Die Sojabohnen sind auf den ersten Blick kaum zu sehen in einem Meer von Hühnerhirse. Aber die Pflanzen tragen eine stattliche Anzahl Schoten. «Ich habe mich nie nur am Ertrag orientiert», stellt Thomas Grob klar und schaut ohne Frust auf sein Feld. Darin stehen auch ein paar Sonnenblumen – absichtlich mitgesät, für Vögel und Insekten. Wichtiger als grosse Erntemengen ist Grob, mit möglichst wenig Input zu arbeiten. So gehe die Rechnung auch mit kleineren Erträgen auf.

Entfremdet vom eigenen Acker

Thomas Grob stellt an seine Produktion hohe Ansprüche, aber andere als unkrautfreie Äcker und schnurgerade Reihen. Der Landwirt aus Urdorf ZH setzt auf seinem Betrieb seit 2020 das Konzept der Regenerativen Landwirtschaft in die Praxis um und strebt nach Lebensmitteln, die dank langsamem Wachstum mit wenig Dünger und Bewässerung besonders geschmackvoll seien. «Ich habe früher viele Arbeiten im Lohn machen lassen, weil ich die entsprechenden Maschinen nicht mehr hatte», erinnert sich Grob. Zunehmend habe er sich aber von seinen Flächen entfremdet gefühlt, hätte nicht mehr auf Anhieb sagen können, wann gesät oder was gespritzt worden war. «Ich habe nach Neuem gesucht und die Regenerative Landwirtschaft gefunden.»

Abo «Das ist mein Weg. Das muss es aber nicht für jeden sein», sagt Adrian Brügger zur Regenerativen Landwirtschaft. Rechts sein selbst konstruierter Kon-Tiki-Pyrolyseofen. Regenerative Landwirtschaft «Das Ziel darf nicht sein, tiefere Erträge zu akzeptieren» Thursday, 6. June 2024 Zu Beginn habe er zu viel gewollt, meint der Zürcher rückblickend. Fast übermotiviert hätte er am liebsten alles herbizidfrei und pfluglos angebaut, einen Agroforst angelegt und Kompostmieten reifen lassen. «Aber meine Böden sind teilweise verdichtet und ich habe gemerkt, dass ich vor gewissen Kulturen den Pflug brauche», erklärt Thomas Grob. So etwa, wenn Weizen auf Kürbisse folgen soll. Denn der Kürbisacker sehe jeweils aus «wie eine Buntbrache». Dafür zeigten die Kürbisse dank der Beschattung durch Beikraut keinen Sonnenbrand, bemerkt Grob. Eine wendende Bodenbearbeitung sieht er auf seinem Betrieb als kleineres Übel als ein Herbizid, im regenerativen Anbau möchte man jedoch beides vermeiden. «Ich nehme den Pflug in Kauf, bis ich das Unkraut im Griff habe», sagt der Landwirt.

«Ich habe mehr Aufwand, aber weniger Stress.»

Thomas Grob lagert heute weniger Arbeiten an Lohnunternehmer aus.

Stroh bleibt auf dem Betrieb

Für gesunde Kulturen widmet Thomas Grob dem Boden viel Aufmerksamkeit, unter anderem mit fast jährlichen Bodenproben. «Stickstoff ist bei mir der limitierende Faktor», sagt er. Da andere Nährstoffe in guten Mengen vorhanden seien, setzt er beim Raps kleine Mengen Harnstoff ein, um das N-Defizit gezielt auszugleichen. «Das ist für mich keine Dauerlösung», betont Grob. Vielmehr arbeitet er daran, seine Fruchtfolge mit Leguminosen in Untersaaten oder Gründüngungen zu verbessern und fördert mit Stroh, Mist und zugekauftem Kompost den Humusaufbau. Mikroorganismen und Enzympräparate sollen den Dünger verbessern bzw. Flächenrotten mit Stroh von der Getreideernte lenken, um Fäulnis zu vermeiden. «Früher habe ich das Stroh gerne verkauft, heute gebe ich es lieber als organisches Material dem Boden zurück», sagt der Landwirt. Die fünf Pferde auf dem Betrieb dürften «ganz viel Stroh haben», meint er verschmitzt, «denn das kommt auch alles in meinen Boden». Am Ende soll der Kultur dank Leguminosen und aktiven Böden genügend Stickstoff zur Verfügung stehen, damit kein Humus verzehrt, sondern aufgebaut wird.

