Abo Pflanzenschutz Über 700 Zulassungsgesuche sind beim BLV hänging Friday, 17. November 2023 In der EU genehmigte Wirkstoffe für den Pflanzenschutz sollen künftig ohne Verzögerung auch in der Schweiz eine Bewilligung erhalten. Sind Wirkstoffe bereits in EU-Mitgliedstaaten erlaubt, ist die Zulassung hierzulande «unter gewissen Voraussetzungen» vorgesehen. Das erspart den Schweizer Behörden den Aufwand einer eigenen Prüfung des Herstellerdossiers und bedeutet, dass der betreffende Wirkstoff schneller den hiesigen Bauern zur Verfügung stehen würde. «Ausnahmen bleiben möglich», schreibt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).

In die andere Richtung ist dasselbe geplant: Verliert ein Wirkstoff in der EU die Zulassung, kann sie auch in der Schweiz ohne weitere Prüfung widerrufen werden.

Den Stau abbauen

Diese Angleichung an die EU ist ein Herzstück der Totalrevision der Pflanzenschutzmittel-Verordnung (PSMV), die nun in die Vernehmlassung geht. Im Fokus stehe eine Optimierung des Schweizer Zulassungsverfahrens, so das BLV. Daran gab es in der Vergangenheit verschiedentlich Kritik. Ein Punkt dabei: Es gibt einen Rückstau mit neuen Wirkstoffen, deren Bewilligungsgesuche hängig sind. Diesen Missstand will der Bundesrat mit der Schaffung zusätzlicher Stellen angehen.

Gesuche werden teurer

Abo Pflanzenschutz Der Druck auf die Landwirtschaft steigt: Der Ackerbau funktioniert im Notfallmodus Friday, 28. July 2023 Um die Stärkung der Zulassungsbehörde zu finanzieren, ist eine Erhöhung der Gebühren vorgesehen. Sie seien seit über zehn Jahren nicht gestiegen, obwohl der Aufwand für die Beurteilung durch strengere Anforderungen deutlich zugenommen habe. Die Kosten seitens Behörden sollen künftig zu 40 statt wie bisher nur zu zwei Prozent via Gebühren gedeckt werden, was dem Verursacherprinzip entspreche: Wer eine Bewilligung beantragt, muss auch entsprechend dafür bezahlen.

Im Vergleich zu den EU-Mitgliedstaaten Österreich und Belgien, die ähnlich gross sind wie die Schweiz, fielen die Gebühren hierzulande auch künftig tiefer aus. Der Bundesrat erhofft sich von der Erhöhung auch eine bessere Qualität der Zulassungsdossiers und «weniger Gesuche auf Vorrat».

Keine Beschwerden gegen Notfallzulassungen

Neu in der PSMV geregelt wird das Parteistellungsverfahren. Es erlaubt beschwerdeberechtigten Organisationen (beispielsweise Umweltverbänden) gegen die Zulassung neuer Wirkstoffe vorzugehen. Die dazu nötigen Informationen werden im Bundesblatt veröffentlicht und beschwerdeberechtigte Organisationen können Akteneinsicht beantragen. Davon ausgenommen sind Notfallzulassungen. Der Bundesrat begründet dies damit, dass in diesen Fällen eine gewisse Dringlichkeit bestehe.

Neu mit Ablaufdatum

Wie es bereits in der EU der Fall ist, sollen Bewilligungen für PSM-Wirkstoffe auch in der Schweiz in Zukunft ein Ablaufdatum tragen. Die Hersteller können drei Jahre bevor das Mittel seine Zulassung verliert, einen Antrag auf Erneuerung der Genehmigung stellen. Weiterhin bleibt die gezielte Überprüfung möglich, etwa, wenn es Probleme mit dem Gewässerschutz gibt. Mit der Erneuerung von Zulassungen will der Bundesrat aber sicherstellen, dass alle zugelassenen PSM regelmässig auf die Einhaltung der neusten Zulassungskriterien hin untersucht werden. «Das ist eine Verbesserung des Schutzes von Mensch, Tier und Umwelt», heisst es in der Erläuterungen. Gleichzeitig erreiche man damit dasselbe Schutzniveau wie in der EU.  

Grundstoffmittel brauchen keine Zulassung

PSM, die ausser einem Verdünnungsmittel und einem Grundstoff nichts enthalten, nimmt der Bundesrat von der Zulassungspflicht aus. Sie gelten nicht länger als PSM, sondern als «Grundstoffmittel» und müssen mit dem Hinweis «ohne Wirkungs- und Pflanzenvertäglichkeitsnachweis» versehen werden. Als Grundstoffe gelten z. B. Bier (als Lockmittel in Beckerfallen), Brennesselextrakt, Sonnenblumenöl oder Magermilch.

Die Vernehmlassung der Totalrevision der PSMV dauert bis Ende März 2024. Für das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen nennt der Bundesrat noch kein Datum.