«Ich hoffe, dass das traditionelle Handwerk erhalten bleibt und das Brauchtum weiterleben kann.» Viele Jahre hat die Trachtenschneiderin Cäcilia Duss aus dem solothurnischen Erlinsbach viel Zeit dem Nähen und Ändern von Trachten gewidmet. Dies mit viel Freude und Engagement. Doch in den letzten Jahren nahm die Begeisterung allmählich ab und so entschied sie, sich beruflich zu verändern. Sie arbeitet jetzt auch als Begleit- und Assistenzperson mit Menschen, die Unterstützung benötigen.
Trachtenserie
In einer losen Aufeinanderfolge stellen wir Trachtenschneiderinnen und Trachten aus verschiedenen Kantonen vor. Heute ist eine Auswahl an Solothurner Gewändern an der Reihe. Bereits erschienen ist der Artikel über Regina Krummenacher und die Berner Trachten.
Es gibt keine weitere Trachtenschneiderin
Bei den Erzählungen über ihre neue Tätigkeit huscht der eher nachdenklich wirkenden Frau ein zufriedenes Lächeln übers Gesicht. Das Gespräch findet im Seifenhaus in Welschenrohr statt, in dessen Räumlichkeiten von Mai bis im November eine Ausstellung mit allen Solothurner Trachten zu sehen war. «Im ganzen Kanton Solothurn gibt es momentan leider keine weitere Trachtenschneiderin, welche dieses Handwerk weiterführen würde», erklärt Cäcilia Duss. Umso mehr freut es sie, dass sich eine Zusammenarbeit mit dem Lehratelier der Schule für Mode und Gestalten des Berufsbildungszentrums in Olten ergeben hat. Bereits gibt es auch schon eine erste Kundin, die sich von den Lernenden im dritten Ausbildungsjahr zur Bekleidungsgestalterin ihre neue Tracht nähen lässt.
Das grosse Wissen nachhaltig hinterlegen
Cäcilia Duss wird die Anfertigung eng begleiten und beim Beschaffen der Materialien helfen. Ausgeführt werden die Arbeiten mit der zuständigen Ausbildnerin im Lehratelier. Jeder Arbeitsgang wird dokumentiert und abgelegt. Somit erhofft sich die Trachtenschneiderin, dass das hinterlegte Wissen jederzeit vom Lehratelier weitergegeben werden kann. Oder vielleicht entschliesse sich sogar jemand von den Lernenden, später den Beruf als Trachtenschneider(in) auszuüben. Die Ausbildung zur Trachtenschneiderin ist kantonal unterschiedlich geregelt. Im Kanton Solothurn muss eine Trachtenschneiderin gelernte Damenschneiderin, heutiger Name Bekleidungsgestalterin, sein. Mit Unterstützung von anerkannten Fachleuten muss sie jede der vier Kantonstrachten, die es gibt, einmal nähen, alles dokumentieren und der Trachtenkommission vorlegen. Daneben gibt es auch noch die Sonderregionen Bucheggberg, Schwarzbubenland, Dulliken und Olten, die eigene Trachten haben.
Neue Ausbildungsmöglichkeit in Form eines Schwerpunkts
Neu seit diesem Sommer gibt es die Möglichkeit, dass eine Bekleidungsgestalterin EFZ, welche die Weiterbildung zur Bekleidungsgestalterin mit eidgenössischem Fachausweis macht, den Schwerpunkt Trachten wählen kann.
Cäcilia Duss trat als 20-Jährige einer Trachtengruppe bei. Der Gedanke, als gelernte Damenschneiderin eine eigene Tracht unter Anleitung mit einer Trachtenschneiderin herzustellen, war für sie faszinierend. Die so kunstvollen und vielfältigen Teile dieses Kleides lösten bei ihr eine Begeisterung aus, sodass sie zweifelsfrei dieses Handwerk als ihren zweiten Berufsweg wählte. Nach der Ausbildungszeit nähte sie mit viel Leidenschaft jährlich mehrere verschiedene neue Trachten, jede mit einem Aufwand von 40 bis 80 Stunden. Daneben arbeitete sie Teilzeit in einem Änderungsatelier. Nach der Geburt der beiden Töchter behielt sie die Arbeit im eigenen Trachtenatelier bei. «Es war eine intensive Zeit, nebst Familie und Haushalt die vielen Aufträge zu meistern», erinnert sie sich. Und: «Was ich sehr schätzte, war, dass ich den Beruf zu Hause ausüben und so für die eigenen Kinder präsent sein konnte.»
Keine Aufträge währende der Pandemie
Aber mit der Zeit wurde das selbstständige und vor allem zu Hause Arbeiten immer eintöniger, sodass sich sukzessive eine Berufsmüdigkeit entwickelte. Mit der Pandemie brachen auch die Aufträge weg, doch die Tür für einen Neuanfang stand einen Spalt breit offen. Jedoch die Suche nach etwas Passendem gestaltete sich schwierig. Eines Tages öffnete sich die Türe ganz und Cäcilia Duss nahm ihre jetzige Tätigkeit auf.
