Es ist ein Titel, den jeder Holsteinzüchter gerne in seiner Sammlung hätte, es ist eine Auszeichnung, die nur die wenigsten bekommen: Reto und Monika Flury aus dem solothurnischen Aeschi haben diesen Titel erhalten, sie sind Holstein-Meisterzüchter 2023. Ausgezeichnet wurden Flurys von Holstein Switzerland für ihre Zuchterfolge, ihre harte Arbeit und für ihre grossartige Holsteinherde. «Für mich als passionierten Züchter ist der Holstein-Meisterzüchter-Titel nicht nur eine Genugtuung, sondern es ist für mich auch eine grosse Freude und eine grosse Ehre», sagt Reto Flury anerkennend.
[IMG 1]
Über die Landesgrenze bekannt
[IMG 5]Reto und Monika Flury sind mit ihrem Herdenpräfix Flu-Farm weit über die Landesgrenze hinaus bekannt. Der erfolgreiche Ausstellungsbetrieb mischt schon jahrelang an vorderster Front mit. Aber nicht nur das: Um den Titel eines Meisterzüchters zu ergattern, braucht es nicht nur Kühe, die Milch geben, es braucht Kühe, die alt werden, es braucht Kühe mit tiefen Zellzahlen, mit einer guten Persistenz und es braucht Kühe, die selbst gezüchtet sind. All diese Eigenschaften erfüllt die Flu-Farm-Herde.
Der Meisterzüchtertitel - eine grosse Anerkennung
Einmal im Jahr kürt Holstein Switzerland seine Meisterzüchter. Nur die besten fünf Betriebe bekommen jeweils diese Auszeichnung. Dieses Jahr erhielten Reto und Monika Flury aus Aeschi SO mit ihren beiden Söhnen Tim und Nils diesen Titel vom Verband zugesprochen. Für die Familie Flury bedeutet der Meistertitel nicht nur eine Anerkennung für ihre tägliche Arbeit, sondern auch eine Genugtuung, hegen sie doch eine grosse Passion für die Holsteinkuh. Auf ihrem Betrieb halten sie zirka 70 Kühe. Einige erreichten bereits die 100 000er-Marke.
Der Betriebsleiter hatte schon lange die Hoffnung gehabt, dass es mit dem Titel einmal funktionieren könnte. Als im Dezember 2022 dann schliesslich ein Kuvert von Holstein Switzerland im Briefkasten lag, ahnte Monika Flury sofort, das könnte es sein: «Ich habe damals den Brief genommen und ihn am Mittag auf den Teller von Reto gelegt», erzählt Monika Flury lachend die Geschichte.
Ins Rampenlicht befördert
Mit einer durchschnittlichen Milchleistung von 11 748 kg bei 3,79 % Fett und 3,38 % Eiweiss ist die 70-köpfige Kuhherde von Flurys nicht nur leistungsmässig, sondern auch exterieurmässig auf einem hohen Niveau. Vor allem eine Kuh hat vor zehn Jahren Flurys auf einen Schlag ins Rampenlicht befördert: Die rote Ruegruet Joyboy Minapolis, eine Tochter der bekannten Mox Kite Maryrose. «Ich habe 2008 bei Hans Terler aus Österreich Joyboy-Embryonen aus Maryrose gekauft», erzählt der Züchter die Minapolis-Geschichte. Ein Jahr später wurde auf ihrem Betrieb Minapolis geboren.
Minapolis ist mit über 14'000 kg Milch nicht nur leistungsmässig eine Ausnahmekuh, auch ihr fabelhaftes Exterieur wurde mit EX-91 (Euter EX-93) belohnt. «Im Jahr 2013 nahm Minapolis dann erfolgreich an verschiedenen Ausstellungen teil», schwärmt Flury heute noch. An der Expo Bulle wie auch an der Swiss Expo holte sie damals den Junior-Champion-Titel. Im gleichen Jahr durfte Minapolis sogar an die Europameisterschaft nach Fribourg reisen, mit dabei ihre Stallkollegin Flu-Farm Lightning Utta. «Das war schon etwas Besonderes, zwei Kühe an einer Europameisterschaft zu haben», sagt der Züchter rückblickend.
