Ein Stall mitsamt Wohnhaus brennt bis auf das Fundament nieder. Die Bauernfamilie bleibt unverletzt. 70 Rinder entkommen den Flammen rechtzeitig. 50 Tiere verlieren im Feuer das Leben. So geschehen Ende Januar in der Berner Gemeinde Cortébert. Das ganze Dorf spendet der untröstlichen Familie Geld, Essen und Hilfe. Sie hat in nur einer Nacht ihr ganzes Hab und Gut verloren.

Eine Woche nach der Brandnacht reicht die Tierrechtsorganisation Peta Strafanzeige gegen den Landwirt ein. Der Vorwurf in zwei Worten: Fahrlässige Tötung. Die Empörung ist riesig. Viele fragen sich: Fehlt Peta die Empathie?

Pelzfrei dank Peta

Um diese Frage zu beantworten, muss ich ausholen. Die «People for the Ethical Treatment of Animals», kurz Peta erlangte in den 1980ern erstmals weltweite Berühmtheit, als sie skandalöse Tierversuche publik machte. Wegen ihrer unablässigen Aktionen sind Raubtiere in Zirkusmanegen heute tabu. Fleischzulieferer von McDonald’s müssen höhere Produktionsstandards einhalten. Gucci, Versace und Konsorten verzichten auf Pelz.

Besonders für die Pelz-Kampagne waren sich Peta-Aktivisten für nichts zu schade. Sie bewarfen Pelzträger mit nicht auswaschbarer Farbe. Stürmten Modeschauen an der New York Fashion Week. Liefen nackt durch Madrid. Peta lernte die wohl mächtigste aller Kommunikationsformen zu lieben: Die Provokation.

«Das Ende jeglicher Tierhaltung»

2003 druckte Peta einen comicartigen Flyer mit dem Titel «Your Mommy kills animals». Zu Deutsch: Deine Mami tötet Tiere. Die Propaganda im Comic-Stil war an Kinder gerichtet. Sie sollen ihre Haustiere vor ihren Eltern schützen, bis diese aufhören Pelz zu tragen.

Ein paar Jahre später lässt sich Baywatch-Ikone Pamela Anderson freizügig für Peta ablichten. Ihr Köper ist mit Markierungen bedeckt, die an das Diagramm eines Schlachtviehs erinnern. Brust, Rumpf, Rippen, steht auf ihrer Haut geschrieben. Daneben der Slogan: «Alle Tiere haben die gleichen Teile. Hab ein Herz, werde Vegetarier.»

Rasch verbreiterte sich Petas Schussfeld auf alle tierischen Produkte. «Go vegan» lautet der neuste Schlachtruf. Der deutsche Peta-Aktivist Edmund Haferbeck propagiert einen strikten Veganismus und sagt im Interview mit der «taz»: «Wir wollen das Ende jeglicher Tierhaltung.»

Angstmache

Die Provokation auf Petas Werbeplakaten wird geschmacklos: Fleisch macht impotent. Milchprodukte fördern Autismus. Isst du Hühnchen während der Schwangerschaft, wird dein Kind einen kleinen Penis haben. Belege für die verstörenden Aussagen gibt es keine. Stattdessen geht die Organisation immer weiter. Muss sie auch. Nur Provokation verschafft Peta die nötige Aufmerksamkeit.

Junge Aktivisten übergiessen sich mit roter Farbe, stellen sich tot und legen sich in übergrossen Fleischverpackungen in Fussgängerzonen. Darauf ein Etikett: «Fleisch ist Mord!» Anderntags kleben sich Frauen in Berlin Trichter mit Gummischläuchen an die Brüste. Die Aktivisten halten Plakate in die Kameras. Darauf steht: «Kühe in der Milchindustrie: Versklavte Mütter.»

Im letzten Frühling forderte Peta die Schliessung aller Kleintierausstellungen in der Schweiz. Begründung: Es bestehe die Gefahr einer Übertragung von Krankheitserregern vom Tier auf den Menschen. Kurz zuvor wurde bekannt, dass das Coronavirus in Wuhan von einer Fledermaus auf den Menschen übertragen wurde. So richtig die Überlegung auch sein mag: Peta nutzte das Instrument der Angstmache in einer unsicheren Zeit, um ihre eigenen Interessen zu verbreiten.

Darum geht es Peta eigentlich

Weil jedes Bild, jeder Werbeslogan, jede Forderung irgendwann verblasst, holt Peta jetzt den Zweihänder aus dem Juristen-Schrank und verklagt medienwirksam jeden Landwirt, der bei einem Hofbrand seine Tiere verliert. Wieder greift das System Peta: Die Organisation nutzt die mediale Aufmerksamkeit eines Brandes, um zu provozieren. Ihre Botschaft: Die Tiere hätten nicht sterben müssen, gäbe es nur Veganer auf dieser Welt.

Es geht Peta gar nicht darum, den Bauern zur Rechenschaft zu ziehen. Sie missbraucht ein juristisches Mittel – die Strafanzeige – um ihre Mitteilung mit dem lautestmöglichen Radau in die Welt hinauszublasen. Völlig ungeachtet der Sorgen und Ängste, die eine Strafanzeige für den Landwirt mit sich bringt.

Die Medien, die Empörten und Enervierten, sie alle stecken in einem Dilemma. Jeder Artikel, jeder Kommentar (so auch dieser), jede Petition und jeder Facebook-Post ist Wasser auf die Mühle der Provokationsmaschinerie Peta. Auch wenn Petas Image leidet, verbreitet sich ihre Botschaft mit jedem publizierten Wort. PR auf dem Rücken der Landwirte. In diesem Fall leider auch auf dem der Bauernfamilie aus Cortébert.