Das geltende Jagdgesetz enthalte trotz der bisherigen Lockerungen im Wolfsschutz eine Lücke, findet Ständerätin Esther Friedli (SVP, SG). Wölfe mit einer ordentlichen Abschussbewilligung – «sprich, es handelt sich um schadenstiftende Wölfe» – sollen überall geschossen werden können. Bisher sind Jagdbanngebiete davon ausgenommen. Im Alpenraum gebe es aber zahlreiche Jagdbanngebiete, sagte Friedli in der kleinen Kammer. Ihr zufolge erstrecken sie sich gesamthaft auf 150’000 ha: «Wölfe sind intelligent und können sich dort faktisch verstecken.»

Egal, ob es sich um ein Rudelmitglied handelt oder einen Einzelwolf

Pascal Broulis (FDP, VD) erklärte das Anliegen der zweiten Motion zum Wolf, die mit jener von Esther Friedli in einem Zug behandelt wurde: Es soll möglich werden, problematische Wölfe das ganze Jahr über zu regulieren – auch, wenn sie Teil eines Rudels sind oder sich im Streifgebiet eines solchen aufhalten. 

Zudem fordert Broulis, für die reaktive Regulierung nicht nur Schäden in Sömmerungsgebiet zu berücksichtigen, und zwar auch vorausschauend. «Der Wolf muss seinen Platz in unseren Regionen finden», sagte er. Aber man müsse auch den Tierhaltenden und der Bevölkerung zuhören, um Ängste, Missverständnisse und vor allem schwere Unfälle zu vermeiden. «Das ist unserer Verantwortung.» 

«Das ist unsere Verantwortung.»

Pascal Broulis (FDP, VD) plädiert dafür, den Betroffenen zuzuhören.

Jagdbanngebiete befinden sich nicht nur in abgelegenen Regionen 

Abo Grossraubtiere Biologe Marcel Züger erwartet eine Zunahme der Wolfsrisse Friday, 19. September 2025 18 Prozent der Fläche des Kantons Glarus befinde sich in Jagdbanngebieten, schilderte Benjamin Mühlemann (FDP, GL). Das Jagdbanngebiet Freiberg Kärpf erstrecke sich praktisch bis an die Dorfränder des gesamten Glarner Hinterlandes, weshalb sich Wölfe den Siedlungen gefahrlos nähern könnten. «Andererseits können sich die Tiere wunderbar ins Jagdbanngebiet zurückziehen, wo sie dann für jede Regulierung quasi unerreichbar sind», folgte der Glarner der Argumentation seiner Vorrednerin. Esther Friedlis Motion bedeute keine Revolution, sondern schliesse lediglich eine Lücke.

«Die Strategie ist klar gescheitert», sagt Fabio Regazzi

Der Tessiner Mitte-Ständerat Fabio Regazzi schloss sich den Befürwortern beider Motionen an und nannte den Wolf als einen der Gründe, weshalb immer mehr Bergbetriebe aufgegeben werden. «Die von der Eidgenossenschaft verfolgte Strategie für das Wolfsmanagement in der Schweiz ist klar gescheitert», kritisierte Regazzi. Die unausweichliche Rechnung müssten nun vor allem die alpinen Kantone zahlen, «auch wenn sich das Problem mittlerweile auch in anderen Regionen zeigt.» Nicht zuletzt angesichts der Rückstufung des Schutzstatus des Wolfs in der Berner Konvention gelte es, den bestehenden Spielraum möglichst auszuschöpfen.

Nicht «wie wild» immer neue Massnahmen ergreifen, findet Mathilde Crevoisier Crelier 

Abo Nachteinsatz im Gebirge: Seit 2021 investierten Freiwillige über 60 000 Stunden in die Unterstützung des Herdenschutzes. Wolf «Wieder einmal durchschlafen»: Freiwillige helfen beim Herdenschutz Friday, 25. July 2025 Im Ständerat gab es nur ein längeres Votum der Gegnerschaft, namentlich von Mathilde Crevoisier Crelier (SP, JU). Sie erinnerte an die erfolgte Lockerung des Jagdgesetzes und eine Reihe von Vorstössen zur Nachbesserung, die das Parlament bereits angenommen hat, unter anderem zum Herdenschutz oder zur Prüfung des Verteidigungsschusses. «Wir haben also unsere Massnahmen verstärkt und ich glaube, dass die Bevölkerung vom Willen des Parlaments überzeugt ist, die Tierhalter(innen) zu unterstützen.» Dennoch müsse man vernünftig bleiben und sich Zeit lassen, um insbesondere die Wirkung des Herdenschutzes zu bewerten. 

