Abo Nachlass Gabriela Coray musste um ihren Hof kämpfen: «Ich will Frauen Mut machen, standhaft zu bleiben» Wednesday, 14. December 2022 Gabriela Coray aus Mauren im Kanton Thurgau hat im April 2022 ihren langjährigen Lebenspartner Edi Schild verloren. Obwohl im Testament alles geregelt war, sei sie von den Versicherungen und vom Pächter unter Druck gesetzt worden, Land und Hof zu verkaufen.

Die BauernZeitung hat bei Irene Koch, Rechtsanwältin bei der Kanzlei  Frauchiger Häfliger Koch in Wohlen, nachgefragt, wie sie den Fall von Gabriela Coray einordnet.

BauernZeitung: Gabriela Coray sagt, sie sei massiv unter Druck gesetzt worden, Land und Betrieb zu verkaufen. Und dies in einer Zeit, in der sie die Beerdigung organisieren und alle behördlichen Amtsgänge erledigen musste. Unter Zeitdruck kann es passieren, dass man etwas unterschreibt, das man im Nachhinein bereut. Was raten Sie in einer solchen Situation?

Irene Koch: Ganz allgemein rate ich, sich nicht unter Druck setzen zu lassen. Mit Ausnahme von gerichtlichen oder gesetzlichen Fristen - wie zum Beispiel Frist für Ausschlagung der Erbschaft, Frist für Klage auf Ungültigkeit eines Testaments oder Frist für Herabsetzungsklage bei Pflichtteilsverletzung - gibt es in der Regel keinen Grund für eine zeitliche Dringlichkeit. Oftmals kann es hilfreich sein, wenn man klar kommuniziert, bis wann mit einer Entscheidung gerechnet werden darf.

An wen können sich Bäuerinnen in einem solchen Fall wenden?

Es gibt diverse Anlaufstellen, an welche sich Bäuerinnen in einer Situation wie derjenigen von Gabriela Coray wenden können. Wichtig ist in jedem Fall, dass die beigezogene Fachperson tatsächlich über Kenntnisse im bäuerlichen Bodenrecht verfügt. Eine Hilfestellung bei der Suche nach einer geeigneten Unterstützung kann die Website des SBLV sein.

Im Hinblick auf einen Todesfall, eine Scheidung oder Trennung: Was sollte man regeln, damit man nach einem solchen Ereignis nicht leer ausgeht?

Die Antwort auf diese Frage würde den Rahmen des vorliegenden Interviews bei Weitem überschreiten. Kommt hinzu, dass in jedem Fall einzeln geprüft werden muss, welches die beste Lösung ist. Ich rate nicht nur Frauen, sondern allen Beteiligten an, sich rechtzeitig von einer geeigneten Fachperson beraten zu lassen. Diese Beratung findet sinnvollerweise vor oder kurz nach der Hochzeit statt. Grund dafür ist, dass so von Anfang an eine korrekte Basis geschaffen werden kann.

Wo passieren am meisten Fehler und wie kann man diese vermeiden?

Die häufigsten Fehler passieren meines Erachtens aus Unerfahrenheit oder aus Unwissen. Deshalb ist es wichtig, das fehlende Wissen mit einer guten Beratung zu kompensieren. Ausserdem muss man die Offenheit an den Tag legen, auch in guten Zeiten über die möglichen schlechten Zeiten zu sprechen.

Es versteht sich von selbst, dass kein Ehepaar vor der Hochzeit oder kurz danach über die Scheidung sprechen möchte. Dies aber trotzdem zu tun, stellt kein Misstrauen dar. Es zeugt viel mehr von der Bereitschaft, auch unangenehme Dinge zu thematisieren und diese bereits heute und nicht erst unter dem Einfluss von negativen Gefühlen zu regeln.

Zur Person
Irene Koch ist Rechtsanwältin. Sie ist Mitautorin der Publikation «Landwirtschaft und Scheidung», die von SBV Agriexpert 2016 herausgegeben wurde.

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