Und jetzt?

Abschusspläne besiegelt Kanton Graubünden will vier Wolfsrudel erlegen – auch das Beverin-Rudel gerät ins Visier Tuesday, 7. November 2023 Die neue JSV überträgt den Kantonen die gesamte Verantwortung für die Umsetzung der Wolfsregulierung. Diese hätten es als Selbstverständlichkeit gesehen, wenn für Aufsicht und Massnahmen zum Umgang mit dem Wolf – als weiterhin geschützte Art – eine Co-Finanzierung aufgegleist worden wäre. Trotzdem tut sich etwas: Kürzlich hat der Kanton Graubünden den Abschuss von vier problematischen Rudeln beantragt. Weitere zwei Rudel sollen mit dem Abschuss von Jungwölfen dezimiert werden. Die ersten Entnahmen sind gemäss JSV ab dem 1. Dezember 2023 bis zum 31. Januar 2024 möglich.

Der Personal- und Zeitnot begegnet Graubünden mit dem Einbezug der Jägerschaft. Sie soll während der alljährlichen Sonderjagd auch Wölfe ins Visier nehmen.

 

Ordentliche Vernehmlassung folgt

Es handelt sich bei der neuen JSV per 1. Dezember um eine Teilinkraftsetzung. Der Bundesrat hat hierfür auf eine Vernehmlassung verzichtet, allerdings bei diversen Interessensgruppen schriftliche Stellungnahmen eingeholt. Das Schnellzugsverfahren wird damit begründet, dass die neuen Bestimmungen eine präventive Regulierung im kommenden Dezember und Januar erlauben. Im Hinblick auf die nächste Sömmerung will man so weitere Schäden verhindern.

In einem zweiten Schritt sieht der Bundesrat allerdings vor, sowohl die vorliegenden als auch die noch unveröffentlichten, restlichen Teile der neuen JSV im Frühling 2024 in eine ordentliche Vernehmlassung zu schicken. Die definitive Inkraftsetzung ist für den 1. Februar 2025 vorgesehen.