«Selbst wären wir wohl nie darauf gekommen», sagt Andrina Bisaz lachend. Sie spricht von der Idee, zusammen mit ihrem Mann Urs Horni eine Trüffelplantage zu gründen. Das war vor 10 Jahren: Damals hatten sie auf ihrem Landwirtschaftsbetrieb in Bad Ragaz SG einen Agronomiestudenten als Praktikanten. Dieser hatte eine Bachelorarbeit über den Trüffelanbau geschrieben und vermutete, dies würde doch auch hierher passen. Dies, weil das St. Galler Rheintal eher trocken sei und der Boden sandig und durchlässig. Genau das richtige für den Burgundertrüffel.
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Rund 600 geimpfte Bäumchen gepflanzt
Andrina Bisaz und Urs Horni packte die Neugier. Zwar hatten sie von Trüffeln keine Ahnung, aber wieso es nicht ausprobieren? Sie schickten eine Bodenprobe in ein spezialisiertes Labor nach Frankreich. Darauf kam eine Antwort mit einem positiven Resultat, das dem Boden unter anderem den gewünschten hohen pH-Wert bescheinigte. «Vor neun Jahren erfolgte dann der Startschuss für das Projekt», erzählt der Landwirt. Rund 600 Bäumchen haben sie gepflanzt, Hasel, Buche, Eiche, Hainbuche, Föhre, Zeder. Allesamt an den Wurzeln geimpft mit Sporen des Burgundertrüffels.
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«Wir wussten allerdings, dass es lange dauern würde, bis sich die ersten Früchte, also Trüffel, entwickeln würden», sagt Bisaz. Und um diese überhaupt zu finden, braucht es einen Hund. Den hatten sie bereits mit Indy, einer heute 11-jährigen Hündin der Rasse Berger de Pyrénées. Um den Hund an den Geruch zu gewöhnen und die Suche danach zu trainieren, hätten sie Trüffelstücke versteckt. Zu Beginn in der Wohnung, später auch im Freien. Das habe recht schnell geklappt. Doch in der Plantage, die inzwischen seit sechs Jahren bestand, habe Indy nie etwas gefunden. «Irgendwann stellte sich die Frage, ob es da überhaupt Trüffel gibt.» Um dies zu überprüfen, musste ein erfahrener Trüffelhund her. Und siehe da: Dieser fand tatsächlich einige der begehrten Knollen. «Interessanterweise klappte es ab dann auch mit unserer Hündin», so Bisaz. «Heute ist sie eine routinierte Trüffelschnüfflerin.»
Hunde von den Haselnüssen abgelenkt
Indy und Taro, ihr zweijähriger Sohn, geben eine Kostprobe der Trüffelsuche: Sobald sie den Hain erreichen, rennen sie um Büsche und Bäume und schnüffeln da und dort. Erschwerend ist dabei, dass die Hunde immer wieder von den leckeren Haselnüssen abgelenkt werden, die zahlreich auf dem Boden liegen. Doch es sind kaum zwei Minuten um, als Indi zu scharren beginnt. Andrina Bisaz eilt hin, greift in die Erde und stellt fest: «Hier hat es einen Trüffel». Schnell gräbt sie die Knolle aus, hält sie hoch und gibt Indy ein wohlverdientes Leckerli. Dass ein Hund den Trüffel ins Maul nehme, komme selten vor, sagt sie.
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Die Trüffel finden sich zwar immer unmittelbar bei einem Baum, jedoch in unterschiedlicher Tiefe. «Manche liegen sogar direkt an der Erdoberfläche», verrät Andrina Bisaz. Auch die Grösse der Knollen variiere stark. Viele Exemplare würden um die 50 Gramm wiegen, einige auch wesentlich mehr. «Der grösste Fund bisher brachte 360 Gramm auf die Waage», erzählt Urs Horni. Sie seien praktisch täglich mit den Hunden unterwegs auf Trüffelsuche, selbst im Winter. Letztes Jahr erfolgte die erste richtige Trüffelernte, sechs Kilogramm waren es insgesamt. Heuer dürfte die Ausbeute etwa ähnlich hoch liegen. Horni rechnet damit, dass die Menge in den nächsten Jahren noch ansteigen wird, bis sie dann abfällt.
Agropreis 2024
Der Agropreis der Emmental Versicherung zeichnet Innovationen in der Schweizer Landwirtschaft aus. Die diesjährige Verleihung findet am 7. November im Berner Kursaal statt. Nominiert sind nebst den Burgundertrüffeln aus dem St. Galler Rheintal (siehe Bericht) die Wintertomatenproduktion Bassi SA in S. Antonino im Tessin, Bio-Hummus aus Schweizer Bio-Soja vom Schweikhof im bernischen Wichtrach sowie der Marktplatz für lokale Produkte im neuenburgischen Les Hauts-Geneveys. Kriterien für die Nomination sind unter anderem Innovation, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.
Trüffel am besten frisch geniessen
Beim Ausgraben sind die Knollen jeweils mit Erde bedeckt und müssen zuerst rundum mit Wasser gereinigt werden, bis sie als solche erkennbar sind. Weitere Verarbeitung ist nicht notwendig: «Trüffel isst man am besten roh», so Andrina Bisaz. Damit die Knollen länger frisch bleiben, wickle sie diese in Haushaltpapier und setze sie auf Reis in ein Tupper-Gefäss. Der Reis nimmt laut der Bäuerin Feuchtigkeit auf, was Fäulnis vorbeugt. Einfrieren und Trocknen sind weniger geeignet, der Trüffel verliert damit an Geschmack. Geniessen lässt sich Trüffel beispielsweise, in dem man ihn fein über Teigwaren, Raclette oder Fondue hobelt. Fett als Geschmackträger eignet sich besonders gut. Dazu passt dieser Tipp von Bisaz: Legt man ein Stück Trüffel über Nacht in Rahm, nimmt dieser den Trüffelgeschmack an.
Bisaz und Horni vermarkten die Trüffel vor allem über die gehobene Gastronomie sowie den Regiomarkt in Buchs. Auch private Interessenten melden sich ab und zu. Pro Gramm Trüffel ist etwa mit einem Preis von einem Franken zu rechnen. «Der Trüffel bleibt wohl eine besondere Spezialität, die nicht auf jedem Teller landet», sagt Bisaz.
Die Ragazer Trüffel sind für den Agropreis 2024 nominiert. Weitere Informationen: www.ragazer-trueffel.ch
Edle Speisepilze
Trüffel sind unterirdische Pilze mit meist knolliger Form, die in Symbiose mit bestimmten Baum- und Straucharten leben. Manche Trüffelarten sind als edle Speisepilze bekannt:
Burgundertrüffel: Er ist in ganz Europa verbreitet und unter verschiedenen Baumarten zu finden. Aussen ist er schwarz, innen marmoriert. Sein Aroma wird als dezent nussig beschrieben.
Perigordtrüffel: Er ist eher im südlichen Europa beheimatet und kommt nördlich der Alpen selten vor. Der Perigordtrüffel ist aussen wie auch innen schwarz. Sein Geschmack erinnert an Moschus.
Weisser Trüffel: Er kommt vor allem im südlichen Europa vor. Seine Oberfläche ist weiss, gelblich bis ockerbraun. Der Weisse Trüffel gilt als besonders hervorragender Speisepilz mit intensivem Geschmack. Er ist nicht kultivierbar und er erzielt Spitzenpreise bis zu 10'000 Franken pro Kilo.
