Aus Anlass ihres 30- bzw. 160-Jahr Jubiläums haben die BauernZeitung und das Fachmagazin «die grüne» Jubiläumspreise an drei Betriebe verliehen, die sich in einer der drei Kategorien Nachhaltigkeit, Kommunikation oder Umstrukturierung besonders auszeichnen. Die Betriebe stellten sich im Forum der Tier&Technik in St.Gallen an Podiumsgesprächen vor.
«Es kommt manchmal anders»
Doris und Hanspeter Blaser aus Landiswil im Emmental haben den mit 10 000 Franken dotierten Preis für die Umstrukturierung ihres Kleinbetriebes gewonnen.
Sie bewirtschaften einen für die Region typischen Grünlandbetrieb mit zuerst sieben und später zwölf Hektaren Land und sehr steilem Gelände. Bis zum Jahr 2016 hielten Blasers sieben Milchkühe und mästeten die Kälber. Dank der Nebenerwerbe des Landwirts als Bus- und Lastwagenchauffeur und seiner Frau als Gärtnerin sowie mit den Direktzahlungen konnten sie ein Auskommen finden.
«Das Leben ist manchmal anders, als man sich vorstellt», erzählt Doris Blaser. Ein Unfall ihres Mannes führte dazu, dass er nicht mehr melken konnte und zwang die beiden, zu überlegen, wie sie ihren Betrieb entsprechend ausrichten könnten. Da die Weiden steil sind, entschlossen sie sich, Schafe zu halten und das Fleisch zu verkaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt hielten sie gerade einmal fünf bis sechs Schafe, heute sind es 100 Schwarzbraune Bergschafe.
Es kam noch eine neue Idee hinzu. An einem Kurs für Gärtner(innen) lernte Doris Blaser einen Dünger aus Schafwolle kennen. Ihr gefiel der umweltfreundliche Dünger, der aber aus dem Ausland importiert wurde. «Könnten wir den eigentlich nicht auch selbst herstellen?», überlegte sie sich gemeinsam mit ihrem Mann.
Zwischenzeitlich nahe am Aufgeben
Die Idee liess die beiden offensichtlich nicht mehr los und sie bestellten eine Pelletier-Maschine aus Deutschland. Diese presste zwar aus Sägemehl Pellets, aber Pellets aus Schafwolle herzustellen, war dann doch etwas anderes, wie Blasers bald einmal feststellen mussten. Die grobe Wolle verstopfte immer wieder die Löcher der Maschine. Zum Glück half der technikaffine Bruder von Hanspeter Blaser, die Maschine und den ganzen Prozess anzupassen. Vor dem Pelletieren musste die Wolle fein geschnitten werden.
«An manchen Abenden, wenn wir bis Mitternacht an der Maschine tüftelten, waren wir daran, aufzugeben», erzählt Hanspeter Blaser. Es dauerte Monate, bis es so weit war, dass sie die ersten Säcke voll Schafschurwürfel abfüllen konnten. Nun galt es, einen Absatz für die Pellets zu finden.
Die in der Nähe des Hofes gelegene EM Schweiz AG war bereit, sie zusammen mit ihren Mikroorganismen-Produkten zu vermarkten. Auch bieten Blasers die «Schafwürfeli» in ihrem Hofladen an. Die kleinen Pellets sind ein guter Stickstoff-Dünger. «Wir verkaufen ihn in Säcken à 1,5 kg und empfehlen, etwa 3 kg Schafwürfeli mit 100 kg Erde zu vermischen», erklärt Doris Blaser. Die Würfel geben die Nährstoffe langsam ab und haben den Vorteil, dass sie Wasser binden und somit den Boden länger feucht halten. Inzwischen hätten sich die Würfel in der Region etabliert, erzählen die beiden.
Willensstärke ausgezeichnet
«Warum habt ihr den Betrieb unter vielen anderen Bewerbern für den Preis ausgewählt?», fragte Simone Barth, Chefredaktorin der BauernZeitung und Moderatorin des Podiumsgesprächs, die beiden Jurymitglieder Andreas Stalder und Urs Brändli, die Präsidenten von IP Suisse bzw. Bio Suisse. Stalder habe vor allem der Mut und die Willensstärke der beiden Betriebsleitenden beeindruckt. «Sie liessen sich durch den Unfall nicht unterkriegen. Sie jammern nicht, sondern sie haben mit viel Ausdauer nach einer Alternative für die Milchviehhaltung gesucht», sagte Stalder.
«Für mich ist der Betrieb ein Paradebeispiel dafür, dass nicht die Grösse entscheidend ist», gab Brändli zu Protokoll. «Der direkte Absatzkanal ist seine Stärke.» Der Betrieb sei nicht darauf angewiesen, unter einem Label zu wirtschaften. «Er ist selbst die Marke», fügte Brändli noch an.
Blasers sind froh darüber, dass sie ausser ihrem Partner, der EM Schweiz AG, keinen Zwischenhändler brauchen, denn so bleibt die Wertschöpfung fast ganz beim Betrieb.
«Die Grösse genügt uns»
«Man kann auch in der Schweiz mit Schafen Geld verdienen, wenn man es professionell macht», sagte Hanspeter Blaser. Der Betrieb müsse dafür offensichtlich nicht einmal gross sein.
Blasers streben keine industrielle Produktion an, um Grossverteiler beliefern zu können. «Die bestehende Grösse genügt uns», betonte Hanspeter Blaser. Doch etwas mehr Schafwürfeli würden sie gerne verkaufen, etwa 20 % mehr.
Inzwischen verarbeiten Blasers nicht nur die Wolle ihrer Schafe, sondern kaufen sogar Wolle zu, wobei es nicht auf die Farbe und die Sauberkeit der Wolle ankommt. Es ist ihnen gelungen, einem Naturprodukt, das in Nachbarländern vernichtet wird, wieder einen Wert zu geben.
«Sollte die Agrarpolitik solche kleinen Betriebe denn nicht vermehrt unterstützen?», fragt die Moderatorin Simone Barth die Vertreter von IP-Suisse und Bio Suisse. Andreas Stalder sprach sich für einen Grund- oder Sockelbeitrag für jeden Betrieb aus. Urs Brändli äusserte das ähnlich, betonte aber, dass er vor allem auf die freie Marktwirtschaft setze. «Je weniger die Politik eingreift, desto erfolgreicher sind wir am Markt», ist die Strategie des Bio-Suisse-Präsidenten.
