In vier Monaten tritt das Schleppschlauch-Obligatorium in Kraft. Und obwohl die Bauern langsam wissen sollten, wie sie die Schleppschlauch-Pflicht auf ihren Betrieben umsetzen, ist für Alwin Stoller noch alles offen. Er gehört zu einer Gruppe von Bauern im Kanton Thurgau, die sich zusammengetan haben, um gegen die kantonale, im Herbst 2020 beschlossene Schleppschlauch-Pflicht zu intervenieren.

Abo Der Schleppschlauch wird im Kanton Thurgau ab dem 1. Januar 2022 Pflicht. (Bild: BauZ) Ammoniak Massnahmenplan Ammoniak: Im Thurgau wird der Schleppschlauch obligatorisch Tuesday, 24. November 2020 In seinem Kanton wäre das Obligatorium auf Anfang 2022 sowieso gekommen. «Wir planten, einen Vorstoss einzureichen, um über Alternativen zum Schleppschlauch zu diskutieren», erzählt Stoller. Dieses Vorhaben hat sich mit dem vom Nationalrat im Juni beschlossenen Obligatorium erschwert. Die fehlende Rückendeckung vom Verband Thurgauer Landwirtschaft (VTL) und dem Verband Thurgauer Milchproduzenten (TMP) hätten sie sehr nachdenklich gestimmt, sagt Stoller.

Sorgen wegen «Güllemähdli»

«Der Schleppschlauch ist für meinen Betrieb nicht geeignet», sagt Alwin Stoller. Der Grund liegt in seinem Aufstallungssystem: Er hält 50 Milchkühe in einem Boxenlaufstall mit Tiefboxen. Das Stroh geht in die Güllegrube. Das ergibt eine dicke Vollgülle, die er mit einem 22-jährigen Druckfass mit Breitverteiler ausbringt.

«Wir haben 10 ha Ackerbau und 20 ha Grünland. Alle vier Wochen ernten wir Futter und müssen danach möglichst rasch güllen.» Er befürchtet, dass er mit dem Schleppschlauch Probleme mit «Güllemähdli» haben wird. «Diese verschmutzen das Futter übermässig und beeinträchtigen die Silage-Qualität.»

Das sagt der Händler
Die Hadorn Gülletechnik AG aus Leimiswil BE verkauft und vermietet das ganze System rund um die Güllerei und berät Landwirte im Bereich Rühr- und Ausbringungstechnik. Michael Röthlisberger, Mitglied der Geschäftsleitung, sagt, dass es seit Juni eine klare Zunahme für die bodennahe Ausbringungstechnik gab, am stärksten bei der Fassbestellung. Überbetriebliche Anschaffungen sind vermehrt ein Thema.
Das Unternehmen verkauft seit 1993 Schleppschläuche. In den letzten Jahren war die bodennahe Ausbringungstechnik konstant gefragt, auch aufgrund der Förderprogramme. Man sieht das gut am Beispiel der Güllefässer: In den letzten 20 Jahren hat die Hadorn Gülletechnik AG mit wenigen Ausnahmen nur noch Fässer mit Schleppschlauch oder Schleppschuh verkauft. «Der Schleppschlauch ist bei uns weit verbreitet und daher nicht Neues», sagt Röthlisberger. «Diejenigen, die heute wegen des Schleppschlauchs zu uns kommen, wollen eine optimale Lösung für ihre bodennahe Ausbringung.»
Angesprochen auf allfällige Lieferengpässe entgegnet Röthlisberger: «Obwohl unser deutscher Fasslieferant Zunhammer GmbH im 2-Schicht-Betrieb arbeitet, haben wir seit einigen Jahren Lieferfristen von über 18 Monaten.» Die Situation könne man aber mit der Mietfass-Flotte etwas entschärfen. Bei den Verteilern für die Verschlauchung, die im eigenen Betrieb in Leimiswil fabriziert werden, beträgt die Lieferfrist zurzeit vier Monate.

