Bei Philipp Fehlmann ist der Raps seit gut vier Wochen im Boden. Er hat ihn zusammen mit einer Untersaat gesät – direkt, wie alle Kulturen auf seinem 28-ha-Betrieb in Möriken AG. «Ich bin da sozusagen reingerutscht», meint er zu seinem Weg in die Konservierende Landwirtschaft. Sein Vater habe mit pfluglos angefangen, und die Familie entwickelte das System weiter. In den letzten 35 Jahren nahm die Intensität der Bearbeitung ihrer Böden stetig ab. «Die Direktsaat ist heute nicht mehr dieselbe wie vor dreissig Jahren», bemerkt Philipp Fehlmann. Früher habe man noch auf braune Böden gesät. Heute geht das in grüne Bestände, dank derer der Untergrund vor Sonne und Witterung geschützt ist.

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Beweiden geht nicht

«Im Moment wächst die Gründüngung für die Ganzpflanzensilage (GPS) zum zweiten Mal auf», schildert der Landwirt. Sie folgt auf Gerste und wird nach dem zweiten Schnitt durch eine abfrierende Gründüngung ersetzt. Im Frühling kommen Zuckerrüben auf die Fläche – ebenfalls in Direktsaat. Neben GPS und Mais liefern Kunstwiesen in der Fruchtfolge Futter für Fehlmanns rund zwanzig Milchkühe. Gründüngungen direkt zu beweiden, sei wegen der grossen Distanz der Parzellen zum Betrieb nicht möglich. «Wir sind mitten im Dorf und unsere Flächen ausserhalb davon verteilt», erläutert der Aargauer.

Ausser der GPS-Mischung aus Sandhafer, Alexandriner- und Perserklee hat Philipp Fehlmann keine Gründünungen, die vor einer Herbstsaat zu terminieren wären. «Nach Zuckerrüben bauen wir Winterweizen an und nach Silomais Gerste», erklärt er. Von der Ernte bis zur Saat vergehen jeweils nur wenige Stunden, fährt Fehlmann fort. Das sei besonders bei Zuckerrüben wichtig, die er unter optimalen Voraussetzungen ernten will: «Lieber vierzehn Tage früher roden und dafür bei besten Bedingungen säen können.» Da Fehlmanns selbst roden, können sie die Rübenernte sicher vor dem eher unberechenbaren Wetter im Dezember erledigen. Eines müsse man sich für Systeme mit schonender Bodenbearbeitung als Grundvoraussetzung immer vor Augen halten, betont der Landwirt: «Sicher nicht bei schlechten Bedingungen ins Feld fahren.» Das gelte es beim Düngen genauso zu bedenken wie beim Pflanzenschutz. «Der richtige Zeitpunkt für eine Nährstoffgabe oder eine Behandlung ist zwar wichtig», ist er sich bewusst. Aber da gebe es keinen Spielraum. Verdichtungen müssten «um jeden Preis» verhindert werden, denn dagegen würde nur eine tiefe Lockerung helfen.

Auf Trittfestigkeit achten

Ob sich Gründüngungen beweiden lassen, hängt vor allem von der Trittfestigkeit ab, sagt Stefan Lüthy, Produktmanager Futterbau und Gründüngungen bei UFA Samen. «Beweidbare Mischungen sind sehr gefragt», beobachtet er. Während Gräser die Trittfestigkeit verbesserten, werde z. B. Alexandrinerklee gerne gefressen und Winterroggen oder -hafer geben dem Futter Struktur. «Die Saattechnik hat auch einen grossen Einfluss auf die Trittfestigkeit und damit die Beweidbarkeit», ergänzt Lüthy. Bei Direktsaat ist der Boden unter der Gründüngung tragfähiger.

Hohe Verschmutzungsgefahr
Zum Silieren sei die Auswahl geeigneter Mischungen kleiner, sagt der Fachmann. Gemenge mit Wicke, Hafer und Erbse z. B. wachsen hoch auf und bedecken die Bodenoberfläche nur wenig, weshalb die Gefahr für Verschmutzungen hoch ist.

Tiefer Futterwert
Hinsichtlich Futterwert von Gründüngungen spricht Raphael Steiger von «Füllfutter»: Sie geben in der Regel nicht viel her und sind stark wasserhaltig, so der Ressortleiter Rindvieh bei der UFA AG. «Vor allem haben sie einen tiefen Mineralstoffgehalt, aber viel Kalium», gibt er zu bedenken. Das gelte es mit genügend Magnesium bzw. einer erhöhten Mineralstoffgabe oder zusätzlichen, magnesiumreichen Leckschalen auf der Weide auszugleichen

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Überwinternd hat Grenzen

[IMG 3]Philipp Fehlmann setzt in erster Linie auf abfrierende Gründüngungen, die der Frost terminiert. «Bei überwinternden Beständen reicht die Messerwalze nicht immer aus. Vor allem wenn die Pflanzen noch nicht blühen», sagt der Aargauer. Lebende Gründünungen verzögern weiter die Erwärmung des Bodens im Frühling und damit die Saat, womit viel Ertrag verschenkt werde. «Wir leben von dem, was wir produzieren», gibt Fehlmann zu bedenken. Daher würde er nicht auf die Vollblüte einer frostharten Gründüngung warten wollen. Um das Dilemma zu lösen, sät der Aargauer in den Rübenreihen eine abfrierende und zwischen den Reihen eine frostharte Mischung. «Überwinternd ist gut, aber gerade vor Rüben hat es Grenzen – das hat der nasse Frühling wieder gezeigt.»

