Das Eierjahr 2019 war in mehrerlei Hinsicht ein Rekordjahr: höhere Produktion, stärkere Nachfrage, weiter wachsender Bioanteil. Und dies zu insgesamt höheren Eierpreisen für die Produzenten.» So beginnt die kürzlich publizierte Medienmitteilung des Bundesamts für Landwirtschaft.
Ein Verdienst von Produzenten und Konsumenten
Dass die Produktion von Schweizer Eiern seit 2004 kontinuierlich gesteigert werden konnte, ist ein Verdienst von Produzentinnen und Konsumenten. Ein Verdienst der Produzenten, weil Schweizer Legehennen weltweit höchste Tierwohl-Standards geniessen. Ein Verdienst der Konsumentinnen, weil sie bereit sind, einen Teil der Mehrkosten für diese hohen Standards zu bezahlen. Wichtig für die Entwicklung war auch, dass die Ei-Vermarkter die Produktion umsichtig planen und dass der Bund mithilft, saisonale überschüssige Konsumeier zu verbilligen oder als Eiprodukte in einem anderen Marktsegment zu verkaufen.
Die hohen Tierwohl-Standards bedeuten auch, dass die Eierproduktion anspruchsvoll ist. Nicht umsonst wird die Ausbildung zur Geflügelfachfrau, zum Geflügelfachmann angeboten. Nebst einem Flair für die vergleichsweise kleinen Nutztiere ist auch ein Faible für Technik notwendig. Die spezialisierte Technik hat auch zur Folge, dass beträchtliche Investitionen notwendig sind, um in die professionelle Eierproduktion einzusteigen. Und wenn gemäss Statistik die Produzentenpreise letztes Jahr gestiegen sind, bedeutet das nicht zwingend einen höheren Lohn für die geleistete Arbeit. In der Regel entwickeln sich die Produzentenpreise entsprechend den Kosten für Futter, Junghennen, usw.
Risiko eines Überangebots steigt
Mit der höheren Produktion steigt auch das Risiko eines Überangebots. Die besondere Herausforderung im Eiermarkt ist, dass die Nachfrage vor Ostern und Weihnachten hoch, im Sommer eher flau ist. Der Detailhandel wünscht, die Spitzennachfrage möglichst mit Schweizer Eiern abzudecken, die Hennen jedoch legen unabhängig davon jeden Tag ihr Ei. Die Mehrmenge vor Ostern und Weihnachten ist somit begrenzt, ebenso wie die Drosselung der Menge während des Sommers. Eine weitere Herausforderung ist, dass die Legehennen nach ihrer Höchstleistung ein würdiges Ende finden und geschlachtet und gegessen werden. Gallosuisse engagiert sich vielfältig dafür.
In den letzten Jahren ist es gelungen, die Produktion im Inland im Gleichschritt mit der wachsenden Nachfrage zu steigern. In den letzten zwei Jahren mehren sich jedoch aus Sicht der Produzenten die Anzeichen, dass die Steigerung nicht beliebig fortgesetzt werden kann. Ausserdem brachte der Entscheid eines grossen Detailhändlers, nur noch Eier aus Freilandhaltung zu verkaufen, Unruhe in den Markt – und die Folgen der Corona-Pandemie können noch nicht abgeschätzt werden.
Trinkwasser-Initiative würde Branche massiv treffen
Und dann steht noch die Forderung der Trinkwasser-Initiative im Raum, dass «ein Tierbestand, der mit dem auf dem Betrieb produzierten Futter ernährt werden kann», eine Bedingung für Direktzahlungen ist. Ein Ja zur Initiative würde die Schweizer Eierproduktion massiv treffen.
Das Rekordjahr 2019 ist Grund zur Freude, aber nicht zur Euphorie. In den kommenden Monaten hat die Branche grosse Herausforderungen zu meistern, wenn sich die Schweizer Eierproduktion weiterhin positiv entwickeln soll.