Goldwyn und McCutchen
Minapolis ist heute 14 Jahre alt, in bester Verfassung und es werden immer noch Embryonen aus ihr gewonnen. Sie hat schon viele Nachkommen auf dem Betrieb hinterlassen und die Zucht bei Flurys massgebend mitgeprägt. Aber auch die Kuhfamilie Roxys, die Memo- oder die Blackstar-Raven-Familien hatten starken Einfluss in ihrem Stall.
Mitgeprägt haben die Zucht auch die Stiere Goldwyn und McCutchen. «Sie passten sehr gut zu unseren Kühen», hält der Züchter fest. Aber auch von den Stieren Victor, Fever oder vom Stier Awesome gibt es mehrere imposante Kühe auf dem Betrieb zu bewundern. «Awesome hat entweder gute oder schlechte Töchter hinterlassen, dazwischen gab es nichts», bemerkt Reto Flury. Er habe leider beides erhalten und den Stier, wegen seines begehrten Blitz-Blutes, stark eingesetzt. Überhaupt nicht funktioniert bei ihnen habe der bekannte Stier Our-Favorite Upgrade (Crush × Atwood).
Immer noch in Topform
Zurzeit werden die Stiere Chief, Delta Lambda, Achilles, Power und Echo eingesetzt. 50 % des deckfähigen Rindviehbestandes wird mit Mastrassen besamt. Reto Flurys Herz schlägt aber nicht nur für die schwarze, sondern auch für die rote Holsteinkuh. Von den 70 Kühen haben ein Drittel die rote Fellfarbe. Ein richtiger Hingucker ist auch die mächtige Flu-Farm Lst Atshott Macy in Love, welche 2017 Grand-Champion an der Red Night in Bern wurde. Trotz ihres Alters und einer Lebensleistung von über 80'000 kg besticht diese Kuh immer noch durch ihren straffen Körperbau und das tadellose Euter. «Wir haben vor, Macy in Love Mitte September wieder an der Red Night laufen zu lassen», so der Züchter.
Eine hohe Futterqualität
Das Zuchtziel bei Flurys ist klar: Neben dem Exterieur hat vor allem die Milchleistung oberste Priorität: «Ich finde es eine schöne Herausforderung, Kühe mit über 12'000 kg Milch zu halten und dabei die Tiergesundheit im Griff zu haben», so Reto Flury. Da er jeweils ein Milch-Monatslieferrecht bei Mooh hat, könne er sich nicht leisten, Kühe zu halten, welche schlechte Milch oder eine schlechte Persistenz hätten. «Für mich ist es wichtig, dass meine Kühe eine ausgeglichene Laktationskurve erreichen», so der Züchter. Mit einer durchschnittlichen Persistenz von 97 % scheint Flury auf dem richtigen Weg zu sein.[IMG 3]
Hier habe auch die Fütterung einen grossen Einfluss auf das Ergebnis: «Die Futterqualität ist das A und O. Schon beim Einsilieren oder Heuen achte ich auf einen sauberen Grasschnitt», sagt der Landwirt. Dabei mäht Flury das Gras erst ab einer Höhe von 8 cm ab, darunter bestehe die Gefahr, dass zu viel Schmutz ins Futter gelange, was sich später auf die Qualität auswirke. Und noch einen Tipp verrät Flury: «Im Frühling führen wir immer nur Jauche aus, wenn der Mond nidsigend ist, so wächst die Jauche oder der Restmist viel schneller in den Boden hinein.»
[IMG 2, 4]Im Weiteren versucht der Betriebsleiter, den Kühen immer die gleiche Fütterung mit einem hohen Rohfasergehalt vorzusetzen. «Wenn man eine hohe Milchleistung erzielen will, braucht es für die Kühe ein Rundrumprogramm», ist er überzeugt. Dabei werden auch die Boxen im Laufstall reichlich mit Stroh gefüllt und dreimal täglich gesäubert. Obwohl der Stalldurchschnitt von fast 12'000 kg sehr hoch ist, erreichten bei Flurys schon sieben Kühe die 100'000er-Marke. Und zurzeit stehen drei Kühe mit über 80'000 kg im Stall.
