Der Generationenwechsel auf einem landwirtschaftlichen Betrieb bedeutet Veränderungen und ist mit Emotionen verbunden. Die 29-jährige Agronomin Chantal Weber aus Liestal trägt in diesem Prozess nicht nur die Arbeitskleidung einer Landwirtin, sondern auch die Träume und Zweifel einer jungen Frau. Gemeinsam mit ihrem baldigen Mann Stefan will sie die gemeinsame Zukunft auf dem Hof ihres Vaters gestalten. Ihr schwebt eine Zukunft vor, in der Tradition und Innovation Hand in Hand gehen. Verbunden ist die Zukunft aber auch mit Zweifeln und Ängsten, etwa darüber, wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die zukünftigen Rollen innerhalb des Betriebes aussehen könnten. Viel Reden hilft jedoch, weiss die fröhliche junge Frau, die gerne und oft lacht.
Einleben und abgeben
Im Frühling 2023 wurde Chantal Weber bereits einmal von der BauernZeitung besucht. Damals war sie noch auf dem Hof ihres Vaters Werner Weber angestellt. Seit Anfang 2024 führen die beiden den vielseitigen 45-Hektar-Betrieb mit Gemüseanbau, Legehennen- und Mutterkuhhaltung, einem Pferdepensionsstall für 16 Tiere sowie Direktvermarktung als Generationsgemeinschaft. Unterstützt werden sie von fünf Angestellten, darunter Stefan Wisler, Chantals baldiger Ehemann, der kürzlich seine Zweitausbildung zum Landwirt abgeschlossen hat. Vater Werner ist erst 57 Jahre alt. Er sieht in der GG die Chance für seine Tochter, sich langsam in alles einzuleben und für sich selbst, langsam das Abzugeben zu lernen, erläutert Chantal Weber. Für beide ist dieser Prozess nicht ganz einfach. «Er hat schon noch oft das letzte Wort, auch wenn er sich Mühe gibt, mich einzubeziehen», erzählt sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Und: «Wir sind beides sture Gringe. Ich bin aber dennoch überrascht, wie gut alles funktioniert. Das hätte ich nicht gedacht.» Während sie das sagt, sitzt der Vater mit Mitarbeitenden weiter unten am langen Tisch der Gemeinschaftsküche. Ob er den Worten seiner Tochter gelauscht hat oder nicht, lässt er sich jedenfalls nicht anmerken.
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Wichtige Kommunikation
Sowieso sei die Kommunikation das wichtigste, aber eben auch das schwierigste, betont Chantal Weber. «Wir reden viel zusammen, aber manchmal reicht das dennoch nicht, um sich gegenseitig Verständnis aufzubringen. Wir sind uns ähnlich und doch oft verschieden», erklärt die Betriebsleiterin und lacht laut.
Vor der Gründung der GG machte sich Chantal Weber viele Gedanken. Sie hatte gehofft, tiefer in die Arbeit des Betriebsleiters reinzusehen und mehr Verantwortung übernehmen zu können. Zum grossen Teil haben sich ihre Vorstellungen erfüllt. So hat sie etwa die Verantwortung über den Hofladen übernommen sowie den Laden selbst und auch das Angebot ausgebaut. Ihr Grossvater, der gerade zu Besuch ist, blickt seine Enkelin stolz an und erzählt nebenbei, dass er die Direktvermarktung bereits 1988 gestartet habe. Und das, indem er mit den Kartoffeln hausieren ging.
Bei der Buchhaltung ist es für Chantal Weber schwierig, sich einzubringen. Das brauche noch Zeit, «wir können nicht zu zweit im Büro sitzen», erzählt sie. Da sie noch zu wenig Einsicht habe, sei es für sie auch schwierig bei finanziellen Entscheiden mitzureden, bedauert sie.
«Wo ist mein Platz, wenn wir Kinder haben?»
Chantal Weber macht sich über ihre künftige Rolle auf dem Betrieb Gedanken.
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Hilfe von der Technik
Nun steht in zwei oder drei Jahren die Betriebsübernahme durch Chantal Weber und ihren Mann Stefan an. Auch das birgt Unsicherheiten. «Ich frage mich oft, ob mir das alles nicht zu viel wird, die Produktion, etwa beim Gemüse, nicht heruntergefahren und auch Kleinigkeiten geändert werden sollten.» Der Vater arbeite gerne und viel, sie dagegen brauche Pausen, weiss sie. «Ich hoffe, dass ich mich nach der Übernahme mit meinen Ideen durchsetzen kann.» Heute nehme sie sich noch viel zurück. Arbeitserleichternde Hoffnung setzt sie auf weitere Technologien wie Spritz- und Jätroboter, die es erleichtern würden, die teilweise sehr kleinen Parzellen effizienter zu bewirtschaften. Doch diese müssten wirtschaftlich interessanter, sprich günstiger werden. Für Stefan wäre wünschenswert, dass die Lagerung und Abfüllerei vereinfacht werden könnte.
Die Rollenverteilung
Und da ist da noch das Familienthema: «Ich mache mir viele Gedanken darüber, wo mein Platz sein wird, wenn wir Kinder haben. Denn ich möchte meine Arbeit draussen nicht verlieren. Als Frau ist dies eine schwierige Situation.» Das Paar spricht bereits jetzt viel über die Zukunft und will sich dann auch den Haushalt aufteilen. Und wieder strahlt die Landwirtin übers ganze Gesicht.
Die Sommerserie
Unsere Sommerserie widmet sich dem Thema Aufbruch – Leidenschaft – Neuanfang. Wir besuchen Menschen, die einen Neuanfang wagen wollen oder gemacht haben, oder auch Menschen, die tagtäglich ihrer Leidenschaft mit viel Herzblut nachgehen. Wir sprechen mit ihnen über die Gründe, Erwartungen, Träume und Wünsche, aber auch über die Ängste. Den Anfang macht die Landwirtin und Agronomin Chantal Weber aus Liestal. Von der Angestellten ihres Vaters wechselte sie letztes Jahr in die Rolle der gleichberechtigten Partnerin der Generationengemeinschaft. Nun bereitet sie sich, zusammen mit ihrem Partner, auf die Übernahme vor.