Stoller sieht Optionen, aber keine überzeugenden

Alwin Stoller hat sich durchaus Gedanken gemacht, welche Möglichkeiten er hätte, um das Problem mit der dicken Gülle anzugehen und die Schleppschlauch-Pflicht umzusetzen:

  • Gülle verdünnen: Dafür bräuchte er eine zweite Güllegrube. Das Problem mit dem Stroh wäre trotzdem nicht gelöst. Er rechnet mit mehr Güllefahrten, was ökologisch unsinnig wäre.
  • Gülle separieren: Damit werden Feststoffe aus der Gülle entfernt und Stoller hätte eine dünne Gülle. Allerdings hat er keinen geeigneten Platz, wo er den Mist zwischenlagern könnte. Zudem ist das Separieren teuer.
  • Aufrüsten aufs Druckfass: Kauf eines Schleppschlauchverteilers. Die Aufrüstung auf sein 8000er-Fass wäre technisch möglich. Eine Anschaffung ist für den Einzelbetrieb teuer.
  • Lohnunternehmer: Das wäre zwar günstiger als bauliche Massnahmen oder Maschineninvestitionen. Stoller befürchtet, dass er die Gülle nicht mehr zum optimalen Zeitpunkt ausbringen kann. Das hohe Gewicht von Traktoren und Fässern schade zudem den Böden.

Die Ammoniakemissionen könnte man auch ohne den Schleppschlauch senken, ist Stoller überzeugt. «Individuelle Faktoren wie Fütterung, Güllezusätze und vor allem der richtige Zeitpunkt sind viel effektivere Massnahmen.» Er bemängelt, dass andere Maschinen wie der Möscha (ein Einzel-Schwenkverteiler aus Österreich) gar nie geprüft wurden.

Er sagt, die Gülle sei zu einem Politikum geworden «und die Schleppschlauch-Pflicht die Retourkutsche von Links-Grün auf das Nein zu den Agrar-Initiativen am 13. Juni». Am Schleppschlauch-Obligatorium kritisiert er vor allem, dass die Bauern zu wenig Zeit für die Umsetzung haben. «Wir bräuchten mindestens fünf zusätzliche Jahre.»

Das sagt der Lohnunternehmer
Die Hofstetter Ackerbauservice AG aus Grosswangen LU bietet im Bereich Hofdünger Gülle, Misten, Fest- und Flüssig-Transporte sowie Hofdüngervermittlung an. Gegüllt wird mit Schleppschlauch und Schleppschuh. «Wir verschlauchen alles ab Feldrand. Der Transport findet mit Transportfässern statt», führt Lohnunternehmer und Betriebsleiter Christoph Hofstettter aus. Gülledrill hatten sie eine Zeitlang im Angebot, das war aber zu aufwändig und zu teuer.
Die Gülleseparierung sei immer wieder ein Thema, sagt Hofstetter. «Im Moment haben wir wegen der geringen Nachfrage noch keinen eigenen Separator. Das ist eine Arbeit, die meistens nur in Notfällen gemacht wird, da es kein zwingend erforderlicher Arbeitsschritt ist.» Hofstetter bestätigt, dass er vermehrt Anfragen im Bereich Güllerei hat. «Wirklich ernst wird es dann nächsten Frühling!»
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Dem von Landwirten oft genannten Argument, dass durch die Auslagerung an den Lohnunternehmer die Gülle nicht mehr zum optimalen Zeitpunkt ausgebracht werden kann, widerspricht er: «Wir haben eine hohe Ausbringungsleistung. Wenn man genug früh plant und organisiert, ist die Güllerei zum optimalen Zeitpunkt kein Problem.» Gülle ausbringen sei ja auch nicht eine stunden- oder tagesgenaue Arbeit, merkt er an. Die Güllerei an den Lohnunternehmer auszulagern, habe auch Vorteile für den Landwirt, hebt Hofstetter hervor: «Er muss nicht in teure Technik investieren, kat keine Wartungskosten und in der freigewordenen Zeit können andere Arbeiten erledigt werden.»

Es braucht ein schriftliches Gesuch an den Kanton 

Jürg Fatzer, Geschäftsführer des VTL, sagt, der VTL biete Hand für Gespräche, um mit den Bauern zu schauen, welche individuellen Möglichkeiten es für die Umsetzung gebe. «Wenn jemand das Gefühl hat, er könne das Obligatorium wirklich nicht umsetzen, muss er ein schriftliches Gesuch an den Kanton stellen.»

St. Gallen Bäuerliches Komitee ruft zum Protest gegen das Schleppschlauch-Obligatorium auf Wednesday, 25. August 2021 Milchbauer Alwin Stoller hofft indes, dass viele Bauern in die Opposition gegen das Obligatorium gehen. Er sagt: «Es kann doch nicht sein, dass die Bauern immer investieren müssen und vorne an der Milchfront ist keiner bereit, mehr zu bezahlen.»