Bis 2040 netto null, dieses Ziel hat sich Bio Suisse im Vorjahr gesetzt und unterstützt die Knospe-Betriebe bei der Umsetzung von Massnahmen. Der Schwerpunkt der Pro-Bio-Anlässe liege dieses Jahr beim Klima, und damit auch beim Boden, erklärte Judith Köller von Bio Suisse.

«Wege zur Förderung der Bodenfruchtbarkeit» hiess das Thema Ende Juni, wo rund 40 Interessierte den Betrieb von Adrian Rubi, Halterhus in Ruswil, besichtigten. Die Belebung des Bodens durch minimale Bodenbearbeitung, ständige Durchwurzelung, ausgeglichene Nährstoffversorgung und pflanzenvitalisierende Massnahmen stehen dabei im Zentrum. Rubi setzt auf die Regenerative Landwirtschaft. Dank Humusaufbau würden Böden resilienter auch gegenüber Wetterextremen und leisteten einen Beitrag zur Kohlenstoffspeicherung.

Interesse für Bodenmikroben

Der gelernte Elektriker Adrian Rubi studierte Umweltwissenschaften mit Schwerpunkt Biologische Landwirtschaft an der Fachhochschule Wädenswil. 2020 konnte er den elterlichen Betrieb übernehmen, viehlos, da dieser vorher einige Jahre verpachtet war. Rubi stellte gleich auf Bio um, Ackerbau und Mutterkuhhaltung mit 16 Aubrac sind heute die Schwerpunkte. Im Ackerbau sei er stets am Tüfteln, aktuell werden Weizen, Speisehafer, Hirse und Auskernbohnen angebaut. Eine neue Haselnussanlage sei noch nicht im Ertrag, damit tendiere er in Richtung Agroforst.

Schon seit Langem interessiere ihn die Bodenmikrobiologie, 2016 war er Mitgründer der Firma Edapro, welche auf Komposttee-Brausysteme setzt. Diese Tätigkeit beschäftige ihn zu rund 40 Prozent.

Wo möglich Pflugverzicht

Hansueli Dierauer vom FibL orientierte über die jahrelangen Erfahrungen mit reduzierter Bodenbearbeitung. Zwar würden sich Biobauern noch immer schwertun mit dem Pflugverzicht, so auch wegen des Unkrautdrucks, und in der Tat sei Pflugverzicht bei Kunstwiesen sehr anspruchsvoll. Allerdings sei auch Direktsaat nicht die Lösung.

Er riet aber zu bodenschonenden, nicht-bodenwendenden Verfahren mit geringer Bearbeitungsintensität, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Dafür gebe es schon eine Vielfalt an Maschinen, im Trend sei der Geohobel. Adrian Rubi setzt hingegen auf die Moreni Samurai. Die Kreiselegge mit scharfen «Flossen» vermöge die Pflanzen im Boden bis 7 cm Tiefe zu zerschneiden und positiv sei die gute Durchmischung der Grünmasse mit dem organischen Boden, erklärte Rubi.

[IMG 2]

Hansueli Dierauer empfahl eine schrittweise Umstellung auf reduzierte Bodenbearbeitung, je nach betrieblichen und saisonalen Möglichkeiten. «Da gibt es schon noch einige Tücken, deshalb ist ein Herantasten sinnvoll, und wenn halt gleichwohl einmal der Pflug eingesetzt werden muss, ist das nicht weiter schlimm.» Er plädiere deshalb für flexible, nicht sture Systeme.

Rubi bestätigte, dass eine radikale Umstellung auf oberflächliche Bodenbearbeitung nicht ratsam sei. Je nach Vorgeschichte der Böden, das heisst Samenvorrat unerwünschter Pflanzen, sorge nur der Pflug für Sauberkeit.

