181 Bäuerinnen und Bauern haben die Online-Umfrage «Sorgenbarometer Landwirtschaft» ausgefüllt. Am häufigsten Bauchweh bereitet ihnen ihr Image in der Gesellschaft. Am zweitmeisten genannt wurden die Pflanzenschutz-Initiativen und am drittmeisten die körperliche und psychische Gesundheit. 131 Männer und 49 Frauen nahmen teil, ungefähr 40 Personen gelten dem Alter nach als Junglandwirt(innen). Aus dem Talgebiet stammten 94 Teilnehmende, 39 aus der voralpinen Hügelzone und 48 aus dem Berggebiet.
Dossier Sorgenbarometer Landwirtschaft
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Die Junglandwirt(innen) sind positiv und optimistisch eingestellt
«Obwohl nur zirka 40 Personen, die wir vom Alter her zu den Junglandwirt(innen) zählen, an der Umfrage mitgemacht haben, haben wir natürlich auch Sorgen, und wir teilen die genannten Sorgen. Zurzeit beschäftigen uns klar die beiden anstehenden Initiativen.
Im Grundsatz sind wir bei den Junglandwirten positiv und optimistisch eingestellt. Wir können, dürfen und wollen gar nicht anders. Wir wollen schliesslich die nächsten 25 bis 30 Jahre in diesem Beruf tätig sein und haben uns dafür teils stark verschuldet. Stehen sinnvolle Veränderungen oder Neuerungen an, sind wir bereit, diese voll mitzutragen. Was uns hingegen Mühe bereitet, ist, wenn sich aus diesen Neuerungen heraus unternehmerische Möglichkeiten für uns ergeben würden, diese dann durch irgendein anderes Gesetz verhindert werden. Das gibt ein Gefühl von «in der Sackgasse stecken».
Burnout oder Überforderung sind Thema im Gespräch in der kleinen Runde
Etwas, das uns beschäftig, ist die psychische Gesundheit. Ich bin beeindruckt über die Offenheit von Kolleginnen und Kollegen, wenn wir im kleinen Rahmen beieinander sitzen. Da sind Burnout oder Überforderung plötzlich Thema. Wie man Überlastung erkennt oder vermeidet, dazu könnte in der Ausbildung sensibilisiert werden. Noch nicht in der Grundbildung, dann ist man meist angestellt und trägt noch nicht die volle Verantwortung. Im Unterricht der Betriebsleiterschule wäre das Thema aus meiner Sicht jedoch auf der richtigen Stufe angesiedelt.»
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Die Initiativen beschäftigen die Bäuerinnen sehr
«Mich erstaunt, dass von den 181 Personen, die bei der Umfrage mitgemacht haben, nur 49 Bäuerinnen dabei waren. Erfahrungsgemäss äussern sich Frauen eher zu sozialen Themen als Männer.
Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass die Trinkwasser- und die Pestizidverbots-Initiative die Frauen stark beschäftigen. Das ist mitunter ein Grund, weshalb der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) eine eigene Kampagne für ein zwei-faches Nein lanciert hat. Wir haben einen Flyer mit Gegenargumenten aus Bäuerinnensicht herausgegeben. Im Zusammenhang mit den Initiativen nehme ich in den Sozialen Medien einen immer gehässigeren Ton wahr. Wir müssen schauen, dass wir dabei den Blick fürs Positive am Beruf nicht verlieren. Ich finde wichtig, dass wir mit der Bevölkerung einen guten Dialog pflegen und ihr die Fortschritte der Landwirtschaft aufzeigen.
Einheit aus Hof und Familie
Dass Bäuerinnen und Bauern identische Sorgen haben, hat wahrscheinlich damit zu tun, dass auf einem Bauernhof Arbeitsort und Familie eine Einheit bilden. Was den Betrieb angeht, tangiert auch die Familie. Weibliche Sorgen, wie die soziale Absicherung, treten durch die aktuellen Probleme vielleicht gerade etwas in den Hintergrund oder standen in der Umfrage nicht zur Auswahl. Ausserdem wurde in der Vergangenheit viel darüber gesprochen und positive Veränderungen der Situation zeichnen sich ab.»
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Gabi Schürch ist Vizepräsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands und leitet die Kommission Familien- und Sozialpolitik. (Bild Gabi Schürch)
Die Umfrageresultate decken sich mit den Beobachtungen des Bäuerlichen Sorgentelefons
«Wir haben das Sorgenbarometer letzte Woche intensiv am Teamtag des Bäuerlichen Sorgentelefons besprochen. Fazit: Die Umfrageresultate decken sich mit unseren Beobachtungen.
Interessanterweise ergänzen sich die Aussagen des Sorgenbarometers mit den Erkenntnissen einer Masterarbeit von Eva Hufschmid, einer Studentin aus Zürich. Frau Hufschmid untersuchte die wichtigsten Faktoren für eine hohe Arbeitszufriedenheit von Schweizer Landwirtinnen und Landwirten. Bereits an zweiter und dritter Stelle wurden in der Masterarbeit die Wertschätzung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und der landwirtschaftlichen Arbeit genannt. Das deckt sich insofern mit dem Sorgenbarometer, dass eine der Hauptsorgen «das Bild der Gesellschaft über die Landwirtschaft» ist.
Auf die Angst der Bauern vor der Kontrolle hinweisen
An fünfter Stelle der Masterarbeit ist der Punkt «nicht unter sozial belastenden Situationen leiden zu müssen» aufgeführt. An dieser Stelle sind sicher die bevorstehenden Initiativen als belastend zu erwähnen. Wie ich jedoch bereits zu Jahresende in einem Interview mit der BauernZeitung erwähnte, muss ich hier ebenfalls auf die Angst der Bauern vor der Kontrolle hinweisen. Ich fordere deshalb eine professionelle Sensibilisierungskampagne von Seiten Verbänden, Behörden und landwirtschaftlichen Medien. Aus- sowie regelmässige Weiterbildungen und Coachings für Kontrolleur(innen) gehören meiner Meinung nach ebenfalls dazu.»
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Andri Kober ist reformierter Pfarrer und Präsident des Bäuerlichen Sorgentelefons, ein Hilfsangebot für Bäuerinnen und Bauern in schwierigen Lebenssituationen. (Bild et)