Die heurige Ernte war von einer heftigen Mykotoxin-Problematik überschattet, die für Sammelstellen wie die Getreide Wirth AG in Suberg BE mit erheblichem Mehraufwand verbunden war. «Man sieht einem Posten die Mykotoxin-Belastung meistens an», sagt Hanspeter Lauper, der die Wirth AG zusammen mit Andreas Minder und drei Mitarbeitern führt. Um den genauen Gehalt zu messen, musste in diesem Jahr aber für jeden Posten ein Deoxynivalenol-(DON)-Test durchgeführt werden.

9000 Franken für DON-Tests 

Abo Ernte enttäuscht Fürs Getreide kommt die Sonne heuer zu spät Wednesday, 24. July 2024 «Die Materialkosten für den Test belaufen sich auf 30 Franken pro Stück», erklärt Hanspeter Lauper. Zusammen mit dem nötigen Zeitaufwand schlage jeder Test mit 45–50 Franken zu Buche, das habe sich auf gesamthaft 9000 Franken für die Testerei summiert. Die DON-Tests erinnert an jene für Covid-19, die vor einigen Jahren im Umlauf waren. Im Gegensatz zu Letzteren liefern sie aber eben nicht nur ein simples «positiv» oder «negativ», sondern messen den Mykotoxingehalt der in Wasser gelösten Mehlprobe. Das Ablesen geschieht per Smartphone. «Bei der digitalen Bildauswertung sind die Lichtverhältnisse und der Kameraabstand zum Test entscheidend», erklärt Lauper.

Acht Prozent deklassiert

Durch das Homogenisieren von Posten mit verschiedener Qualität lassen sich in der Sammelstelle Hektolitergewichte, Trockenheitsgehalte und Proteinwerte bis zu einem gewissen Grad korrigieren. Posten mit zu hoher DON-Belastung dürfen aber nicht mit besseren gemischt werden, um den Mykotoxingehalt auf diese Weise zu verdünnen. Daher kommt bei Überschreiten der Maximalwerte für Brotweizen nur die Deklassierung zu Futtergetreide oder – im schlimmsten Fall – die Entsorgung infrage. Acht Prozent des angelieferten Brotweizens musste in diesem Jahr bei der Wirth Getreide AG deklassiert werden.

Mehr Mykotoxin bei Extenso?

Abo Aktuell sieht es schlecht aus: Mitte Oktober folgt die Gesamterhebung der Brotgetreide-Erntemengen. Ernteschätzung Tiefe Erntemengen im Getreide und Raps fordern Branche heraus Sunday, 15. September 2024 Hanspeter Lauper geht mithilfe von Statistiken der Frage nach, welche Ursachen die beobachteten Unterschiede in der Mykotoxin-Belastung der Posten in seiner Sammelstelle haben könnten. Er hat festgestellt, dass etwa 80 Prozent des Brotweizens mit zu hohem DON-Gehalt als Extenso (in der Regel IP-Suisse) angebaut worden war. «In unserer Region wird konventionelles Getreide kaum extenso produziert», gibt Lauper zu bedenken.

Anderes schilderte Markus Raschle, Geschäftsführer der Getreide Mittelthurgau AG (GMAG) Ende Juli gegenüber der BauernZeitung. In Märstetten TG seien Suisse Garantie und IP-Suisse etwa gleich stark von Deklassierungen betroffen gewesen. In seinem Einzugsgebiet kämen die verfügbaren Wirkstoffe gegen Ährenkrankheiten aber mittlerweile auch bei Suisse Garantie seltener zum Einsatz, erzählte Raschle. «Was in diesem Jahr leider zu wenig war, um einen Unterschied zu machen», so sein Fazit. Vielleicht liegt hier der Unterschied zur Situation in Suberg BE. «Die Fungizide wirken noch», schlussfolgert Hanspeter Lauper aus seiner Statistik.

«Eigentor» Hasenweizen

Als Lohnunternehmer weiss er, dass Getreide in weiter Reihe rund um Suberg heuer beliebt war. Vielfach werde trotz weiter Reihe «die normale Saatmenge» ausgebracht. So standen auf der 60 Prozent gesäter Fläche zu viele Getreidepflanzen in der Reihe. Zusammen mit dem Unkraut, das angesichts der häufig nassen Bedingungen nur schwer mechanisch kontrollierbar war, habe das die Feuchtigkeit im Bestand gesteigert sowie das Abtrocknen verzögert und somit Pilzkrankheiten begünstigt. «Herbizidfreier Hasenweizen war so in diesem Jahr ein Eigentor», findet Lauper.

Als Nächstes will er überprüfen, ob Bodeneigenschaften wie etwa das Ca/Mg-Verhältnis mit hoher Mykotoxin-Belastung korrelieren. «Leider wird das pflanzenbauliche Wissen mit der momentanen Extenso-Politik nicht gerade gefördert», sagt Hanspeter Lauper. Hinzukomme, dass die offiziellen Sortenkataloge mit ihren Kurzbeschrieben sich nicht mit den Praxiserfahrungen deckten: «Zum Beispiel wird Montalbano bezüglich Fusarienverhaltens als sehr positiv dargestellt – jedoch sind 50 Prozent des DON-Weizens in unserer Sammelstelle eben genau Montalbano.» 

 

Die Vermarktung läuft

Bei der Wirth Getreide AG läuft die Aufbereitung der Ware und deren Vermarktung. Hanspeter Lauper übernimmt Letzteres selbst, seine private Sammelstelle ist nicht an das Maxi-System der Fenaco angeschlossen. «Die Richtpreise von Swissgranum und das Bonus-Malus-System für Qualitätsmerkmale geben den Rahmen vor», beschreibt Lauper die Verhandlungen. Für den Rest spiele der freie Markt, bestimmt von Angebot, Nachfrage und Zahlungsbereitschaft. «Pro Kilo sind das kleine Beträge», bemerkt der Sammelstellenbetreiber, «auf die Gesamtmenge gerechnet, macht es aber schon einen Unterschied.» 

Der Weltmarktpreis habe einen grossen Einfluss auf das Vermarktungsgeschehen in der Schweiz. Vor allem beim Futtergetreide, das lediglich durch Zölle und nicht wie Brotgetreide über Importkontingente geschützt ist. Die Inlandernte mag heuer klein sein – die Silos der Wirth Getreide AG sind schon verhältnismässig leer – «aber weltweit gibt es genug Getreide. Für jene, die es bezahlen können», ergänzt Lauper. Für die ausreichende Versorgung der Schweiz hat Swissgranum bereits eine Vorverschiebung der letzten Teilmenge des Brotgetreide-Zollkontingents vom November und eine auf dieses Jahr beschränkte Erhöhung beantragt. Ausserdem unterstützt die Branchenorganisation den Antrag der Schweizer Müller um eine bis Juni 2025 befristete Swissness-Qualitätsausnahme für Hochproteinweizen.