Die Schweizer Bergheimat hat unlängst eine lange Stellungnahme verschickt, in der sie mindestens zwei Bio-Fachrichtungen und langfristig eine eigenständige Bio-Ausbildung fordern. Was sagen Sie zu diesen Forderungen? 

Abo Wie viele Fachrichtungen zum Biolandbau braucht es in der Grundbildung? Braucht es gar eine eigene Ausbildung? Zu Fragen wie diesen sind die Meinungen geteilt. Lehre «Landwirt/in EFZ» Wie viel Bio gehört in die landwirtschaftliche Grundbildung? Monday, 30. May 2022 Petra Sieghart: Wir haben freundlich für den Input gedankt und sie gebeten, noch ein bis zwei Personen für die Workshops der allfälligen Fachrichtung Berg- und Alplandwirtschaft (wo es in der Natur der Sache liegt, dass das sehr Bio sein wird) zu nennen.

Die Workshops zum Thema Bio in der landwirtschaftlichen Grundbildung laufen derzeit, der Entscheid über die Fachrichtungen steht noch aus.Wir haben gehört, es sehe derzeit schlecht aus für die Bio-Fachrichtungen?

Die Frage, ob es eine, zwei oder keine Fachrichtungen Bio geben wird, ist nach wie vor offen.

Gehen wir mal davon aus, dass es keine eigene Bio-Fachrichtung(en) gebenkönnte. Besteht dann nicht die Gefahr einer Abspaltung der Bio-Organisationen, die ihre eigene Ausbildung lancieren?

Von unserer Seite ist das keinesfalls erwünscht. Nach meiner Info auch von Bio Suisse nicht. Die Umfrage bei den Mitgliedorganisationen der ODA Agri Ali Form ganz zu Beginn der Revision hat ganz klar ergeben, dass ein eigener Beruf Biolandwirt/in nicht zielführend ist und von keiner der Mitgliedorganisationen gewollt. Weder wir noch Bio Suisse wollen die Landwirtschaft spalten.

Ein anderes Thema ist der Klimawandel. Wie will man sicherstellen, dass das Thema in den reich befrachteten Lehrplänen einen genügend grossen Stellenwert bekommt? Kommt es da aufdie Lehrpersonen an?

Der Bildungsplan sieht vor, dass die EFZ-Absolvent(innen) vorausschauend handeln und die Risiken im Zusammenhang mit Klimaveränderungen beachten. Unser Beitrag ist insbesondere, wirklich standortgerechte Kulturen und Tierarten zu wählen, hier spielen Klima und Geografie eine grosse Rolle. Im Handlungskompetenzbereich «Unterhalten und Warten der technischen Infrastruktur» geht es dann auch darum, Optimierungsmöglichkeiten auf dem Betrieb zu finden. Die Bildungspläne sind aber klar und die Lehrpersonen müssen das so umsetzen. Das wird den einen besser und den anderen weniger gut gelingen. Ein gewisser Einfluss der Lehrpersonen ist überall dort zu vermerken, wo es um Schule und Kurse geht – das war schon in der eigenen Schulzeit so. Egal wie – ob die Lehrpersonen das umsetzen wollen oder können oder nicht, darf bei Bildungsplänen kein Argument sein. Eine weitere Vertiefung des Themas (z. B. wie kann ich auf meinem Betrieb konkret Massnahmen zum Klimaschutz umsetzen etc.) gehört dann in die Höhere Berufsbildung.

In der Branche gibt es offenbar teilweise Zweifel daran, dass man genug Lernende für das freiwillige, vierte Lehrjahr wird motivieren können.Wie sehen Sie das?

Ich sehe durchaus die Herausforderung – ich habe immer selbst zu den Minimalisten gehört. Ich kann mir vorstellen, dass nicht gerade im ersten Jahrgang mehr als die Hälfte das vierte Jahr macht. Ich gehe aber davon aus, dass es sich mit der Zeit durchsetzen wird: sobald man mehr als einen Betriebszweig hat, ist man nur dann optimal ausgebildet, wenn man das vierte Jahr macht. Ein enormer Vorteil des Systems ist, dass man sich nicht zu Beginn der Lehre entscheiden muss. Mit zunehmender Reife wird einem die Bedeutung der Ausbildung bewusster.

Braucht es aufgrund des vierten Lehrjahrs künftig mehr Lehrbetriebe? Muss man da neue rekrutieren, sind Sie diesbezüglich zuversichtlich, dass es genügend geben wird?

Ja, wir gehen davon aus, dass es etwas mehr Lehrbetriebe brauchen wird. Aber wir haben derzeit mehr Lehrbetriebe als Lernende.

Noch kurz zum Thema Weiterbildung: Haben Sie Zahlen,wie viele Lernende nach dem EFZ eine solche absolvieren (z. B. die Betriebsleiterschule)?

So ganz grob machen etwa 20 Prozent die Berufsprüfung, davon nochmals etwa die Hälfte die Meisterprüfung (Höhere Fachprüfung). Dazu kommen noch zirka drei Prozent Höhere Fachschulabvolventen, also Agro-Kaufmann/frau und Agro-Techniker/in. Unser Ziel wäre, diese Zahlen deutlich zu erhöhen.