Pflanzenzüchtung Neuen Züchtungsmethoden nicht mit Angst, sondern mit Respekt begegnen Monday, 6. June 2022 Seit Ende 2005 gilt in der Schweiz aufgrund einer Volksabstimmung ein Moratorium für den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), unter das auch die neuen gentechnischen Verfahren (NGT) fallen. Erst im vergangenen Frühjahr war das Moratorium ohne Ausnahmen um weitere vier Jahre verlängert worden. Dies jedoch verbunden mit dem Auftrag an die Regierung, bis Mitte 2024 einen Vorschlag für eine risikobasierte Regelung der neuen Züch­tungs­verfahren mit NGT vorzulegen.

Zuspruch für NGT auch in Biokreisen

Mittlerweile gibt es auch in der Biolandwirtschaft Stimmen, die mit NGT-Verfahren in der Züchtung die Lösung für viele Probleme sehen. Angefangen mit der Klimakrise, über die Pestizide in der Umwelt und eine umweltschonende Ernährungssicherheit bis hin zur Rettung der Biodiversität. Dabei wird aber klar verkannt, dass bisher weder die alten GVO-Technologien, geschweige denn die neuen den Tatbeweis dazu erbracht haben.

Mit der neuen Gentechnologie können zwar einzelne Eigenschaften von Pflanzen isoliert und ein- sowie ausgeschaltet werden. Damit können neue Sorten mit entsprechenden Eigenschaften gezüchtet werden. Was diesen Sorten jedoch abgeht, ist die Interaktion von Standort und Pflanze. Das heisst auch, dass diese veränderten Pflanzen weiter gezüchtet werden müssen, um schlussendlich in der Praxis standortgerecht bestehen zu können.

Die Frage ist nicht ob, sondern wie

Abo Gentechnik Ist Crispr/Cas gekommen, um zu bleiben? Friday, 22. April 2022 Für die Biolandwirtschaft geht es aus meiner Sicht nicht mehr darum, ob diese neuen Züchtungsmethoden verboten bleiben sollen, sondern wie wir damit umgehen. Dabei liegt der grösste Hebel bei der Wahlfreiheit des Konsumenten, der mit seinem Einkaufsverhalten bestimmt, ob ein Produkt am Markt eine Chance hat oder nicht. Damit wird die Kennzeichnungspflicht zum Schlüssel, ob sich diese Technologien in der humanen und tierischen Ernährung durchsetzen. Da verwundert es nicht, dass sehr viele Mittel in die Einflussnahme investiert werden, um Methoden wie CRISPR/Cas nicht mehr als GVO-Technik zu bezeichnen. Obwohl diese Technologie nach wie vor so in das Erbgut von Organismen eingreift, wie dies unter natürlichen Bedingungen nicht vorkommt.

Koexistenz ist für Bio ein Muss

Abo Gastbeitrag Pro und Contra: Braucht die Schweizer Landwirtschaft neue gentechnische Verfahren? Tuesday, 28. February 2023 Ein weiterer, für die Biolandwirtschaft überlebenswichtiger Faktor ist die Koexistenz. Sollten die NGT-Verfahren dereinst ermöglicht werden, ist sicherzustellen, dass nicht die biologische Bewirtschaftung die Isolationsabstände zur Verhinderung einer Kontamination einhalten muss. Nach dem Vorsorgeprinzip ist der Verursacher verantwortlich und damit der Landwirt, der Sorten einsetzt, welche nach den neuen gentechnischen Verfahren gezüchtet wurden.

Damit muss auch zwingend die Haftung bei einem wirtschaftlichen Schaden einhergehen. Unsere Bio-Richtlinien definieren einerseits die Eingriffstiefe auf der Zellebene bei Züchtungsmethoden und andererseits die Rückstandsanforderungen bei unseren Bioprodukten. Die Biolandwirtschaft wird hier kaum Kompromisse zugunsten der neuen Gentechnik-Verfahren eingehen.

Die neue Gentechnik in der Pflanzenzüchtung darf kommen, wenn die Transparenz für den Konsumenten garantiert ist und wenn für die Biolandwirtschaft die uneingeschränkte Produktion von gentechfreien Bioprodukten gewährleistet bleibt.

Zum Autor
Ruedi Vögele aus Neunkirch SH ist Co-Präsident der Mitglieder-organisation Bio Zürich und Schaffhausen. Er schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.