In meinem Beitrag vom letzten November habe ich über die Förderung des Schweizer Weins geschrieben und über die Absicht der Thurgauer Regierung, jedes Jahr einen Staatswein zu bestimmen. Inzwischen stehen die ersten beiden Thurgauer Staatsweine fest.
Müller-Thurgau ist die Nummer 1 beim Weisswein
Bei den weissen Sorten gewann der exzellente Müller-Thurgau 2022 von Michael Burkhart vom Weingut Burkhart in Weinfelden. Die Sorte Müller-Thurgau wurde vor über 140 Jahren im deutschen Geisenheim vom Tägerwiler Forscher Hermann Müller gezüchtet, deshalb der Name Müller-Thurgau. Es ist die bis heute weltweit erfolgreichste Weisswein-Neuzüchtung mit zeitweise bis 23'000 ha Fläche.
Auch in den Thurgauer Rebbergen ist der Müller-Thurgau klar die Nummer 1 unter den Rebkulturen mit hellen Trauben. Auch in vielen andern Deutschschweizer Kantonen ist das der Fall, doch dort heisst die Traube immer noch Riesling x Sylvaner oder abgekürzt Rivaner. Obwohl man heute weiss, dass der Müller-Thurgau keine Kreuzung von Riesling und Sylvaner ist, sondern von Riesling mit Madeleine Royale.
Piwi-Weine auf dem Vormarsch
Viel jünger ist die Rebsorte des roten Thurgauer Staatsweins, des feinen «Engelwy Divico 2021» von Markus Frei und Sonja Holenweger vom Weingut Engel in Uesslingen. Divico wurde von Agroscope in Changins VD 2013 gezüchtet aus den Weinsorten Bonner und Gamaret. So konnten im Divico die Eigenschaften von Bonner (Resistenz gegen Echten und Falschen Mehltau) und Gamaret (Resistenz gegen Grauschimmelfäule) erfolgreich kombiniert werden.
Divico ist inzwischen zu einer der wichtigsten pilzwiderstandsfähigen Sorten (Piwi) geworden, wobei heute der Begriff «Piwi» vermehrt durch die Bezeichung «robust» ersetzt wird. Die Agrarpolitik fördert diese Sorten, weil bei ihnen der Einsatz von Pestiziden weitgehend unnötig wird. Seit dem 1. Januar 2023 leisten deshalb Bund und Kantone für jede Hektare neu gepflanzte robuste Weinsorten 30'000 Franken Finanzhilfe.
Arbeit im Rebberg als Ausgleich
In unserem kleinen Rebberg in Buhwil haben meine Frau und ich vor rund 20 Jahren auch eine Piwi-Sorte gepflanzt, Léon Millot. Wir haben dabei nicht nur an die Natur gedacht, sondern auch an uns selber. Denn dank des stark reduzierten Spritzmitteleinsatzes können wir viel Arbeit sparen. Allerdings erlebten wir auch die Grenzen der Resistenz. Vor einigen Jahren bei regnerischer Witterung während der Blüte wurden unsere Rebstöckevom Falschen Mehltau befallen. Die Folge war eine Reduktion des Traubenertrags um 80 Prozent.
Ich liebe die Arbeit im Rebberg, auch wenn ich manchmal kaum Zeit dafür finde. Doch die Zeit lohnt sich immer. Die Arbeit mit den Pflanzen draussen in der Natur. Sich zu freuen am Anblick gepflegter Kulturen, die sich schön entwickeln. Die Rebberge machen gegenwärtig allgemein sehr viel Freude.
Die lange trockene Zeit hat ihnen behagt und zu raschem Wachstum geführt. Die Rebstöcke konnten ungestört blühen, was nun zu einem sehr schönen Traubenbehang geführt hat. Die Grundlage für einen sehr guten Wein-Jahrgang ist damit gelegt. Doch es kommen noch zwei weitere Vegetationsmonate, in denen noch viel passieren kann. Also zuversichtlich sein, aber wachsam bleiben!
Zur Person
Der SVP-Politiker Jakob Stark sitzt für den Kanton Thurgau im Ständerat. Er schreibt regelmässig für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.


