Seitdem das Kontaktinsektizid Methomyl 2016 zurückgezogen wurde, kann sich in Reto Minders Rosenkohl die Weisse Fliege (Kohlmottenschildlaus) einfacher ausbreiten. Einen adäquaten Ersatz gibt es nicht – die Qualitätsanforderungen aber bleiben. «Ein Top-Produkt zu verkaufen, wird daher immer schwieriger», erklärt  der Seeländer Gemüsebauer.

 

«Seit dem Wirkstoffrückzug werden die Probleme mir der Weissen Fliege grösser.»

Reto Minder zum Problem der Weissen Fliege im Gemüsebau.

Aufgeben stand für ihn nicht zur Debatte. Deshalb sucht er Lösungen, um den Schaden der Weissen Fliege möglichst gering halten zu können. Einnetzen, Blühstreifen – alles half nicht, nun gibt er der Homöopathie eine Chance.

Betriebsspiegel

Name: Reto Minder mit Frau Karin und Tochter Leandra
Ort: Jeuss FR
Nutzfläche: 40 ha LN, 14 ha Wald
Kulturen: 10 ha Rosenkohl, 5 ha Tabak (in Zusammenarbeit mit zwei anderen Produzenten), 8 ha Winterweizen (WW), 3 ha Urdinkel (UD), 6 ha Zuckerrüben (ZR), 8 ha Körnermais
Betriebsform: konservierende Landwirtschaft (Swiss No-Till), IP-Suisse (WW, UD, ZR)
Abnehmer: Rosenkohl - Rosenkohlzentrale Kerzers (Landi Seeland)
Mitarbeiter: 1 Festangestellter, mehrere Saisonniers, Eltern

Alles Mögliche ausprobiert

«Seit dem Wirkstoffrückzug 2016 gaben viele Gemüseproduzenten wegen der grossen Probleme mit der Weissen Fliege auf», berichtet Reto Minder.

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Abo Pflanzenhomöopathie Ähnliches mit Ähnlichem heilen – das geht auch bei Pflanzen Monday, 11. April 2022 Der 47-jährige bewirtschaftet einen 40 Hektar grossen Betrieb in Jeuss bei Murten. Neben Rosenkohl gehören der Anbau von Tabak, Winterweizen, Urdinkel, Zuckerrüben und Körnermais zu seiner Einkommensquelle. 2018 und 2020 waren Jahre, die nicht nur wegen des Wirkstoffrückzugs die Entwicklung des Schädlings begünstigten. Auch das Wetter spielte eine grosse Rolle.

«Mangels Alternativen teste ich die Homöopathie im Rosenkohl.»

«Mit einer gezielten Bewässerung liesse sich der Befall mit der Weissen Fliege bremsen, denn viel Wasser hat sie gar nicht gern. Doch diese Ressource ist limitiert. Wir können nicht pausenlos bewässern», weiss Minder. Auch das Einnetzen hat der Landwirt ausprobiert: «Unter dem Netz ist das Mikroklima ein ganz anderes. Der Rosenkohl hat viel mehr Blätter produziert, als gewünscht ist.» Fallen gibt es bisher keine gegen den Schädling. Schwefel und Kaolin zeigen keinen Effekt und werden schnell vom Regen abgewaschen, wie er feststellen musste. Dem Landwirt bliebe nur der Einsatz von weniger effizienten Insektiziden.

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Es mangelt noch an Studien

Mangels Alternativen und um Möglichkeiten nicht ausgelassen zu haben, testet Reto Minder seit 2019 Homöopathie an seinem Rosenkohl. «Ich bin ein pragmatisch denkender Mensch und nicht endlos überzeugt davon», gibt er zu. Für den Gemüsebauern müssen Effekte messbar sein. In der Schweiz ist die Homöopathie im Pflanzenbau, anders als in der Tierhaltung, aber noch eine Rarität. Es fehlt die Erfahrung. Wissenschaftliche Studien gibt es kaum, die deren Wirksamkeit belegen, bemängelt Minder. Wo doch alle möglichen Alternativen als Pflanzenschutzmittelersatz getestet werden sollten.

Homöopathie gehört zu den präventiven Massnahmen

Homöopathie ordnet Reto Minder unter die präventiven Massnahmen ein, wie es auch die konservierende Landwirtschaft ist, die der Präsident von Swiss No-Till bereits seit 20 Jahren ausübt. «Um gesunde Pflanzen hervorzubringen, müssen viele Zahnräder ineinandergreifen. Dazu gehören u. a. die Schonung des Bodens sowie die Förderung der Pflanzenvielfalt und Biodiversität.» Wenn alles nicht hilft, möchte Minder noch die Möglichkeit haben, chemische Pflanzenschutzmittel einsetzen zu können. 

Abo Pflanzenhomöopathie «Mit der Pflanzenhomöopathie ist es wie mit der Elektrizität» Monday, 11. April 2022

Die Homöopathie würde nur einen geringen Anteil der präventiven Massnahmen ausmachen, denn «wir bewegen uns hier in sehr kleinen Wirkungseffekten», weiss Minder. Wichtig sei es, sich vorher mit dem Boden und der Pflanzenversorgung auseinanderzusetzen: «Bodenanalysen sind zentral. Wenn der Boden nicht ausbalanciert ist, dann funktioniert auch der biologische Aufbau nicht, was Voraussetzung für ein gesundes Pflanzenwachstum ist.» Auch solle einem bewusst werden, dass nicht jeder Boden für jede Kultur geeignet ist.

Aussagen über die Wirksamkeit zu treffen, ist noch zu früh

Mit Homöopathie angefangen hat Reto Minder 2019 auf Versuchsbasis mit Mitteln der deutschen Firma Biplantol. Seit 2021 setzt er Produkte einer Berufskollegin ein: «Weil ich noch nicht viel Kenntnis über die Homöopathie habe, lass ich mir die Mittel von ihr zusammenstellen. Ich muss es dann nur noch mit der Pflanzenschutzspritze ausbringen.» Im vergangenen Jahr wurden die Präparate zirka alle zwei Wochen jeweils in 500 bis 700 Liter Wasser pro Hektar ausgebracht.

Eine Aussage über deren Wirksamkeit zu treffen, sei noch zu früh. Auch weil das Klima einen grossen Einfluss auf die Entwicklung des Schädlings hat: «Vergangenes Jahr waren wir wegen des vielen Regens weniger von Weissen Fliegen betroffen.» In diesem Jahr möchte er ein weiteres Mal Homöopathie einsetzen und dann eine Zwischenbilanz ziehen. «Wenn es nichts nützt, habe ich nicht viel verloren. Es ist nicht sehr teuer und Nebeneffekte hat es auch keine.»