Am Dienstag besuchte Bundesrat Guy Parmelin den traditionellen Schlachtviehmarkt in Thun BE. Der Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung wollte sich ein persönliches Bild vom Geschehen auf dem Platz machen – denn die Zukunft dieser öffentlichen Märkte steht auf dem Spiel. Die sogenannte Inlandleistung, eine zentrale Stütze der Schweizer Viehwirtschaft, soll im Rahmen von Sparmassnahmen gestrichen werden.
Fünf bis zehn Prozent Mehrerlös für Landwirte
Öffentliche Schlachtviehmärkte sind ein Kernstück der Schweizer Fleischproduktion. Sie stehen für Transparenz, faire Preisbildung und direkte Begegnungen zwischen Bauern und Händlern. Wenn mehrere Käufer dasselbe Tier wollen, steigen die Preise über die Richtwerte hinaus. Für die Landwirte bedeutet das im Schnitt fünf bis zehn Prozent Mehrerlös – ein Betrag, der oft über Gewinn oder Verlust entscheidet. «Wir Bauern müssen uns bewusst sei, dass das auch jemand bezahlt», so Nationalrat Ernst Wandfluh (SVP, BE) und Präsident der Interessengemeinschaft öffentliche Märkte (IGöM). Er ist den Händlern indes dankbar, dass sie diese Triage auch machen.
«Diese Märkte sind nicht nur ein Treffpunkt, sie sind ein Stück gelebte Marktwirtschaft», betont der Landwirt und Politiker. Er setzt sich seit Jahren für den Erhalt der Schlachtviehmärkte ein. «Hier sieht man, was Qualität wert ist, und die Bauern erhalten einen Preis, der sich am echten Markt orientiert.»
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Was droht: Die Preise werden sinken
Wird die Inlandleistung gestrichen, drohen massive Folgen. Ohne sie würden die Preise sinken und mit ihnen ein wichtiger Teil des bäuerlichen Einkommens. Ein Blick zurück zeigt, was auf dem Spiel steht: Als 2004 bei den Schafen die Inlandleistung aufgehoben wurde, brachen die Preise und die Zahl der geschlachteten Tiere rasch ein.
«Es braucht ein Miteinander von Bauern und Händlern – nicht ein Gegeneinander», mahnt Ernst Wandfluh. «Wir müssen diese Strukturen sorgfältig pflegen. Sind sie einmal verloren, lassen sie sich nicht einfach wiederherstellen.» In diesem funktionierenden System kommt den Händlern zudem eine wichtige Rolle zu: Sie übernehmen die Triage der Tiere, so Wandfluh.
Der Nationalrat betont zudem, dass die Inlandleistung und die Marktstützung Fleisch entscheidend zur Glaubwürdigkeit und zur Premiumstellung von Schweizer Fleisch beitragen. «Konsumentinnen und Konsumenten zahlen gerne einen Mehrpreis, wenn sie wissen, dass dieser direkt den Bauern zugutekommt. Die öffentlichen Märkte garantieren diese Preistransparenz.»
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Proviande-Präsident zeigt sich zuversichtlich, aber…
Vor Ort wirkte auch Proviande-Präsident Markus Zemp zuversichtlich. Im Parlament bahnt sich jedoch eine Auseinandersetzung an: Im Rahmen des geplanten Entlastungspakets des Bundes sind zahlreiche Kürzungen vorgesehen – darunter auch die Streichung der Inlandleistung. «Die Landwirtschaft aus der Inlandleistung zu brechen, wird ein Kraftakt», sagt Ernst Wandfluh. Markus Zemp zeigt sich im Gespräch mit der BauernZeitung jedoch überzeugt, dass «es gut kommt».
«Die Schweizer Fleischbranche muss selbst entscheiden können, was, wo und wie produziert wird. Diese Eigenständigkeit ist Teil unserer Qualität – und die müssen wir verteidigen», mahnt Wandfluh weiter.
Eine Stunde verweilt Bundesrat Parmelin auf dem Thuner Markt. Immer wieder nickt er zustimmend, setzt sich im Marktbüro selbst an den Bildschirm und zieht sogar einen Händlermantel über, um die Abläufe hautnah zu erleben. Man merkt: Er nimmt das Thema ernst – und will auch ernst genommen werden. Dann fährt er weiter zu seinem nächsten Termin im eng getakteten Programm, mit einem klaren Eindruck davon, wie zentral die öffentlichen Schlachtviehmärkte für die Schweizer Landwirtschaft sind.
