«Ein grosses Problem ist, dass oft Flächen für einen BFF-Typ gewählt werden, die sich gar nicht dazu eignen», sagt Judith Ladner, Verantwortliche für Biodiversitätsbeiträge beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Der häufigste BFF-Typ ist die extensive Wiese. Doch genau auf dieser ist es sehr schwierig, die erwünschte Diversität zu erreichen. Nur die Vorgaben des BLW zu befolgen, reicht dazu nicht.
Schwierige Flächenwahl
Wenn eine Fläche, die früher gedüngt wurde, plötzlich zur extensiven Wiese umgewandelt wird, sind trotzdem noch viele Nährstoffe im Boden. «Stickstoff beispielsweise bindet stark an Bodenpartikel und wird noch Jahrzehnte nach der letzten Düngergabe freigesetzt», erklärt Barbara Stäheli, Beraterin für Bio-diversität am Strickhof. Ein nährstoffarmer Boden wäre aber Voraussetzung, damit die Zeigerpflanzen einer extensiven Wiese wachsen könnten. Zudem fehlen die Samen dieser Pflanzen. Nur wenn bereits eine Fläche in der Nähe ist, auf der die Zeigerpflanzen für eine Magerwiese vorhanden sind, können sich diese ausbreiten.
Saatgutmischungen wachsen schlecht auf schattigen Parzellen
Eine Möglichkeit ist, zu warten bis der Boden abmagert und die Pflanzen die Flächen selbst wieder besiedeln. Grundsätzlich wäre es in diesem Fall besser, einen anderen BFF-Typ zu wählen, etwa eine wenig intensive Wiese. Mit kleinen Düngergaben könnte eine grössere Diversität erreicht werden. «Zudem wurden oft Flächen als BFF gewählt, die aufwendig zu bewirtschaften sind und tiefe Erträge liefern», so Stäheli. Eine Blumenwiese würde genauso wie eine Fettwiese an einem sonnigen Südhang am besten gedeihen; laut dem kantonalen Amt für Landwirtschaft und Natur Bern (Lanat) sind vorhandene Saatgutmischungen auf solche Flächen ausgerichtet, nicht auf schattige Parzellen.
Ein anderes Problem ist, dass gewisse BFF-Typen zu selten ausgewählt werden. Beispielsweise gibt es wenig Biodiversitätsförderung auf Ackerflächen. Der Ertrag sei wichtiger als die Biodiversität, so das BLW. «Ertrag zu erzielen und gleichzeitig die Biodiversität zu fördern, muss aber kein Widerspruch sein», sagt Stäheli.
AP 22+ und Biodiversität
Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) versucht mit der Agrar-
politik 22+, die Effizienz der Biodiversitätsbeiträge (BDB) zu verbessern.
Vor einem Jahr schlug das BLW in der Vernehmlassung zur AP 22+ grund-
legende Änderungen im Bereich Biodiversität und Vernetzung vor.
Unter anderem sollten Betriebe wählen können, ob sie weiterhin auf Basis der heutigen Qualitätsstufen I und II die Biodiversität fördern wollten oder ob sie ein Biodiversitätsförderkonzept für den ganzen Betrieb erstellen wollen. Vernetzungsbeiträge, wie es sie heute gibt, wären ganz abgeschafft worden. Anstelle dieser Beiträge wäre das Konzept der standortangepassten Landwirtschaft in Kraft getreten. Die Kantone hätten mehr Handlungsspielraum erhalten, um auf regionale Besonderheiten einzugehen. Regionale landwirtschaftliche Strategien sollten entwickelt werden, in denen Biodiversitätsförderung, Landschaftsqualität und nachhaltige Ressourcennutzung aufeinander abgestimmt gewesen wären.
In der Vernehmlassung hatten es die Vorschläge aber schwer: Kantone, Parteien, Dachverbände, Unternehmen, Organisationen und Interessensgruppen lehnten sie rundweg ab. Die Neuerungen seien zu kompliziert und das bestehende System besser, war der Tenor. Auch im BLW ist man der Meinung, dass die BDB grundsätzlich gerechtfertigt sind. "Es ist feststellbar, dass die Artenvielfalt auf Biodiversitätsförderflächen eindeutig grösser ist, als auf intensiv genutztem Land", so Judith Ladner, Verantwortliche für Biodiversitätsbeiträge beim BLW. Das BLW erarbeitet nun in Arbeitsgruppen ein neues Konzept, das in der AP 22+ in Kraft treten wird. Wirkungsverbesserung und Vereinfachung des bestehenden Systems stehen im Vordergrund. Zudem sind fünf Pilotprojekte für eine standortangepasste Landwirtschaft geplant.
Für die Weiterentwicklung der BDB wurden fünf Massnahmenpakete geschnürt:
- Ackerbau: mehr BFF im Ackerbau
- Grünland: z. B. insektenschonende Bewirtschaftung
- Biodiversitätsfördernde Strukturen: mehr Strukturen für die Förderung der Fauna
- Zusatzbeiträge besondere Biodiversitätsleistungen: z. B. bei hohem Anteil an wertvollen BFF
- Vereinfachungen: z. B. Vereinheitlichung der Strukturanteile
Mehr zum Thema finden Sie im Artikel "AP 22+ : Neue Anreize zur Erreichung der Umweltziele".
Beratung ist zentral
Die Lösungsvorschläge sind divers. Einig sind sich Fachpersonen im Bezug auf die Beratung. Sie sollte verstärkt und kostenlos angeboten werden. So würde es den Landwirten leichter fallen, die Ziele zu erreichen. «Für eine QII-Fläche bräuchte es oft nur einen kleinen zusätzlichen Aufwand», sagt Stäheli.
«Auch die Forschung ist gefordert», findet das Lanat. Es müssten zusätzliche Saatgutmischungen entwickelt werden, die sich für weitere Standorte eignen; und diese sollten günstiger sein.
Keine Zielkonflikte mehr
Laut dem Lanat braucht eine korrekte Pflege von Hecken und Strukturen wie Sträucher Steinhaufen viel Zeit, ist aber notwendig, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Wenn ein Landwirt diesen zusätzlichen Aufwand nicht betreiben will, wäre eine erzwungene Beratung nicht sinnvoll. Erfolgversprechender wäre es, die Beiträge für QII-Flächen zu erhöhen, denkt Barbara Stäheli. So könnten interessierte Landwirte noch mehr motiviert werden.
Judith Ladner ist überzeugt: «Die Landwirtschaft kann positiv auf die Biodiversität wirken.» In der neuen AP 22+ sollen Biodiversitätsförderung und Produktion von Nahrungsmitteln kein Widerspruch mehr sein.
Zahlen zu den BFF
3800 Franken Biodiversitätsbeiträge erhalten Landwirte pro Jahr für eine Hektare Buntbrache.
450 bis 1800 Fr. gibt es pro ha extensive QI-Wiese, je nach Zone.
1100 bis 1920 Fr. gibt es für extensive QII-Wiesen.
680 bis 1440 Fr. gibt es pro ha QI-Streufläche.
1770 bis 2060 Fr. gibt es pro ha QII-Streufläche.
1000 bis 1200 Fr. gibt es pro ha wenig intensive QII-Wiese pro Jahr.
450 Fr. gibt es pro ha wenig intensive QI-Wiese.
1000 Fr. pro ha gibt es zusätzlich, wenn die Fläche zu einem Vernetzungsprojekt gehört.
16 BFF-Typen gibt es.
7% Biodiversitätsförderfläche pro Betrieb sind nötig um den ökologischen Leistungsnachweis zu erfüllen.