Die Wertschätzung der begleiteten Menschen ist gross
«Das macht mir Spass. Ich kann Menschen unterstützen, die das sehr schätzen. Diese Wertschätzung der Menschen zu erfahren, erfüllt mich mit Freude», verrät sie. Und zum ersten Mal seit Gesprächsbeginn strahlt Cäcilia Duss über das ganze Gesicht. Kleinere Nähänderungen wird sie weiterhin machen und daneben das Lehratelier mit ihrem Wissen unterstützen. Ansonsten hat Cäcilia Duss ihren neuen Platz in der Berufsausrichtung gefunden und sagt mit strahlenden Augen: «So stimmt es jetzt für mich.»
Schwarze Festtagstracht
Die schwarze Festtagstracht wird im gesamten Kanton Solothurn getragen. Die Jippe bestand früher aus schwarzem Kaschmir, heute meist Trevira (Woll-Mischgewebe). Es gibt zwei Unterröcke. Der Unterrock eins aus Kunstseide wird zusammen mit der Jippe am Mieder angenäht. Er hat einen angenähten 30 Zentimeter breiten roten Streifen aus Seide, der unter der Jippe drei Zentimeter sichtbar ist. Unterrock zwei ist weiss und besteht aus Baumwolle. Er ist mit Spitzen verziert und wird unter dem schwarzen Unterrock eins getragen.[IMG 2]
Der Brustplätz und das Göller (wird um den Nacken gelegt) sind reich mit Blumenmustern bestickt. Die Ärmel der Leinenbluse haben einen Spitzenabschluss. Als Brustschmuck (Deli) können historische Stücke aus Familienbesitz, gute Nachbildungen sowie religiöse oder vaterländische Motive verwendet werden. Auch Familienwappen sind möglich. Die seidene, unifarbene Schürze wird in dezenten Farben gehalten.
Ausgangstracht Sommer/Winter
[IMG 3]Die Ausgangstracht wird im ganzen Kanton (mit Ausnahme der Sonderregionen) getragen. Die wollene Jippe ist blau, grün oder schwarz. Ebenso das enganliegende Mieder, das an die Jippe angenäht ist. Zum Schnüren wird eine schwarze Kordel verwendet. Der Brustplätz ist unbestickt, im Gegensatz zum rohweissen Göller. Dieses wird mit einem einfachen Muster in den Farben der Tracht bestickt, darf aber höchstens zwei Zentimeter breit sein. Die Schürze besteht aus Halbleinen und ist quergestreift. Die Bluse aus Halbleinen oder Leinen-Mischgewebe ist rohweiss und mit Spitzenabschluss an den kurzen Ärmeln. Die Winterbluse hat lange Ärmel und ein besticktes Bündli.
Bei dieser Tracht sind normale Nylonstrumpfhosen in Naturfarbe gestattet, Kniesocken hingegen nicht. Im Winter kann ein wollener Schal in den Farben Schwarz, Écru oder Weiss, der gehäkelt oder gestrickt ist, getragen werden. Ausserdem sind an kühleren Tagen schwarze Ärmeli (Stössli) aus Baumwolle oder Wolle erlaubt. Diese werden von Hand oder mit der Maschine in Lochmustern gestrickt
Festtagstracht Schwarzbubenland
Die Festtagstracht Schwarzbubenland wird vorwiegend in den Bezirken Dorneck und Thierstein getragen. Sie kann blau, grün oder schwarz sein. Der Brustplätz muss rot sein. Die Bordüre mit Stickerei am oberen Rand hat dasselbe Motiv wie das Schultertuch. Dieses besteht aus Seide, ist quadratisch und zum Dreieck gefaltet und hat am Rand Seidenfransen. Die Jippe (Rock) muss ab Boden gemessen 28 Zentimeter lang sein. Das Mieder besteht wie der Rock aus Wolle, die Farbe ist identisch. Vorne am Mieder sind fünf von sechs gehämmerten Haftenpaaren sichtbar.[IMG 4]
Zum Schnüren wird eine Seidenkordel (Brysnestel) in den Farben des Mieders verwendet. Die Bluse besteht aus Leinen und ist im Vorderteil gefältelt. Die seidene Schürze ist farblich auf den Rock abgestimmt und längsgestreift. Sie wird mit einem passenden, drei Zentimeter breiten Seidenband seitlich links gebunden. Die Strumpfhose besteht aus Baumwoll-Mischgewebe und hat Lochmuster. Kniesocken sind nicht gestattet. Als Kopfbedeckung wird ein Strohhut mit flachem Gupf oder ein Hübli getragen.