Milch im Tourismusgebiet vor Ort veredeln, anstatt ins Tal zu karren, was spricht gegen diese Strategie?

Josef Werder: Grundsätzlich ist es sicher sinnvoll, dass die Milch lokal verarbeitet wird. Es ist auch lobenswert, das Potenzial des Tourismus zu nutzen. Trotz dieser positiven Punkte dürfen bei solchen Projekten aber nicht zu hohe Kosten anfallen, sonst sind solche Projekte auf lange Sicht nicht zu halten. Bei der Alpkäserei auf Rigi First spricht man mittlerweile von Investitionen von 3,3 Millionen Franken bei 30 Tonnen Alpkäse pro Sommer. Das ist enorm viel. Diese Investitionssumme innert nützlicher Frist abzuschreiben, wird schwierig.

Was wären denn Alternativen? Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial?

Vielleicht wäre manchmal auch etwas weniger mehr. Oder anders ausgedrückt: Eine günstigere Alpkäserei mit weniger Technik, dafür mehr Handwerk. Private Investoren kalkulieren sicher noch einmal vorsichtiger, als wenn das von Beratern im Auftrag gemacht wird. Werden Alpkäsereien sehr modern eingerichtet, ist das nicht nur teuer. Solche Anlagen können auch nicht einfach von einem Absolventen eines Alpkäsekurses geführt werden, sondern benötigen das Know-how eines Milchtechnologen mit Zusatzausbildung. Und solche gut ausgebildete Berufsleute sind im Moment schwierig zu finden. [IMG 2]

Fachkräftemangel kennen private Käsereien aber wohl auch?

Das stimmt. Ganzjahresbetriebe können diese gut ausgebildeten Berufsleute aber das ganze Jahr anstellen. Auf der Alp wird nur rund drei Monate lang gekäst. Gute Leute müssen auch über den Winter eine interessante Anstellung mit einer Perspektive haben. Dazu kommt, dass Alpkäsereien wie jene auf der Rigi First mit Betriebsleitern arbeiten. Diese haben selten die gleich hohe Motivation und Ausdauer wie Familienbetriebe. Kontinuität ist aber sowohl bei der Produktion als auch in der Vermarktung von Käse matchentscheidend.

Sehen Sie die Käserei auf der Rigi First nicht einfach als Konkurrenz?

Ich gönne den Initianten die finanzielle Unterstützung mit öffentlichen Geldern. Aber ob im Tal oder auf der Alp, Käsereien, die mit öffentlichen Mitteln unterstützt wurden, sind auf dem Markt Mitbewerber von uns privaten Käsereien. Da wir aber unsere Investitionen selber finanzieren müssen, führt das zu ungleich langen Spiessen. Auf der Rigi gibt es zudem noch zwei weitere kleinere Alpkäsereien, welche den Druck ebenfalls spüren werden.

Ist es denn auf der Rigi so schwierig, Alpkäse zu verkaufen?

Abo Zufriedene Kühe auf saftigen Alpweiden, dieses Bild prägt das Tourismusgebiet Rigi. Das Absatzpotenzial für Alpkäse möchten neun Rigi-Älpler mit der neuen Käserei auf Rigi First zukünftig vermehrt nutzen. Alpkäserei Der Rigi-Alpkäse soll zu einer Marke werden Monday, 3. June 2024 Die wenigsten Rigi-Touristen kaufen wohl grosse Mengen Käse vor Ort. Zudem ist der Standort der Alpkäserei Rigi First sicher nicht optimal, da diese abseits der am stärksten frequentierten Plätze auf der Rigi liegt. Nur mit dem Aufstellen einer Alpkäserei hat man noch lange keinen Markt für seine Produkte. Man vergisst, dass bei einem erfolgreichen Unternehmen der Kundenstammaufbau und die Kundenbetreuung ebenso wichtig sind wie die Produktion.

Sie sind auch kritisch gegenüber Projekten zur regionalen Entwicklung (PRE). Warum?

Regionalprojekte mit öffentlichen Geldern zu unterstützen, kann im Einzelfall zwar sinnvoll sein. Man sollte aber auch genau hinschauen, was solche PRE wirklich brachten, denn letztendlich werden diese ja auch zu einem schönen Teil durch uns Steuerzahler finanziert. Haben die Landwirte, welche bei diesen PRE mitmachten und teils auch in diese investierten, wirklich von besseren Preisen und einer höheren Wertschöpfung profitiert? Wie nachhaltig solche Projekte sind, wissen wir ja im Grunde alle. Überall, wo der Staat viel Geld einschiesst, fallen hohe Projektierungskosten an und es wird zu wenig vorsichtig investiert. Das führt auf lange Sicht zu Problemen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass, sobald die öffentlichen Gelder nicht mehr fliessen, solche Projekte vielfach aufgelöst werden.