«Mit der Regenfolie, der vollständigen Einnetzung und der Tröpfchenbewässerung erreichen wir in unserer Kirschenproduktion mehr Nachhaltigkeit», erklärte Pascal Rohrer beim Gang durch die Kirschenanlage des Obstbaubetriebes Wildisen. Damit könne die Anzahl Pflanzenschutzbehandlungen reduziert, Ernteausfälle vermindert und Wasser eingespart werden, so der gelernte Obstfachmann weiter. Auf das Jahr 2027 werden er und seine Partnerin Anina Wildisen den Betrieb von Jacky Wildisen, dem aktuellen Betriebsleiter und Eigentümer, übernehmen.
Hohe Beteiligung der Obstbauern
Der Obstbaubetrieb Wildisen ist einer von schweizweit rund 240 Kirschenproduzenten, die nach den Standards des nationalen Branchenprogramms «Nachhaltigkeit Früchte» (NHF) produzieren. Auf rund 77 Prozent der Tafelkirschen-Flächen, die nach dem Standard SwissGAP bewirtschaftet werden, wird das NHF-Programm bereits umgesetzt. Um das Programm zu erfüllen, können die Obstbauern aus rund 100 Massnahmen wählen und müssen dabei eine bestimmte Punktezahl erreichen.
Für die Kirschenlieferanten der beiden Hauptvermarkter Migros und Coop war die Umsetzung des Branchenprogramms für eine zukünftige Zusammenarbeit Voraussetzung. In den beiden Grossverteilern finde man nur noch Kirschen im Angebot, die nach dem NHF-Programm produziert wurden, war an der Medienveranstaltung zu vernehmen. Der Mehraufwand für die Produzenten wird mit 25 Rappen pro Kilogramm Kirschen abgegolten.
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Ressourcenschonend
Auf dem Betrieb Wildisen werden nicht nur im Bereich der Kirschenanlage Massnahmen umgesetzt. Auch bei den Gerätschaften kann der professionelle Obstbetrieb punkten. Der Obstbautraktor ist mit einer breiten Bereifung ausgestattet, wodurch der Boden gerade in nassen Jahren wie 2024 geschont werden kann. Mehrere Gerätschaften werden zudem elektronisch angetrieben, was die CO₂-Emissionen reduziert. Aber auch im Bereich der Biodiversitätsförderung konnte Pascal Rohrer beim Rundgang durch den Betrieb mehrere Massnahmen präsentieren. Die Umgebung der Anlagen wird extensiv bewirtschaftet, Sitzstangen für Greifvögel und der Einsatz von Wild- und Honigbienen sind weitere wertvolle Massnahmen.
10 Hektaren Spezialkulturen
50 Prozent der zehn Hektaren Spezialkulturen des Betriebs Wildisen sind arrondiert, die andere Hälfte befindet sich im fünf Kilometer entfernten Kleinwangen LU. Neben den gut zwei Hektaren Tafelkirschen werden auf sieben Hektaren Kernobst abgebaut, dazu kommen noch je eine halbe Hektare Zwetschgen und Reben. Auf gegen 30 Erntehelfer(innen) kann der Obstbaubetrieb zurückgreifen. «Die aktuellen heissen Sommertage lassen die Früchte schnell reifen, entsprechend hoch ist der aktuelle Arbeitspeak», betonte Pascal Rohrer. Zur Nachhaltigkeit gehöre auch, dass die Arbeitsbedingungen sowohl für Angestellte als auch die Betriebsleitenden stimmten.
Jahrhundert-Jahrgang
Obstfachmann Pascal Rohrer schwärmt von der diesjährigen Kirschenqualität. Ideale Regenmengen und genügend Sonnenstunden hätten zu schönen und süssen Früchten geführt. Auch Bruno Eschmann, Präsident des Produktzentrums Kirschen und Zwetschgen vom SOV, zeigte sich von der Kirschenqualität begeistert: «Die Weinbauern würden von einem Jahrhundert-Jahrgang sprechen», erklärte er. Die Ernte laufe seit kurzem und werde bis Anfang August andauern. In der anstehenden Haupterntephase würden wöchentlich bis zu 500 Tonnen Kirschen pro Woche gepflückt, total würden 2400 Tonnen erwartet.
Ausgewiesener Mehrwert
Jimmy Mariéthoz, der Direktor Schweizer Obstverband, bot sich angesichts der prallen und knackigen Früchte auf dem Betrieb Wildisen gleich als Erntehelfer an. Dass rund 75 Prozent der Schweizer Tafelkirschen-Flächen nach dem Branchenprogramm produziert werden, freute ihn ebenfalls. Er dementierte Bedenken, dass das NHF-Programm zum Standard werde und dadurch die Zuschläge bald wegfallen würden.
«Eine nachhaltige Früchteproduktion muss auch wirtschaftlich sein, wir werden die Märkte darum genau beobachten. Der Mehrwert des NFH-Programms ist nicht verhandelbar», so Jimmy Mariéthoz. Die Ansprüche von Konsumenten, Gesellschaft und auch der Politik seien in der Vergangenheit gestiegen, die Obstbranche habe sich diesen Ansprüchen nun entsprechend angepasst.
Politik ist gefordert
Die Politik dürfe nicht nur Ansprüche stellen, sie müsse auch die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, betonte Nationalrätin Priska Wismer-Felder in ihren Ausführungen inmitten schön behangener Kirschbäume. Im Nationalrat sei darum im Mai eine Motion überwiesen worden, wodurch ein beschleunigtes Bewilligungsverfahren für Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko erreicht werden soll. Nachhaltigkeit in der Ökologie sei wichtig, aber auch bei den Bauernfamilien müsse die Nachhaltigkeit ankommen, so die Luzerner Parlamentarierin.