Kompost in die Böden

Für schonende Bodenbearbeitung gibt es auch Förderbeiträge, ausnahmsweise und unter Auflagen dürfe dafür gar der Pflug eingesetzt werden. Wichtig sei oberflächliche Bearbeitung, zumal die Humusanreicherung in den obersten 10 cm der Bodenschicht erfolge. Um dem Verdichtungsrisiko darunter vorzubeugen, sei gelegentlich eine tiefere Bodenlockerung zur Lufteinbringung sinnvoll. Entscheidend für den Humusaufbau im Boden und die Klimawirkung sei im Übrigen nicht die Bodenbearbeitung, sondern die Begrünung und das Einbringen von organischem Material, durch Gründüngungen, Kompost oder auch Pflanzenkohle, betonte Dierauer.

Blattsaftanalyse als Basis

Abo Neuartige Produkte Biostimulanzien bedeuten ohne Dünger mehr Pfupf für Pflanzen Monday, 3. July 2023 Komposttee spritzt Adrian Rubi direkt auf die Grünpflanzen, nicht in die Böden. Das steigere die Photosynthese. Der Effekt zeige sich vor allem in deutlich mehr Wurzelmasse, somit mehr Organik und einer guten Mikrobiologie im Boden.

Komposttee, der während rund 24 Stunden unter Zugabe von Mikrobensubstrat und -nahrung, Wasser und Sauerstoff gebraut wird, sei eine natürliche Biostimulanz. Rubi ergänzt mit Spurenelementen, die Dosis basiere auf Blattsaftanalysen, um den konkreten Bedarf der Pflanze zu erkennen. Der Komposttee wird selber zubereitet und belüftet, da die Inhaltsstoffe nicht haltbar seien. Deshalb vertreibt Rubi über die Firma Edapro auch die entsprechenden selbst gebauten Geräte an die Bauern, damit diese den Komposttee selber frisch zubereiten können.


«Das Interesse an Ackerkulturen ist spürbar»

[IMG 3]WIr haben bei André Liner, Luzerner Bioberater zum Thema nachgefragt.

Ist der Einstieg in den Ackerbau für die Luzerner Biobauern überhaupt ein Thema?

André Liner: Wir nehmen ein spürbares Interesse für Ackerkulturen bei den Biobauern wahr. Gestartet wird meist auf kleineren Flächen, um auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln.

Was sind denn die ­Herausforderungen?

Häufig ist es die traditionelle Tierhaltung auf dem Betrieb. Viele Bauern benötigen die Flächen zur Futterproduktion. Das schränkt eben die Flächenverfügbarkeit für den Einstieg in den Ackerbau ein, weil der häufige Haupterwerbszweig Tierhaltung nicht konkurrenziert werden soll. Auf dem Betrieb von Adrian Rubi mit Mutterkühen (die Milchvieh- und Schwei­ne­haltung wurde schon vor vielen Jahren aufgegeben), ist es leichter, auf pflanzliche Kulturen zu setzen.

Haben der Markt und der Klimawandel auch einen Einfluss?

Der Klimawandel mit wärmeren Temperaturen begünstigt Ackerkulturen in Randregionen eher, mit Ausnahme von mehr Trockenheit. Viele – nicht nur Biobauern – wagen deshalb den Einstieg und probieren Neues aus.  Bei Bio Luzern gibt es bereits fünf Arbeitskreise, welche sich mit Ackerbau beschäftigen und wo Praktiker ihre Erfahrungen austauschen können.  Ein wichtiges Anliegen ist dabei die minimale Boden­bearbeitung, auch wenn der Pflugverzicht im Biolandbau nicht so einfach ist, so vor allem bei Kunstwiesen.
Und wo liegen die Potenziale bei den einzelnen Biokulturen?
Wirtschaftlich interessant ist sicher Weizen oder Dinkel (dieser ist eher für höhere Lagen reserviert). Körnerleguminosen sind auch sehr gefragt, oder Nischenkulturen, wie sie Adrian Rubi hat.

Wo steht eigentlich der ­Luzerner Aktionsplan Bio Landbau?

Dieser wurde im Frühjahr gestartet, die Ziele, Handlungsfelder und Massnahmen sind definiert. Nun werden die ersten Massnahmen Hand in Hand mit der Branche umgesetzt.