«Es ist ein Eingriff in das Gebiet – und es ist kein kleiner Eingriff», stellt Kurt Schuler klar. Er ist Präsident und Weidchef der Korporation Uri, auf deren Land in diesem Sommer der Spatenstich zur ersten alpinen Solaranlage der Zentralschweiz gesetzt worden ist. Es handelt sich um eine von bisher fünf dieser Grossanlagen, die hierzulande rechtskräftig bewilligt sind.

Es gab Schwierigkeiten, die verfügten Stösse zu erreichen

Die meisten Urner Alpen und der grösste Teil des Waldes gehören der Korporation Uri, die nach demokratischen Grundsätzen ähnlich wie ein Staat organisiert ist. «Unser oberstes Gremium ist das Volk», sagt der Präsident. Sie zählt das Fördern des Alpwesens, die sorgfältige Nutzung des Waldes, das Erhalten der Bergwelt und das Pflegen des landwirtschaftlichen Kulturlandes zu ihren Aufgaben. Damit war klar, dass auch der Bau der alpinen PV-Anlage auf korporationseigenem und landwirtschaftlich genutztem Land gut abgewogen werden musste.

Abo Solarexpress Solarprojekte in den Alpen: Nicht übereilt entscheiden Monday, 5. February 2024 «Es handelt sich bei der fraglichen Fläche um eine Heimkuhweide», schildert Kurt Schuler. Historisch diente diese Allmende den Heimbetrieben als Weide für jene Kühe, die sie zur Eigenversorgung während der Sömmerungszeit bei sich behielten. Die Korporation regelt, wer wie viele Tiere dort weiden lassen darf. Naturgemäss bestand dafür über die Jahre immer weniger ein Bedürfnis, zumal die Sidenplangg eine «raue Weide» mit vielen Steinen sei. Die Qualität ist also mittelwertig. «Wir hatten Mühe, auf die festgelegten Stösse zu kommen», so Schuler. Meist bewegte sich die Bestossung um etwa 75 Prozent.

Die Fläche bleibt beweidbar – mit Einschrärnkungen 

«Ausserdem hat es bereits bestehende Lawinenverbauungen in dem Gebiet und es gibt eine LKW-taugliche Erschliessungsstrasse», ergänzt Kurt Schuler. Ein Installationsplatz ist von der Errichtung der Lawinenverbauungen her ebenfalls vorhanden.

Der Projektperimeter von 12 ha umfasst nicht die ganze Fläche der ursprünglichen Heimkuhweide, sondern nur einen Teil des Weidegebiets. Es ist die Rede von Weidegrund für etwa zwei bis drei Normalstösse. Für die ganze Heimkuhweide Sidenplangg sind 18 Normalstösse verfügt.

Auch mit den Solarmodulen soll indes eine gewisse Beweidung möglich sein, zumal die Verankerungspfähle mindestens 2,5 Meter voneinander entfernt gebaut werden. Vertraglich ist die Bauherrin, die APV Sidenplangg AG, dazu verpflichtet, die alpwirtschaftliche und jagdliche Nutzung im Projektperimeter zuzulassen. «Die Solarmodule werden noch einen Meter höher gesetzt als es Standard wäre», bemerkt der Korporationspräsident. Er ist sich aber bewusst, dass im «Stangenwald» mit Einschränkungen zu rechnen ist.

«Die Module werden einen Meter höher gesetzt als es Standard ist.»

Kurt Schuler, Präsident Korporation Uri, zur möglichen Beweidung.

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Die Wasserversorgung wird in einem Zug geregelt 

Da die Solarmodule auf Pfählen gebaut werden, fällt für die Verankerung kein Aushubmaterial an und es braucht keinen Beton. Zur Vermeidung von Kriechströmen sind Massnahmen geplant, namentlich die konforme Erdung bzw. ein Potenzialausgleich. «Die Bodenarbeiten werden genutzt, um im gleichen Zug die Wasserversorgung zu regeln», sagt Kurt Schuler. Das komme der Beweidung im weiteren Gebiet zugute, die in den letzten Jahren zunehmend mit Wasserknappheit konfrontiert war.