Über die Messung des Zuckergehalts im Blattsaft (Brix-Wert) versucht Grob abzuschätzen, ob Blattdüngungen die erhoffte Wirkung zeigen. «Wenn ich eine Stunde später sehe, dass der Zuckergehalt gestiegen ist, hat es funktioniert», erläutert er. Denn der Brix-Wert ist ein Mass für die Photosyntheseleistung der Pflanze, die umso besser wird, je vitaler die Kultur ist.

Weniger Hühner eingestallt

Eine wichtige Rolle spielen auf dem Betrieb der Familie Grob die Legehennen. Nicht nur als Eierlieferanten für den Hofladen, sondern auch als Quelle von Mist. «Wir hatten immer Tiere auf dem Betrieb, mein Vater hat bereits nach IP-Suisse-Richtlinien und mit Gründüngungen gearbeitet», sagt Thomas Grob. Er führt die feine und stabile Krümelstruktur seiner Böden in erster Linie auf diese Faktoren zurück. Nicht zuletzt ist die Integration von Tieren ins System eine der Grundideen der Regenerativen Landwirtschaft.

Grobs Fertigstall wäre eigentlich auf 2000 Hühner ausgerichtet, der Landwirt hält darin aber nur 1600 Legehennen (inklusive rund 50 Hähne). Die knapp zweijährigen, braunen und weissen Tiere sind auffällig ruhig und zutraulich. Gegen Milben setzt Thomas Grob auf Mikroorganismen und Orangenöl, das er auf die Sitzstangen schmiert. Pflanzenkohle im Futter soll die Verdauung der Hühner verbessern. «Ich weiss nicht, ob es die tiefere Besatzdichte, die Pflanzenkohle oder die Mikroorganismen sind», bemerkt Thomas Grob, «aber die Hühner sehen aus wie aus dem Katalog.» Zufrieden scharren sie im weiten Auslauf, in dem verschiedene Baumarten Deckung und Schatten bieten.

«Man nimmt einander ernst»

Um seine Ideen der Regenerativen Landwirtschaft umzusetzen, hat sich der Zürcher wieder einen Maschinenpark zugelegt. Alles Occasionsmodelle, aus Gründen der Kosten und des Gewichts. Fertig mit der Umstellung ist Thomas Grob noch lange nicht, er fühlt sich vielmehr am Anfang. Neue Ideen und Informationen holt er sich aus Büchern, Facebook-Gruppen und dem Internet. Der Aufwand habe mit der intensiven Beobachtung des Bodens, mechanischer Unkrautbekämpfung, der Auseinandersetzung mit verschiedenen Methoden und Ansätzen zugenommen, schätzt Grob. «Aber ich habe weniger Stress», ergänzt er. Schliesslich müsse er dank der eigenen Maschinen für anstehende Feldarbeiten niemanden mehr aufbieten.

Mit der Regenerativen Landwirtschaft sieht sich Thomas Grob auf dem richtigen Weg und er geht ihn nicht alleine: Als Gründungsmitglied des Vereins Agricultura Regeneratio schätzt er den Austausch. «Das ist wie eine Familie», schildert Grob. Egal ob konventionell oder Demeter, alle lebten die Idee der Regenerativen Landwirtschaft und würden einander ernst nehmen. Für Grob steht auch fest, dass das, was auf seinem Betrieb klappt, längst nicht bei jedem anderen funktionieren oder passen muss. «Die Regenerative Landwirtschaft gibt mir so viel – auch die Freude am Bauern, die ich fast verloren hatte.» Das Einzige, was bisher definitiv nicht funktioniert habe, sei gewesen, alles auf einmal zu wollen.

Betriebsspiegel Familie Grob

LN: 26,5 ha
Kulturen: Mais, Kartoffeln, Kürbis, Soja, Kichererbsen, Weizen, Weihnachtsbäume, etwa 50 Gemüsearten im Freiland und in Folientunneln.
Tierbestand: 1600 Legehennen, fünf Pferde
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar
Weiteres: Hofladen mit eigenen und zugekauften Produkten, Events