Über 180 Bäuerinnen und Bauern haben an der Online-Umfrage zum Sorgenbarometer der BauernZeitung teilgenommen. Das Ehepaar Hans und Ruth Gurtner hat den Fragebogen gemeinsam ausgefüllt. In Götighofen TG bewirtschaften sie einen 24 Hektaren grossen Betrieb, halten 46 Milchkühe und zwei Hektaren Weinreben.
Gurtners fünf grösste Sorgen decken sich mit denen der meisten Teilnehmenden am Sorgenbarometer. Sie erzählen, warum sie um das Bild der Gesellschaft von der Landwirtschaft besorgt sind, in welchen Situationen sie psychisch gefordert sind und weshalb ihnen die Forderungen von Umweltverbänden Bauchschmerzen bereiten.
Das Bild der Gesellschaft von der Landwirtschaft: «Die Leute wissen nicht mehr, woher das Essen kommt», sagt Hans Gurtner. Gleichzeitig müsse man sich jederzeit vor Anfeindungen fürchten. «Letztes Jahr waren wir den ganzen Tag in den Reben, die Kühe auf der Weide. Im Trog war nur noch wenig Wasser. Ich war gerade dabei, den Wassertank zu füllen, als eine Wandererin mich entsetzt zurechtwies, dass die Kühe bald verdursten würden», erzählt Gurtner. Die Frau habe bereits ein Foto geschossen und wollte es in den Sozialen Medien verbreiten. «Das gibt schon zu denken», sagt Ruth Gurtner.
Die fehlende Wertschätzung und ständigen Anschuldigungen, sie nagen am Selbstwertgefühl. Fährt Gurtner mit der Spritze in seine Reben, seien vorwurfsvolle Blicke oder dumme Sprüche keine Seltenheit. «Ich spritze auch nicht gerne. Aber ich versuche, die Pflanzen zu schützen, um Lebensmittel zu produzieren. Das ist mein Job.»
Trinkwasser- und Pestizidverbots-Initiative: «Wie wollen wir die wachsende Schweizer Bevölkerung ernähren, wenn wir unsere Produkte nicht mehr ausreichend schützen können?», fragt Gurtner besorgt. Die produzierende Landwirtschaft werde immer weiter abgestraft. Lebensmittel werden ein knappes Gut. «Weltweit steigen die Nahrungsmittelpreise», analysiert er. Sie wollen nicht das ganze Leben für billige Lebensmittel arbeiten, um in der Pension kaum etwas auf dem Teller liegen zu haben. Aber auch die Tatsache, dass das Stimmvolk an der Urne über seine Arbeitsweise direkt mitbestimmen könne, sei eine unangenehme Vorstellung. «Seit das Direktzahlungssystem eingeführt wurde, haben die Leute das Gefühl, wir seien ihre Angestellten.» Sie sind sich sicher, dass künftige radikale Agrar-Initiativen die Landwirtschaftspolitik in Zukunft massgeblich beeinflussen werden.
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Psychische und körperliche Gesundheit: «Ich habe oft Mühe beim Einschlafen. Gerade wenn wieder ein Brief eines Amtes auf dem Tisch liegt, kreisen bei mir die Gedanken», sagt Hans Gurtner. Am schlimmsten sei es vor Hofkontrollen. «Aber ich habe sowieso etwas Prüfungsbammel.» Was lässt das Ehepaar positiv in die Zukunft blicken? «Die baldige Pension. Sonst wenig», sagen beide. «Klar. Wir lieben das Bauern-leben. Aber der Druck von allen Seiten ist manchmal nur schwer erträglich.»
Administrativer Aufwand und Bürokratie: «Von Planungssicherheit kann nicht mehr die Rede sein.» Zu schnell ändern die Vorschriften und Bestimmungen. Was heute gelte, könne sich morgen schon wieder ändern. «Bund und Kanton sind in dieser Angelegenheit unzuverlässige Partner.» Die Übersicht über alle Auflagen zu wahren und gleichzeitig einen Hof erfolgreich zu bewirtschaften, bringe sie manchmal an den Rand ihrer Belastungsgrenze. Einen Ange-stellten zu haben, liege finanziell nicht drin. «Es heisst seit Jahren, die Bürokratie werde vereinfacht. Wir finden, es wird ständig komplizierter.»
Forderungen von Umweltorganisationen: In diesem Punkt denken Gurtners vorwiegend an die Klimajugend. «Wir fragen uns schon, woher sie sich das Recht nehmen, alles zu kritisieren, ohne genau zu wissen, worüber sie eigentlich sprechen», sagen Gurtners. «Vor allem präsentieren sie keine Lösungsansätze», ärgert sich Ruth Gurtner.
Die ganze Auswertung des landwirtschaftlichen Sorgenbaromenters der BauernZeitung finden Sie hier.