Gemolken wird mit Roboter
Seit 2017 werden die Kühe in einem Melkroboter gemolken. Nach Anfangsschwierigkeiten läuft dieser seither wie am Schnürchen. Dabei suchen die erstlaktierenden Rinder den Roboter bis zu viermal am Tag auf. Da der Betrieb etwas abseits vom Dorf liegt und das meiste Land rund um den Laufstall ist, können Flurys Kühe, trotz Roboter, auch auf die Weide. «Dank einem Weidetor funktioniert das sehr gut», so der Betriebsleiter.
Wird es zu warm, bleiben die Kühe lieber im Stall und suchen die Weiden erst nachts auf. Trotzdem bleibt die Futterration das ganze Jahr gleich: Sommer und Winter wird den Kühen eine Totalmischration (Gras, Mais, Zuckerrübenschnitzel, Dürrfutter, Maiskolbenschrot, Eiweissträger) vorgesetzt.
Klare Betriebsstrategie
Obwohl einige Kühe vor dem Ergalten noch fast 40 kg Tagesmilch geben, gibt es wenig Probleme beim Galtlassen der Kühe. Dabei geht der Landwirt immer gleich vor: «Ab dem Mittwoch bekommen diese Kühe eine ganz andere Futtermischung und am Freitag darauf melke ich sie zum letzten Mal.» Flury verabreicht dabei jeder Kuh einen Trockensteller. «Mit dem Versiegeln habe ich sehr schlechte Erfahrungen gemacht», so der Züchter.
Auch beim Thema Klauengesundheit und Mortellaro hat der Betriebsleiter seine Strategie.
«Mortellaro ist nicht ein Hygiene-, sondern ein Stressproblem.»
Reto Flury hat auch beim Thema Klauengesundheit eine klare Strategie
Futterwechsel, Wetterumschläge, zu wenig Struktur im Futter oder eine Übersäuerung des Pansens – das alles kann Mortellaro bei einer Kuh auslösen. «Ich möchte nicht sagen, dass wir Mortellaro nicht kennen, doch bei uns werden der Kuh nach jedem Melkgang automatisch die Klauen gewaschen. Zudem haben wir ein grosses Augenmerk auf die Klauengesundheit. Das alles hilft mit, Mortellaro in Schach zu halten», ist Flury überzeugt.
Eine Kuh für 10'000 Franken
Reto Flury ist also Holstein-Meisterzüchter: Als sein Vater Sepp 1984 seine erste Holsteinkuh, die 10-jährige Tempo Bobine, für 10'000 Franken bei der Familie Dupasquier in Sâles FR kaufte, hätte wohl niemand gedacht, dass fast 40 Jahre später sein Sohn Reto vom Verband ausgezeichnet werden würde. «Die Holsteinkuh hat auf unserem Betrieb sehr schnell Fahrt aufgenommen», erklärt der Züchter den Rassenwechsel. «Schon mein Vater liebte die Rasse und mich hat die Holsteinkuh wegen ihrer hohen Leistungsbereitschaft immer fasziniert», so Flury. Die Holsteinkuh entwickle sich auch stets weiter, doch er sei froh, habe man jetzt auch ein Augenmerk auf die Grösse gelegt. «Zu grosse Kühe im Stall funktionieren nicht», ist der Meisterzüchter überzeugt.
Eine eigene Strategie
Auch mit der linearen Beschreibung ist Reto Flury nicht immer einverstanden: «Hat eine Holsteinkuh zu viel Fleisch am Knochen, wird sie schon bestraft», ärgert er sich.
«Ich habe lieber eine robuste Kuh als eine, die viel zu wenig Reserven hat.»
Reto Flury weiss, was es für eine erfolgreiche Zucht braucht.
Mit seinen mehreren 100'000er-Kühen und einem Betriebsdurchschnitt von 11 748 kg Milch weiss der Züchter, wovon er spricht: Denn den Titel eines Holstein-Meisterzüchters holt man nicht mit Kühen, welche den Betrieb viel zu früh verlassen, man holt ihn mit Kühen, welche robust und langlebig sind. Bei Flurys ist dies der Fall, sie fahren ihre eigene Strategie, eine Strategie, die bei ihnen zum Erfolg führt.

