Letzte Woche wurde in Frankreich ein Fall der Lumpy-Skin-Krankheit (LSD) gemeldet – nur wenige Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt, nahe Genf. Die Seuche wird wie die Blauzungenkrankheit (BTV) durch Vektoren, also etwa Stechmücken oder Fliegen, übertragen. Was bedeutet das für die Schweiz? Die BauernZeitung hat beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) nachgefragt.

Hohes Einschleppungsrisiko

LSD-Ausbruch Neue Rinderseuche in Frankreich ausgebrochen – Genf ist in Alarmbereitschaft Friday, 4. July 2025 Für die Schweiz sei das Risiko einer Einschleppung der Lumpy-Skin-Krankheit hoch, heisst es auf Anfrage beim BLV. Dank der Impfung bestehe nun aber die Chance, eine Ausbreitung möglichst zu verhindern. Wie bei der Blauzungenkrankheit sei ein vollständiger Schutz der Tiere vor Fliegen und Mücken kaum realisierbar. «Physische Barrieren sowie der gezielte Einsatz von Insektiziden und Repellentien können helfen, die Zahl der Vektoren in Stall und Umgebung zu reduzieren», so das BLV. Zusätzlich werde empfohlen, stehendes Wasser zu beseitigen, da es ein idealer Brutplatz für Mücken sei.

Dass nun innerhalb kurzer Zeit zwei vektorübertragene Tierseuchen (BTV und LSD) nahe der Schweiz auftreten, scheint kein Zufall zu sein. Das BLV verweist auf mehrere mögliche Ursachen: Neben dem internationalen Tier-, Waren- und Personenverkehr spiele auch der Klimawandel eine Rolle. Höhere Temperaturen ermöglichten das Überleben und die Fortpflanzung von Vektoren. «Zudem verlängert sich die Aktivitätszeit der Vektoren – sie sind nicht nur im Sommer aktiv, sondern auch früher und länger im Jahr», erklärt das Bundesamt.

Obligatorische Impfung in Genf

Im betroffenen Kanton Genf sei nun eine rasche Impfung geplant. Diese werde in der Überwachungszone obligatorisch sein, um eine weitere Ausbreitung der Tierseuche zu verhindern. Das BLV erklärt, dass mit dieser Massnahme ein sogenannter «Immunitätspuffer» aufgebaut werde. Dadurch seien die geimpften Tiere gegen das Virus geschützt und könnten bei einem möglichen Kontakt mit dem Erreger nicht oder nur sehr kurz infiziert werden – und ihn somit nicht weiterverbreiten. «So wird die Viruszirkulation stark reduziert, was die Ausbreitung in weitere Gebiete verhindert und letztlich den Ausbruch eindämmen kann», so das BLV.

Kostenübernahme geregelt

Da es sich nicht um eine freiwillige Impfung handle, übernimmt der Bund gemäss Tierseuchengesetz die Kosten für den Impfstoff. Die Kosten für die Verabreichung trägt der betroffene Kanton.

Eine flächendeckende, präventive Impfung aller empfänglichen Tiere gegen LSD ist derzeit nicht vorgesehen. «Aktuell ist nur die Impfung der Tiere in der Überwachungszone geplant, um einen Ausbruch möglichst zu verhindern», erklärt das BLV. Man verfolge die Lage aufmerksam und werde – in enger Zusammenarbeit mit den kantonalen Veterinärdiensten – alle notwendigen Massnahmen zum Schutz der Tiergesundheit ergreifen.

Im Gegensatz zu BTV, bei der Ziegen infiziert sein können, ohne Symptome zu zeigen, spiele dies bei LSD keine Rolle. «Das Lumpy-Skin-Disease-Virus verursacht keine Krankheit in Schafen und Ziegen. Diese Tiere sind keine Reservoirs und spielen epidemiologisch keine Rolle für die Verbreitung des Virus», stellt das BLV klar.

Angesichts der zunehmenden Ausbreitung vektorübertragener Seuchen in Europa sei künftig mit verstärkten Impfstrategien zu rechnen. «Die Erfahrungen mit LSD in Südosteuropa ab 2015 haben gezeigt, dass die Seuche nur mit strategischen Impfgürteln erfolgreich eingedämmt werden konnte», so das Bundesamt. Auch bei der BTV sei die Impfung das zentrale Mittel, um Tiere vor schwerer Erkrankung, Tierleid und wirtschaftlichen Verlusten zu schützen.

Auf die Frage nach möglichen gesundheitlichen Auswirkungen zunehmender Impfungen antwortet das BLV: «Eine Impfung löst im Organismus eine Immunantwort aus, die den Körper bei der Bekämpfung des Erregers unterstützt.» Dabei könnten auch Nebenwirkungen auftreten. Bei zugelassenen Impfstoffen sei jedoch geprüft worden, dass der Nutzen der Impfung mögliche Nebenwirkungen klar überwiege. Ein Restrisiko bleibe allerdings bestehen.

Prävention statt Entschädigung

Im Hinblick auf künftige Impfkampagnen stellt sich auch die Frage der Finanzierung. Nachdem beim BTV ein Teil der Impfkosten über eine Motion des Ständerats übernommen wird, stellt sich die Frage nach künftigen Finanzierungsmodellen.

Eine «neue» Situation

Das BLV hält fest: «Wir erleben derzeit in Europa und auch in der Schweiz eine Situation bei Tierseuchen, wie wir sie in den letzten 30 Jahren kaum gesehen haben.» Damit Tiere weiterhin ausreichend geschützt werden können und die tierische Produktion wirtschaftlich attraktiv bleibe, brauche es zusätzliche Finanzinstrumente. Diese müssten auf allen Ebenen greifen – bei Behörden, Tierärzteschaft und Tierhaltenden. Im Vordergrund stünden Prävention, Früherkennung und die rasche Tilgung von Seuchen.

«Aus wirtschaftlicher, epidemiologischer und auch tierethischer Sicht ist es besser, in Prävention zu investieren als in teure Entschädigungen nach erlittenen, möglicherweise vermeidbaren Verlusten», so das BLV. Ein weiterer Aspekt: Ein Teil der neu und wieder auftretenden Tierseuchen seien Zoonosen, also Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragbar sind. Deshalb gehe es auch darum, die menschliche Gesundheit proaktiv zu schützen.