Digitalisierung ist ein Megatrend, auch in der Landwirtschaft. Gerade im Zusammenhang mit der Forderung nach gezielterem Einsatz von Hilfsstoffen und Schonung der natürlichen Ressourcen ist die Digitalisierung für viele der grosse Hoffnungsträger. Maschinen übernehmen das punktgenaue Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln und Nährstoffen, überwachen und pflegen die Kulturen und erledigen in der Tierhaltung Routinearbeiten wie Melken und Fütterung.

Vieles ist zwar noch Zukunftsmusik auf Landwirtschaftsbetrieben, doch einiges hat bereits in der Praxis Einzug gehalten. So auch auf dem Sonnhaldenhof der Familie Grüter in St. Urban. Bio Luzern lud unter dem Titel «Digitalisierung vom Kuhstall bis zum Weizenfeld» auf den Sonnhaldenhof ein, um mehr über die Hof-Digitalisierung zu erfahren.

Datenerfassung direkt per Smartphone

Für den Sonnhaldenhof sieht Marc Grüter aktuell den grössten Nutzen bei der Erfassung der Daten. Grüter setzt dazu die Software «365 Farmnet» von Barto ein. «Alle Mitarbeitenden erfassen die erledigten Arbeiten online direkt in der App auf ihrem Smartphone. Die Daten müssen so nur einmal eingegeben werden und die Aufzeichnungen sind jederzeit aktuell», erklärte er.

«Die Aufzeichnungen sind jederzeit aktuell.»

Marc Grüter über den Vorteil der digitalen Datenerfassung.

 

Im Feldbau beschränkt sich die Digitalisierung aktuell noch auf die automatische Spurlenkung bei den Traktoren, die hauptsächlich beim Hacken von Mais, Raps und Ackerbohnen zum Einsatz kommt. Ganz auf den Menschen kann dabei jedoch noch nicht verzichtet werden, gab Marc Grüter zu bedenken: «Das Steuern des Hackgerätes erfolgt noch manuell, entweder durch eine Hilfskraft auf dem Hackgerät oder über ein hydraulisches Steuergerät aus der Kabine durch den Traktorführer.» Man habe zwar Versuche gefahren mit automatischer Reihensteuerung, «doch die Kameratechnik ist noch zu wenig ausgereift», resümierte Grüter.

Zwei Melkroboter und «Wäutu»

Bei der Tierhaltung hat Smart Farming bei Grüters in Form von zwei Melkrobotern Einzug gehalten. «Die Roboter übernehmen für uns jedoch nicht nur die Routinearbeit Melken. Sie unterstützen uns auch in bei der Gesundheitsüberwachung der Tiere, insbesondere beim frühzeitigen Erkennen von Eutererkrankungen», so Marc Grüter. Bei jedem Melken wird unter anderem die Leitfähigkeit der Milch gemessen. Eine abnormale, das heisst, erhöhte Leitfähigkeit ist das erste Anzeichen einer Euterentzündung. Dies bedeutet für Marc Grüter: «Bei der Datenkontrolle ist dies für uns sofort ersichtlich. So erkennen wir die Erkrankung, bevor die Zellzahl erhöht ist oder bereits Flocken in der Milch erkennbar sind.»

Auch die Brunstüberwachung hat Grüter an die Roboter «ausgelagert»: «Der Roboter misst die Aktivität jeder Kuh: Bewegung, Fressen, Melken. Ist eine Kuh brünstig, bewegt sie sich mehr, ist aktiver, hat deshalb weniger Zeit zum Fressen und zum Melken. Diese Änderungen werden registriert und wie Veränderungen bei der Eutergesundheit angezeigt.» Ergebnis auch hier: Zeit zum Handeln. Ein weiterer Smart-Farming-Bestandteil auf dem Sonnhaldenhof ist «Wäutu». Dieser drehte während des Stallrundgangs zwischen den Besuchenden unbeirrt seine Runden auf dem Futtertisch und schob das Futter nach.

Potential liegt noch brach

Und wo sieht Marc Grüter in naher Zukunft noch Potenzial in der Digitalisierung auf dem Sonnhaldenhof? In absehbarer Zeit will er die Datenaufzeichnung weiter verbessern, beispielsweise durch automatisches Erfassen der Anzahl Ladewagenfuhren beim Heuen und Silieren. «Wie bei der Reihenerkennung haben wir auch hier bereits erste Praxisversuche gemacht. Das System funktioniert zwar grundsätzlich, die Datenübertragung ist jedoch noch zu wenig ausgereift», erklärte er. Grosses Potenzial sieht er in der lokalen Ertragserfassung auf dem Mähdrescher und dem Feldhäcksler in Verbindung mit der permanenten Nährstoffbestimmung der Gülle direkt beim Ausbringen. «So könnten wir unsere wertvollen Hofdünger noch gezielter einsetzen», zeigte er sich überzeugt. Und da wäre dann wieder der Hoffnungsträger: gezielter Einsatz von Hilfsmittel und Schonung der Umwelt.

 

Betrieb Sonnhaldenhof, St. Urban LU
Thomas und Brigitte Grüter, Sohn Marc
Produktionsart: Bio seit 2018
Ackerbau: 107 ha LN (Winterweizen, Raps, Ackerbohnen, Silomais, Körnermais, Leinsamen, Futterbau)
Tierbestand: 110 Milchkühe mit Nachzucht; Schweinemast mit 500 Plätzen
Obstbau: 2,5 ha Obst, unter Hagelnetz
Arbeitskräfte: Thomas und Marc Grüter, 3 Festangestellte, 3 Lernende