«Kühe müssen Hörner haben, da gibt es für mich persönlich keine Kompromisse. Aber das soll jeder Tierhalter für sich selbst entscheiden», sagt Sepp Sennhauser. Ansonsten sei er ein kompromissbereiter Mensch, sagt der 59-Jährige von sich. Seine Frau Erika pflichtet ihm bei: «Sepp ist ein ruhiges Gemüt. Hart in der Sache, aber freundlich im Ton.» Diesen Ruf geniesst er auch in der Bioszene. Sennhauser ist Co-Präsident von Bio Ostschweiz, der Produzentenorganisation der Thurgauer und St. Galler Biobauern, und Delegierter von Bio Suisse.
Von IP zu Bio und Demeter
Sepp und Erika Sennhauser führen in Rossrüti SG einen kleinen Demeter-Betrieb mit 12,5 ha LN, 16 Milchkühen, 20 Mastschweinen, ein paar Hühnern und Hahn Abraham. Bei der Betriebsübernahme im Jahr 1991 stellte Sennhauser auf IP-Suisse um. «Mir ist es ein grosses Anliegen, dass Tiere Auslauf haben», sagt Sennhauser zu den Gründen. Die Stallungen baute er 1991 nach den Massvorschriften von KAGfreiland um. «Seither musste ich nur einmal umbauen, um die Abkalbebox um zwei Zentimeter zu vergrössern.» Auf Bio stellte er 1996 um, erst 2004 erfolgte die Umstellung auf Demeter. «Da nichts verändert werden musste, ausser dem Einsatz der biodynamischen Präparate», bemerkt der Landwirt. [IMG 3]
Betriebsspiegel
Name: Sepp und Erika Sennhauser
Ort: Rossrüti SG
Betriebstyp: Demeter
LN: 12,5 ha
Kulturen: Futterweizen, Dinkel, Saatkartoffeln (Pro Specie Rara), Kunstwiese, 140 Hochstammbäume
Tierbestand: 16 Milchkühe, 20 Mastschweine, 6 Hühner mit Hahn
Weiteres: SchuB
Arbeitskräfte: Betriebsleiterehepaar
Anfangs hielten Sennhausers nebst den Milchkühen noch Mutterschweine und Mastschweine. «Die Haltung für die zwei, drei Sauen war aufwendig und teuer», erzählt Sennhauser. Seit etwa zehn Jahren halten sie nur noch Mastschweine. Die Tierzahl blieb mit 20 Schweinen überschaubar. Von 2010 bis 2016 machte der Betrieb beim Ebermastprogramm von KAGfreiland mit. «Aufgehört haben wir, weil die getrennte Haltung und vor allem die Verarbeitung sehr kompliziert waren», begründet Erika Sennhauser den Ausstieg. Auch der Absatz des Fleisches sei harzig gewesen.
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Im letzten Amtsjahr
Seit 2014 ist Sepp Sennhauser Co-Präsident von Bio Ostschweiz, nächstes Jahr wird er sein Amt abgeben. «Mein Ziel fürs letzte Amtsjahr ist, dass Bio Suisse wieder mehr auf die Bauern hört», sagt er. Sennhauser ist bekannt dafür, dass er Bio Suisse hie und da an den Karren fährt, wenn er mit etwas nicht einverstanden ist. Das kommt nicht bei allen gut an.
«Meine Aufgabe als Co-Präsident ist es, die Meinung der Basis wiederzugeben. Ich sehe mich als Sprachrohr der St. Galler und Thurgauer Biobäuerinnen und Biobauern.»
Sepp Sennhauser zu seiner Rolle als Co-Präsident
Es sei eine Tatsache, dass viele Mühe mit den neuen Massnahmen und der Umsetzung auf den Betrieben hätten. Die 3,5 Prozent Biodiversitätsförderflächen auf Ackerflächen, das RAUS-Weideprogramm oder das Schleppschlauch-Obligatorium würden die Betriebe finanziell und psychisch enorm belasten. Sennhauser sagt: «Ich bekomme viele Telefonate von besorgten Berufskollegen und auch von etlichen Bäuerinnen.»