«Gerade vor Rüben hat es Grenzen.»

Philipp Fehlmann sät nur zwischen die Reihen eine winterharte Gründüngung.

Feldhygiene während ganzer Wachstumsphase

«Es gibt fürs Terminieren von Gründüngungen kein Patentrezept», sagt Fabian Wenzinger vom LZ Liebegg. Wichtig sei aber, der Feldhygiene während der ganzen Wachstumsperiode einer Gründüngung höchste Priorität beizumessen. «Ist der Bestand sauber, kann man ihn grundsätzlich gut so lange wie möglich vor der Herbstsaat stehen lassen», so Wenzinger. Dort wo Unkräuter überhandnehmen, müsse jedoch rechtzeitig eingegriffen werden. Mischungen mit rasch blühenden Arten wie zum Beispiel Buchweizen seien zur Vermeidung von Durchwuchs allerspätestens in der Vollblüte abzustoppen.

Rechtzeitig walzen

Mit abfrierenden Gründünungen mache er gute Erfahrungen. Damit ist es egal, wenn einige Pflanzen davon in der Herbstsaat überdauern – der Winter macht sie unschädlich. «Eine schöne Gründüngung ist schneller kaputt als ein Unkraut wie etwa Hirse oder Quecke», ergänzt Fehlmann. Rechtzeitig mit einer Messer- oder einer Cambridge-Walze gequetscht, machen sie den Weg frei für Wintergetreide oder Raps. Fehlmann rät, im Sommer gleich nach der Ernte eine Gründüngung zu säen, die sich dann auch gut entwickeln kann. So hat die Mischung einen Vorteil gegenüber Unkraut. «Das ist besser als zuzuwarten und den Boden zu bearbeiten», ist er überzeugt, «Eine mechanische Unkrautkur ist für das Bodenleben eine Qual». Dreschen, Stroh räumen, Gründüngung säen – so ist der Boden bei Fehlmann in maximal vierzehn Tagen wieder begrünt. «Und eine solche gut geführte Gründüngung ist immer mechanisch terminierbar.»

Flugzeiten von Insekten meiden

Mancherorts gibt es kantonale Beiträge für blühende Zwischenkulturen. Sie sind schön anzusehen und ziehen viele Insekten an. Einige Imker sind aber skeptisch gegenüber sehr spät (ab Mitte Oktober) blühenden, grossflächigen Gründüngungen. «Die Bienen, die jetzt schlüpfen, sollten den Winter überdauern», erklärt Mathias Götti Limacher, Zentralpräsident von Bienen Schweiz. Diese Generation täte gut daran, ihre Kräfte zu schonen, statt weiter Nektar zu sammeln. Zumal Imker(innen) ihre Völker ab August für die kalte Jahreszeit auffüttern und eine intensive Nahrungssuche ausserhalb des Stocks gar nicht mehr nötig wäre. Eine Untersuchung des Zentrums für Bienenforschung habe allerdings keine negativen Effekte blühender Gründünungen im Herbst auf nahe Bienenvölker nachgewiesen, so Götti Limacher.
Was aber definitiv eine Gefahr für Insekten sein kann, sind Maschinen für die Terminierung. Für eine gute Wirkung sollen diese in der Vollblüte eingesetzt werden. Um Sechsbeiner zu schonen, empfiehlt Mathias Götti Limacher, die Arbeit auf den Morgen oder Abend oder auf einen nebligen Herbsttag zu legen, wenn kaum Insekten fliegen.

Frühzeitig bestellen

Da die Möglichkeiten und Voraussetzungen auf jedem Betrieb anders sind, sollten sich Betriebsleitende mit verschiedenen Gründüngungs-Mischungen und deren Pflege beschäftigen – und zwar frühzeitig, findet Philipp Fehlmann: «Am besten macht man sich im Winter Gedanken, wo welche Gründüngung hinkommt, und bestellt gleich das Saatgut.» So ist die Ware griffbereit, wenn plötzlich die Gerste schon im Juni reif ist und alles schnell gehen muss. Früh gesät und gut entwickelt, kann die Gründüngung auch das Sonnenlicht voll nutzen. «Das ist wie eine Solaranlage, die zu den besten Bedingungen läuft», erklärt Fehlmann. Die Gründüngung arbeitet mit Sonnenenergie für den Landwirt bzw. das Bodenleben und bildet viel Masse für Regenwürmer und Co.

Nicht auf einmal

Philipp Fehlmann war schon als Kind beim Tüfteln dabei und hat ein konservierendes System entwickelt, das auf seinem Betreib passt. Heute ist er im Vorstand von Swiss No-Till und findet es wichtig, dass Erfahrungen ausgetauscht werden. Und man müsse ja nicht alles auf einmal ändern.