«Das kam selbst für die Schwiegereltern überraschend», sagt Landwirt Markus Schwegler und lacht zufrieden. Zunächst hatte nämlich wenig bis nichts darauf hingedeutet, dass Toni und Vreni Meierhans für die Übernahme ihres Katzhofs überhaupt einen familieninternen Nachfolger findet.

Arbeitsagoge und Geografin

Nun sind es gleich zwei. Tochter Claudia Meierhans und ihr Mann Markus Schwegler sind seit 2015 gleichberechtigt eingetragen als Betriebsleiter. Als sie sich kennenlernten, war Landwirtschaft kein Thema. «Daran

haben wir keinen Gedanken verschwendet», erzählt er auf der Terrasse, während seine Frau mit den zwei kleinen Kindern und der Schwiegermutter die Gemüsebeete bearbeitet.

Von den fünf Schwestern Meierhans hatte zunächst keine ein ernsthaftes Interesse am Betrieb. Claudia schloss ihr Geografiestudium ab und Markus war als Arbeitsagoge bei der Stiftung Brändi in Luzern tätig. Arbeitsagoge war für ihn bereits der zweite Lehrabschluss mit EFZ.

Von Holstein zum Grauvieh

Weil seine Eltern in Buttisholz LU ein Töff- und Velogeschäft betrieben, lernte er Zweirad-Ersatzteilverkäufer. Die Landwirtschaft hatte ihn als Bub zwar interessiert, aber nicht annähernd so fasziniert wie die Musik. Als Schlagzeuger der rockigen Sorte bewegte er sich mit diversen Bands lange im Luzerner Nachtleben. Noch heute ist er dem Instrument treu. Zum ersten Mal hat er nun einen überirdischen Übungsraum, wie er schmunzelnd sagt.

Die Trommeln sind aber in den Hintergrund gerückt. Unterdessen ist der 40-jährige Markus Schwegler ein Landwirt mit Leib und Seele, wenn auch nicht einer, der nahtlos in die Fussstapfen des Schwiegervaters getreten ist. Statt der 20-köpfigen Holstein-Herde beweiden heute ein Muni und neun Rätische Grauvieh-Mutterkühe die idyllische Hügellandschaft.

Lob für die «Schnellbleiche»

«Es begann mit der Einsicht, dass ich nicht bis 65 in meinem Beruf bleiben wollte», sagt ­Markus Schwegler zum Einstieg in die Landwirtschaft. Schritt für Schritt tastete sich das junge Paar an den Gedankender ­Betriebsübernahme heran. ­Zunächst absolvierten sie2010–11 gemeinsam den Nebenerwerbs-Landwirtschaftskurs (Nela) am LBBZ Hohenrain. An die «Schnellbleiche», wie der Kurs vielfach etwas abschätzig genannt wird, hat er nur gute Erinnerungen. «Die Theorie hätte gereicht fürs EFZ». Dazu kamen die interessanten Begegnungen mit vielen Gleichgesinnten.

Als das Ziel Übernahme konkreter wurde, hängte Markus Schwegler vier Jahre Wanderlehre an und absolvierte 2014 die Lehrabschlussprüfung. Denn was die Praxis angeht, komme der Nela natürlich nicht an die EFZ-Anforderungen heran.

 

Nebenerwerbs-Landwirtschaftskurs

Ausbildung: Der Nebenerwerbs-Landwirtschaftskurs ist die Mindest-Voraussetzung für den Direktzahlungsbezug. Er ermöglicht Quereinsteigern, sich das minimale theoretische Rüstzeug für die Bewirtschaftung eines Betriebs im Nebenerwerb anzueignen.

Voraussetzungen: Das Mindestalter ist 28 im Kalenderjahr, in dem die Prüfung absolviert wird. Bewerben kann man sich mit einer Ausbildung mit Berufsattest, eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ) in einem anderen Beruf, Matura oder gleichwertiger Ausbildung. Verlangt wird auch berufliche Tätigkeit, mindestens teilweise auf einem Landwirtschaftsbetrieb. Für die Schlussprüfung muss man ein Jahr Praxis auf einem direktzahlungsberechtigten Betrieb nachweisen können.

Umfang: Der Kurs umfasst 280 Unterrichtslektionen, dazu kommen 54 Lektionen individuelle Lerntätigkeit. Der Kurs ist berufsbegleitend und häufig sehr gut besetzt. So sind die Jahrgänge 20/21 sowie 21/22 in Hohenrain/Schüpfheim bereits ausgebucht. akr

 

Neue Herde markiert Wandel

2015 kam dann der grosse Moment. Toni und Vreni Meierhans konnten den Betrieb an die nächste Generation übergeben und die frischgebackene Bauernfamilie zog aus der städtischen Umgebung auf den Hof.

