Gut 150 Alpverantwortliche und ihr Alppersonal trafen sich am 10. Februar 2023 Woche an der Wintertagung der Sektionen Sarganserland-Linthgebiet und Werdenberg-Rheintal. Die Stimmung war gut, wären da nicht die Wölfe, welche die Alpgemeinschaft auch in den Wintermonaten beschäftigen. Sven Baumgartner, Herdenschutz im Kanton St. Gallen, befürchtet, dass viele Älplerinnen und Älpler mit Herzblut deshalb ihren Job aufgeben werden.
Alpmilchstatistik 2022
2466 gemolkene Kühe sömmerten auf den 28 Sennalpen des Gebietes Sarganserland, Werdenberg und Rheintal. 2,6 Millionen kg Milch wurden zu 257’262 kg Alpkäse und 19’981 kg bester Alpbutter verarbeitet. Die Jahresproduktion des St. Galler Alpkäse entspricht 6 bis 7% der gesamten Alpkäsemenge, welche mit 5 Millionen kg rund 3% der jährlich produzierten Schweizer Käsemenge aus macht.
Medikamentenlagerung auf der Alp
Stefan Siegmann, stellvertretender St. Galler Kantonstierarzt, gab Tipps im Umgang mit Medikamenten und zur Behandlung von Tieren. Er wies daraufhin, dass die Tierarzneimittelvereinbarung bei einer Kontrolle auf der Alp vorgewiesen werden muss. Es reiche nicht, wenn das Dokument nur beim Alpmeister im Tal abgelegt sei. Behandlungsjournal und eine Inventarliste der auf der Alp vorhandenen Medikamente müssten ebenfalls sauber geführt werden.
Medikamente müssten kühl, sauber und vor Licht geschützt gelagert werden. Bei Sonneneinstrahlung könnten sich die Substanz und deren Wirkungsweisen verändern.
«Es bringt nichts, wenn massenhaft verschiedene Arzneien mit auf die Alp genommen werden.»
Stefan Siegmann, stv. St. Galler Kantonstierarzt
Sinnvoller sei es, sich über den letztjährigen Medikamenteneinsatz zu informieren und mit dem Bestandestierarzt zu beraten, was auf Vorrat benötigt werde.
Sofortmassnahmen auf 26 Alpen
«Unsere Älpler machen einen super Job», lobte Sven Baumgartner vom LZSG Salez mit Blick auf den Alpsommer 2022. In vielen Tagen harter Arbeit hätten die Älpler Zäune und Netze gestellt. Wo immer möglich wurden Schafe und Ziegen aufwendig geschützt. Kommt es trotzdem zu einer Wolfsattacke, beurteilt der Wildhüter das Rissbild. Dann entscheidet der Herdenschutzbeauftragte, ob zum Zeitpunkt des Übergriffs die Tiere wirklich genügend unter Schutz standen.
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Baumgartner beantragte in der vergangenen Alpsaison für 26 Alpen Sofortmassnahmen beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) in der Höhe von einer Viertelmillion Franken. Damit wurden Zäune, zusätzliches Personal in Form von Herdenschutzhilfen und zwei mobile Hirtenunterkünfte finanziert.
«Es ist wichtig, dass wir schnell und mobil reagieren können, und zwar innerhalb eines Tages», sagte Baumgartner. Mit den mobilen Unterkünften würde die Möglichkeit geschaffen, dass auch auf abgelegenen Weiden die Tiere von den Hirten behütet und kontrolliert werden können.
Zusätzliche Helfer werden nötig sein
Der Kanton ist daran, einen Pool aus Hilfspersonen zu bilden. Sven Baumgartner bittet darum, weitere Helfer zu melden. Sie werden im kommenden Sommer nötig sein. Acht Alpen wurden mit 27 Herdenschutzhunden ausgestattet.
«Wären diese Hunde nicht gewesen, hätten wir im letzten Sommer viele Massaker erlebt.»
Sven Baumgartner, Fachstelle Herdenschutz St. Gallen
Doch die Hunde sind nicht bei allen beliebt. So mussten beispielsweise Wanderwege umgeleitet werden. Was auf der Karte schnell gezeichnet ist, sei in der Umsetzung eine grosse Herausforderung. Zwingend müssen Regionen, die von Herdenschutzhunden bewacht werden, mit Warnschildern für Wanderer und Biker ausgestattet werden.
Dauerhafte Sorge ums Vieh
Sven Baumgartner ist überzeugt, dass die Wölfe auch im kommenden Sommer viele Älpler beschäftigen werden, man müsse auch vermehrt mit Attacken auf Kälber und Rinder rechnen.Hanspeter Gantenbein, Sektionspräsident Werdenberg-Rheintal, sprach vielen aus der Seele: «In Vergessenheit gerät, dass es auf den Alpen immer noch um Menschen und Tiere geht, nicht um Roboter und Maschinen.» Die immer höhere Arbeitsbelastung, die dauerhafte Sorge um das Wohlergehen der Tiere, zunehmende Verzweiflung und der Seelenschmerz beim Antreffen von übel zugerichteten Sömmerungstieren könnten mit Geld weder entschädigt noch vermindert werden.
100 Jahre an Erfahrungen
Beat Ackermann, Samuel Good, Meinrad John, Markus Nessensohn, Meinrad Brülisauer und Marlis Möhr haben zusammen die Alpsommer für ein ganzes Jahrhundert geleistet. Sie alle könnten mit ihren Erfahrungen Bücher füllen und doch wären alle Geschichten grundverschieden.
So hat Beat Ackermann seine ganze Alpkarriere auf der Alp Scheubs verbracht und dort seine zweite Heimat gefunden. Marlis Möhr hat in den vergangenen 20 Jahren auf verschiedenen Alpen ihr Können bewiesen und viele Tonnen besten Alpkäse hergestellt. Dass man z Alp auch die Liebe fürs Leben finden kann, zeigt die Story von Samuel Good.
Die Alpkäser Martin Gasenzer und Fredi Steiner wurden für fünf Jahre beste Käsequalität ausgezeichnet. Ein gebührender Dank ging an die Alpfunktionäre René Kurat, Hans Sturzenegger, Meinrad John und Werner Eggenberger. Sie haben massgeblich dazu beigetragen, dass die Alpwirtschaft in der Region erhalten bleibt.

