Es war vor 15 Jahren und aus reinem Gwunder», erzählt Hedy Campani. «Ich wagte mich auf ein Internetportal für Singles und beschrieb mich, so gut ich konnte und wollte.» Hedy Campani war damals 50 Jahre alt. Die Mutter eines Sohnes arbeitete als Tourguide bei der Brauerei Feldschlösschen und betrieb einen eigenen Schreibservice. Sie war grundsätzlich zufrieden mit ihrem Leben, auch wenn sie seit Längerem ohne Partner lebte.
Schon bald ein Kontakt
In ihrem Portrait hob sie besonders hervor, was für ein Wandervogel sie sei. Schon am nächsten Tag schrieb ihr ein Mann: Richi Feusi aus dem Zürcher Unterland. Auch er sei ein Wandervogel, textete er. Erst später stellte sich heraus, dass beide bei dieser Angabe geschwindelt hatten. Erst mal schrieben sie drei Wochen hin und her, riefen einander an und wollten sich bald treffen. Das erste Stelldichein war ein Spaziergang in Koblenz.
«Mir gefiel Richi auf Anhieb; bei ihm dauerte es etwas länger, bis er nach dem dritten Treffen fand, aus uns könnte etwas werden», erinnert sich Hedy Campani. Sie schrieben einander von da an täglich und verbrachten die Wochenenden zusammen. Aus der Internet-Bekanntschaft wurde eine stabile Fernbeziehung.
Antrag vor Publikum
An den Heiratsantrag vor fünf Jahren erinnert sich die Basellandschäftlerin natürlich noch sehr genau. Es war am grossen Fest zu Richi Feusis 60. Geburtstag. «Er stellte alle Gäste ausführlich vor», erinnert sich seine Frau, «Es waren allesamt Leute, die ihn bis heute durchs Leben begleitet haben.»
Nur seine Lebenspartnerin erwähnte er mit keinem Wort. Hedy Campani fand das zwar etwas seltsam, dachte sich aber, er werde seine Gründe haben. Hatte er: Er hielt vor allen Gästen um ihre Hand an. «Die Überraschung ist ihm gelungen, weil wir vorher nie von Heirat gesprochen hatten.»
Gemeinsam die Welt erwandern
Aus ihren nicht ganz wahrheitsgemässen Internetangaben in Sachen Wanderfreude ist inzwischen eine echte, grosse Leidenschaft entstanden. 2012 erwanderte das Paar die Via Alpina und schrieb seine Erlebnisse nieder. Der Weitwanderweg führt von Vaduz nach Montreux, quer durch die Schweiz, hat eine Länge von rund 340 Kilometern, überquert 18 Pässe und ist in 20 Tagesetappen aufgeteilt.
Das hätten sich die beiden auf ihrer ersten Wanderung vor 15 Jahren nicht vorstellen können. Sie fand an einem regnerischen Tag statt und Hedy Campani besass damals weder Wanderschuhe noch Rucksack. Innert kürzerster Zeit waren ihre Schuhe und Jeans klatschnass.
Richi Feusi war beeindruckt, wie lässig seine Freundin mit der Situation umging. «Da konnte ich ganz viel punkten.» Auch eine spätere dreitägige Wanderung meisterte sie mit Bravour, obwohl der Einstieg happig steil gewesen sei. «Ich liess mir nichts anmerken. Schliesslich wollte ich mit ihm Hand in Hand um die halbe Welt wandern.»