Der APV Sidenplangg AG erhielt von der Korporation Uri das unselbständige Baurecht für die Verankerung der Solarmodule und zwei Technikgebäude bzw. Trafostationen auf eine Dauer von 60 Jahren. Der Energiedienstleister Energie Uri muss kontinuierlich finanzielle Rückstellungen tätigen, damit die ganze Anlage nach Ablauf dieser Frist zurückgebaut werden kann.

Es gibt Entschädigungen und eine Gewinnbeteiligung

Abo In Sedrun GR wurden die ersten PV-Modultische auf 2000 m ü. M. bereits installiert. Im oberen Bereich soll die Sömmerungsweide erhalten bleiben. Solarstrom Das Alpgebiet als Energiequelle: Wie weit sind alpine Solaranlagen? Saturday, 4. October 2025 Zur APV Sidenplangg AG gehören EnergieuriAG und die Grünstromproduzentin Aventron. Die Korporation Uri wiederum ist mit 16 Prozent an Energie Uri beteiligt, Kurt Schuler ist Verwaltungsratspräsident des Energieunternehmens. «So konnten wir im Projekt grossen Einfluss nehmen und uns für die Interessen der Alpwirtschaft einsetzen», betont Schuler. Des Auftrags, die Landwirtschaft zu schützen, sei man sich bei der Interessenabwägung sehr bewusst gewesen. Als Grundeigentümerin der Fläche erhält die Korporation Uri pro Jahr eine fixe Entschädigung von 50'000 Franken, plus eine jährlich neu festgelegte Gewinnbeteiligung aus der Energieproduktion (maximal weitere 50'000 Franken). Hinzukommt eine zusätzliche Abgabe bei sehr hoher Jahres-Energieproduktion (über 13 GWh) und eine einmalige Entschädigung von 75'000 Franken für Umtriebe im Zusammenhang mit der Landwirtschaft im Projektgebiet.

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Keine Einsprachen gegen das Projekt 

Für die Korporation Uri hat die alpine PV-Anlage auf der Sidenplangg also auch einen finanziell positiven Aspekt. «Dieses Geld fliesst unter anderem wieder in die Landwirtschaft», hält Kurt Schuler fest. Die Korporation unterstützte Land- und Forstwirtschaft jedes Jahr mit jeweils rund 700 000 bis 800 000 Franken. Damit werden etwa Alp- und Bodenverbesserungsprojekte, Erschliessungen, Wasserversorgungen oder die Elektrifizierung unterstützt.

Es spricht für sich, dass weder aus der betroffenen Einwohnergemeinde Spiringen noch bei der Korporationsbürgergemeinde Einsprachen gegen das Projekt eingereicht worden sind. «Wir haben die Älpler von Beginn weg einbezogen», versichert Kurt Schuler. Es geht ihm auch um Respekt vor dem, was bisher auf der Sidenplangg geleistet worden ist: «Ohne die Bauern, die die diese Fläche mit ihrem Vieh offengehalten haben, könnten wir dort jetzt keine PV-Anlage bauen.»

Gleichzeitig gehe es darum, sich Neuem nicht zu verschliessen. Der Korporationspräsident sieht in dem Projekt ebenso eine Chance, zu zeigen, was geht und was nicht. Zumal man bisher wenig Erfahrung hat mit alpinen PV-Anlagen. «Es ist wichtig, den Leuten Gehör zu schenken», sagt er abschliessend. «Man muss mit ihnen arbeiten, ihnen Respekt erweisen und laufend kommunizieren.»

Eckpunkte Projekt Sidenplangg

Höhe: 1800 – 2000 m ü. M.
Projektbeginn: Juli 2025, noch heuer sollen mindestens 10 Prozent der Anlage in Betrieb genommen werden
Fertigstellung: Geplant 2029
Beanspruchte Fläche: Rund 10,7 ha, 2310 Tische mit 13 860 Solarmodulen
Leistung: 12,5 Gigawattstunden pro Jahr, umgerechnet genug für 2600 Durchschnitts-Haushalte
Investitionskosten: 40 Millionen Franken
Anteil Winterstromproduktion: Rund 50 Prozent