Abwechslung in der Politik
Ginge es nach Sepp Sennhauser, könnte man das Ziel «Bioland Schweiz» aus der Vision von Bio Suisse wieder rausstreichen. «Es braucht alle Bauern, unabhängig von der Produktionsrichtung.» Mit Blick auf den Bio-Landbau sagt er: «Bio ist eine Nische, das ist unsere Stärke. Wenn die Konsumenten mehr Bio wollen, machen das die Bauern schon.» Trotz dieser Haltung ist er nicht einer, der sich daran stört, dass nach wie vor viele Betriebe auf Bio umstellen – im Gegenteil, der Zuwachs freut ihn.
Er sei vom Typ her einer, der sich getraue, aufzustehen und etwas zu sagen, meint Sennhauser. «Wenn mich die Antwort nicht befriedigt, hacke ich halt nach und sage meine Meinung.» Diese Diskussionen brauche es, hebt er hervor.
«Wenn man einfach alles durchwinkt, ohne zu hinterfragen, muss man sich nicht wundern, wenn es hie und da böse Überraschungen gibt.»
Sepp Sennhauser findet es wichtig, zu hinterfragen
Diese Prinzipien gelten für Sennhauser auch für die kantonale Politik. Seit 2018 politisiert er für die Mitte im St. Galler Kantonsrat. «Das ist etwas anderes als die Verbandsarbeit. Es ist spannend, hier mitzugestalten.» Auch im Kantonsrat weicht er hie und da von der Parteilinie ab. «Vor allem in landwirtschaftlichen Themen bin ichimmer für die bäuerliche Sichtweise und nicht immer auf Parteilinie», meint er mit einem Lachen.
«Die Bürokratie macht uns kaputt»
An der heutigen nationalen Politik stört Erika und Sepp Sennhauser, dass es jedes Jahr neue Gesetze und Vorschriften gibt. «Wir sind ja bald nur noch Landschaftsgärtner», sagt die Bäuerin sichtlich genervt.
«Wir führen unsere Betriebe nicht mehr nach bestem Wissen und Gewissen, sondern wie es uns vom Staat vorgeschrieben wird.»
Erika Sennhauser zu den ständig neuen Gesetzen und Vorschriften
Sie fühlen sich, wie viele Bäuerinnen und Bauern, nicht mehr ernst genommen. Bei keinem anderen Berufsstand werde so viel dreingeredet und vorgeschrieben wie in der Landwirtschaft, kritisieren sie.
Anstatt die Faust im Sack zu machen, sei es wichtig, in Verbänden und politischen Ämtern mitzumachen, betont Sepp Sennhauser. So tritt Sennhauser im Herbst für die Nationalratswahlen an. Allzu grosse Chancen rechnet er sich aber nicht aus. «Mein Ziel ist, ein gutes Resultat und viele Listenstimmen für meinen Parteikollegen Markus Ritter zu holen.» Die Frage, ob er für den frei werdenden Sitz im Vorstand von Bio Suisse kandidiert, verneint er. «Dafür spreche ich zu schlecht Französisch.»
Schöne Seiten der Landwirtschaft überwiegen
Trotz allem überwiegen für das Ehepaar die schönen Seiten an ihrem Beruf und an der Landwirtschaft. Viel Freude bereitet Erika und Sepp Sennhauser Schule auf dem Bauernhof (SchuB). Seit etwa 20 Jahren bieten sie SchuB an und es kommen bis zu 15 Klassen im Jahr. Dafür brauche es keine Infrastruktur, sondern einfach Freude und Flexibilität bei der Terminfindung. Die Entschädigung finden sie gut und fair aufgeteilt auf die Schulen. Dafür nehme er sich gerne Zeit, sagt Biobauer Sepp Sennhauser. «Die Kinder schätzen den Besuch auf dem Betrieb,haben schöne, bleibende Erinnerungen und lernen so auch, die Landwirtschaft mehr wertzuschätzen.»