Crevoisier Crelier sprach von «einigen Jagdsaisons». «Wir können nicht einfach wie wild weitere Massnahmen ergreifen», appellierte die Jurassierin. Anfangsschwierigkeiten wie etwa Ressourcenmangel bei der Umsetzung von Abschussbewilligungen müssten noch überwunden werden. Bei den Jagdbanngebieten gehe es nicht nur um den Schutz von Wölfen, sondern diverser anderer gefährdeter Tierarten. Ausserdem gebe es dort einen grossen Hirschbestand, auf den sich die Wolfspräsenz regulierend auswirke.

Nach Rudelzerstörung leben Wölfe in Gebieten, wo man sie nicht erwartet hat

Zur Motion Broulis gab Mathilde Crevoisier Crelier zu bedenken, hier sei der Tierschutz zu beachten, konkret der Schutz während der Fortpflanzungszeit. Für sie liegt es auf der Hand, dass Rudel nach dem Abschuss eines Mitglieds insbesondere in der Fortpflanzungszeit weiterziehen oder auseinanderbrechen. «Es ist nicht auszuschliessen, dass die Ankunft des Wolfs in Gebieten, in denen er nicht erwartet wurde – in diesem Fall im Kanton Waadt – auch auf die Auswirkungen der regulierenden Abschüsse zurückzuführen ist, die Rudel gestört und auseinandergetrieben haben.» 

Fabien Fivaz (Grüne, NE) machte klar, er werde die Motionen ablehnen, weil zu wenig klar definiert sei, was als «Problemwolf» gelten sollte.

Umweltminister Albert Rösti sieht Bedarf für Korrekturen

Abo Wenn Wölfe die Nähe von Menschen suchen, gilt das als unerwünschtes Verhalten. Füchse haben sich in Dörfern und Städten etabliert. Grossraubtiere Anfütterung vermeiden: Das können Sie tun, damit Wölfe scheu bleiben Wednesday, 13. August 2025 Der Bundesrat hat im Vorfeld eine abwehrende Stellungnahme abgegeben und argumentiert, vor weiteren Änderungen sei die Wirkung des jetzigen Jagdgesetzes abzuwarten. Umweltminister Albert Rösti äusserte sich im Ständerat aber sehr verständnisvoll. Er mache sich Sorgen, weil die Probleme trotz zum Teil massiver Eingriffe nach wie vor unverändert bestünden. Z. T. gebe es sogar grosse Schäden, gerade beim Rindvieh. «Dass wir hier korrigieren müssen, ist für uns klar, glaube ich.» 

Laut Rösti verfolgt der Bundesrat nun aber die Strategie, praktisch alle Regulierungsgesuche rasch zu bewilligen. Es sei Sache der Kantone, die nötigen Ressourcen für die Umsetzung zu schaffen.

Der Umweltminister rief die verschiedenen Möglichkeiten in Erinnerung, wann der Abschuss von Wölfen zulässig bzw. bewilligbar ist. Auf das Szenario eines Wolfs in der Nähe eines Dorfs oder von Menschen angesprochen, sage er jeweils: «Sofort zum Kanton, sofort auf die Jagdverwaltung und handeln!» Die Instrumente dafür seien vorhanden. «Und ich erwarte, ich appelliere hier, dass sie angewendet werden.» 

«Sofort zum Kanton, sofort auf die Jagdverwaltung und handeln!»

Albert Röstis Rat, wenn Wölfe in Dörfer oder Menschen zu nahe kommen.

«Jetzt handeln, um radikalere Massnahmen zu vermeiden»

Für ausreichend scheint Albert Rösti das bisherige Instrumentarium dann aber doch nicht zu halten. «Als ich als Vorsteher der Umweltdepartements angefangen habe, gab es in der Schweiz 30 Rudel. Durch diese Instrumente hätte ich erwartet, dass es unterdessen etwa 25 wären.» Stattdessen zählt man hierzulande heute 36 Wolfsrudel. «Das zeigt das Problem, das macht mir Sorgen.» Auch jenen, die den Schutz propagieren, sage er immer (auch im Sinne des Artenschutzes): «Wenn wir jetzt nicht handeln, dann werden plötzlich so radikale Massnahmen nötig sein, dass der Schutz nicht mehr gewährleistet sein wird.» 

Aus Sicht des Ständerates sind der vereinfachte Abschuss von Rudelwölfen und jener von schadenstiftenden Tieren auch in Jagdbanngebieten zum jetzigen Zeitpunkt das Richtige. Beide Motionen wurden mit deutlicher Mehrheit angenommen und gehen nun in die Grosse Kammer.