Die Übergabe des 15-Hektaren- Betriebs scheint gut verlaufen zu sein. Markus Schwegler rühmt das Verhältnis zu den Schwiegereltern. Der Abschied von den Hochleistungskühen sei Toni Meierhans verständlicherweise nicht nur leicht gefallen, sagt er. Gleichzeitig hat der Wechsel auf die neue und anders ausgerichtete Herde den Übergang markiert und erleichtert, wie sich Schwegler erinnert.

Gemüse für Abonnenten

Die zweite wichtige Neuerung nach der Übernahme war der Einstieg in die Biogemüse-Produktion. Hier arbeitet die neue Generation im Sinne der Solidarischen Landwirtschaft. In diesem System versucht man, die Konsumenten stärker an den Betrieb zu binden, indem man sie an den Entscheiden beteiligt und von ihrer Mithilfe profitiert.

So können die rund 35 Gemüse-Abonnenten je etwa zwei Tage pro Jahr auf dem Betrieb mitarbeiten. Markus Schwegler sagt, er wolle sich Vermarktung und Agrarpolitik nicht von Coop und Emmi diktieren lassen, sondern das Verhältnis zu den Konsumenten selber aktiv gestalten.

Diese Zusammenarbeit ist aber anspruchsvoll. An den jährlichen Versammlungen gehe es auch um «substanzielle Fragen». Zu den intensiven Diskussionen trug auch seine Weiterbildung in der Betriebsleiterschule 1 (BLS 1) bei. Die Berufsprüfung absolvierte er zwei Jahre nach der Übernahme im Winter 2017–18. In der Betriebsstudie hat er seine Gemüsevermarktung analysiert und festgestellt, dass er den Betriebszweig nicht genug rentabel führt. In der Folge reduzierte er die Lieferungen von wöchentlich auf 14-täglich bei gleichem Preis. Das kostete ihn längere Diskussionen und zwei Gemüse-Abonnenten, aber der allergrösste Teil der Kunden verstand die Sachlage.

Die BLS 1 sei gut geeignet für Berufsleute, die den Betrieb bereits (teil-)übernommen hätten, so Schwegler im Rückblick. Ansonsten fehle manchmal die Motivation, wie er festgestellt hat.

 

Betriebsleiterschule (BLS)

Ausbildung: Die BLS 1 bereitet auf die Berufsprüfung vor, welche die Ausbildung von Lehrlingen erlaubt. Mit der BLS 1 erlangt man Kenntnisse und Kompetenzen, um einzelne Betriebszweige selbstständig zu führen. Zum modularen Lehrplan gehören Vertiefungen in Produktionstechnik, technisch-wirtschaftliche Analyse-Instrumente, Marketing und Personalführung.

Voraussetzungen: abgeschlossene berufliche Grundbildung im Berufsfeld Landwirtschaft oder gleichwertiger Ausweis, zwei Jahre landwirtschaftliche Berufspraxis nach Abschluss der Grundbildung sowie die Modulabschlüsse gemäss Prüfungsordnung oder Einschreibung zu den Modulprüfungen.

Umfang: Die BLS 1 dauert 1 bis 2 Jahre. Die Module umfassen je 20 bis 70 Unterrichtsstunden und 10 bis 50 Stunden Selbststudium. Obligatorisch sind die betriebswirtschaftlichen Module. Zusätzlich werden Pflicht- und Wahlmodule angeboten. Abgeschlossene Module sind 6 Jahre lang gültig, d. h. man kann 6 Jahre warten, bis man BLS 2 als Vorbereitung für die Meisterprüfung in Angriff nimmt.

 

BLS 1 für den ersten «Stift»

Auf BLS 2 und Meisterprüfung hat er vorläufig verzichtet. Erstens weil er vor zwei Jahren zum zweiten Mal Vater geworden und familiär stärker gefordert ist. Zweitens, weil ihm derzeit das Grossprojekt fehlt, das sich während der Meisterprüfung analysieren liesse. Er kann sich aber gut vorstellen, diesen Hosenlupf noch nachzuholen, dafür bleiben ihm noch ein paar Jahre Zeit.

Die BLS 1 habe er vor allem auch gemacht, weil sie die Ausbildung von Lehrlingen ermöglicht. Im August fängt sein erster Auszubildender an. Das mache ihn nicht besonders nervös, sagt Markus Schwegler; auch, weil es sich nicht um einen klassischen «Stift» handelt: Er ist Koch, Sozialpädagoge und schon 32-jährig. Kennengelernt haben sie sich zu später Stunde nach einem Konzert in Luzern, so schliesst sich der Kreis.