Abo Tiere können PFAS von belasteten Böden aufnehmen. Das Nutzen verschiedener Weideflächen beugt daher zu hohen Werten in Fleisch oder Eiern vor. Schadstoffe PFAS: Schädlich, praktisch überall und neu mit einem Grenzwert geregelt Saturday, 23. December 2023 Analysen im Auftrag des Westschweizer Radio und Fernsehens (RTS) haben Trifluoressigsäure (TFA) in Brot und Wein nachgewiesen, in Bio- genauso wie in konventionellen Produkten. Seit den Messkampagnen des Bundes 2022/2023 ist ausserdem bekannt, dass TFA auch im Grund- und Trinkwasser flächendeckend auftritt. Verbindliche Grenzwerte für diese Ewigkeitschemikalie gibt es derzeit nicht. Gerade in den Medien dreht sich die Diskussion aber selten um die nachgewiesenen Mengen. Im Zentrum steht der Fakt, dass TFA nachgewiesen wurde – und die Schuldfrage.

Aus Kühlmittel via Atmosphäre in den Regen

Agroscope und das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) haben sich dieser Schuldfrage angenommen. Die Auswertung der Forschungsanstalt nennt als Hauptquelle für TFA in der Umwelt fluorhaltige Kältemittel aus Klimaanlagen und Kühlgeräten, die in der Atmosphäre zu TFA abgebaut werden. Mit dem Regen gelange die Chemikalie in den Wasserkreislauf. TFA aus dem Abbau von Pflanzenschutzmitteln (PSM) sei die zweitwichtigste Quelle. «Wie gross der jeweilige Anteil dieser beiden Quellen an der TFA-Belastung des Grundwassers an einem Standort tatsächlich ist, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst», schreiben die Studienautoren. Genau beziffern lasse sich das bislang nicht.

Allerdings habe die TFA-Konzentration im Regen seit den 1990er-Jahren deutlich zugenommen, während die potenziell aus Pflanzenschutzmitteln (PSM) gebildete Menge über die letzten 15 Jahre etwa gleichgeblieben sei. TFA entstehe dabei aus dem Abbau von Wirk-, aber nicht in nennenswerter Menge aus Beistoffen von PSM.

Halb so viel TFA pro Jahr potenziell aus PSM

Pro Jahr gelangen gemäss Agroscope schweizweit schätzungsweise 24,5 t TFA aus der Atmosphäre in den Wasserkreislauf, grösstenteils aus Kältemitteln. Hingegen könnten – basierend auf den jährlichen Verkaufszahlen – maximal 11,5 t TFA pro Jahr aus PSM in die Umwelt gelangen. Wie bei den anderen PFAS ist das Problem bei TFA indes, dass sie nach heutigem Wissensstand unter Umweltbedingungen nicht abgebaut wird. «Welche Auswirkungen TFA auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt hat, ist noch nicht abschliessend geklärt», ergänzen die Studienautoren.

«Aus gesundheitlicher Sicht trotzdem ein Problem»

Zurück zur Berichterstattung über TFA in Brot und Wein im Schweizer Detailhandel. Laut RTS liegen die gemessenen Werte rund 50 Prozent tiefer als in vergleichbaren europäischen Produkten. Und sie bewegen sich auch klar unter den Grenzwerten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), lässt sich Murielle Bochud vom Lausanner Universitätszentrum für Allgemeinmedizin und öffentliche Gesundheit zitieren. Aus gesundheitlicher Sicht sei es aber trotz der vergleichsweise niedrigen Werte ein Problem, TFA in Trinkwasser oder Lebensmitteln zu finden.

PFOS, nicht TFA sorgt für Einschränkungen in St. Gallen

Abo Im Kanton St. Gallen haben PFAS-Werte im Fleisch von Kühen, Rindern und Kälbern teilweise die neu geltenden Höchstwerte überschritten. Diese Fälle lancierten die PFAS-Debatte in der Schweiz. Herbstsession Nationalrat will Unterstützung für Betriebe sichern, wenn PFAS die Existenz bedrohen Thursday, 11. September 2025 Für jene PFAS, die im Kanton St. Gallen in tierischen Produkten nachgewiesen worden sind, gibt es im Gegensatz zu TFA gesetzliche Grenzwerte in der Schweiz. Daher hatten die Analyseergebnisse für die betroffenen Betriebe starke Einschränkungen zur Folge, wo die Grenzwerte überschritten wurden. 

Es handelte sich nach Angaben des Kantons ausschliesslich um das Molekül PFOS, dessen Herstellung, Inverkehrbringung und Verwendung seit Jahren rechtlich begrenzt ist. Als Quellen für PFOS gelten Anwendungen in der Industrie und beim Endverbraucher, heisst es bei der EFSA, etwa Beschichtungen, Löschschaum, Papier oder Insektizide.

PFOS stammt nicht aus Pflanzenschutzmitteln 

Die Diskussion um PFAS wird dadurch verkompliziert, dass sich die Definition verändert hat. Verstand man früher darunter nur langkettige und hochfluorierte Verbindungen, gibt es seit 2021 eine neue Definition der OECD. Damit wuchs die Anzahl «PFAS» von rund 1000 auf über 10'000 Chemikalien, schreiben Agroscope und das BLW. Darunter fällt auch TFA. «Klassische» PFAS nach dem früheren Verständnis – z. B. PFOS – seien in der Schweiz gar nie als PSM zugelassen gewesen. Das bestätigt auch der Bundesrat: «Auf Grundlage der aktuellen Daten besteht kein direkter Zusammenhang zwischen Ewigkeitschemikalien in PSM und den langkettigen Verbindungen, deren Vorkommen im Boden offenbar für die Überschreitung der Grenzwerte in Lebensmitteln verantwortlich ist.» Im Fokus steht vielmehr Klärschlamm als Quelle.

Anstrengungen für strengere Regulierungen laufen

Was TFA betrifft, laufen in der Schweiz und in der EU Anstrengungen, Vorläufersubstanzen wie PSM-Wirkstoffe strenger zu regulieren. «Mittelfristig dürfte die Wirkstoff-Neubeurteilung zu Anwendungseinschränkungen oder Rückzügen jener Stoffe führen, die Vorläufer von TFA sind», halten Agroscope und BLW fest. Das Herbizid Flufenacet weise ein relativ grosses Verkaufsvolumen auf und darf hierzulande nur noch bis Ende 2026 verwendet werden.