«Innovative Junglandwirte – drei Betriebe stellen sich vor.» So lautete der Titel des Thurgauer Junglandwirteforums, das am 11. November 2021 in Weinfelden stattfand. Matthias Ruoss, Sara und Patrick Guarisco und Peter Zurbuchen erläuterten einem interessierten Publikum ihre Geschäftsmodelle. Die Referenten sprachen dabei auch über die Höhen und Tiefen, die sie durchlebten.

Alles digital bei Saisonbox
Die Saisonbox GmbH von Matthias Ruoss und Markus Bernhardsgrütter ist eine Online-Verkaufsplattform für regionales und saisonales Gemüse. In den letzten Jahren haben sie mit Software-Ingenieur René Bernhardsgrütter ein aus verschiedenen Apps bestehendes System für Direktvermarkter entwickelt. Seither ist bei Saisonbox alles digital: Von der Bestellung des Kunden beim Bauern, über die Kommissionierung auf dem Landwirtschaftsbetrieb bis zur Abrechnung durch die Saisonbox GmbH.
Was 2010 als Marketingkonzept begann, ist heute ein erfolgreiches Geschäftsmodell. Ruoss berichtete, dass es manche Höhen und Tiefen gab: «2019 entschieden wir, nochmals von vorne anzufangen und das ganze System Smartphone-optimiert aufzubauen.» Dafür gibt es verschiedene Apps: Für die Kunden eine Kunden-App und verschiedene Apps für die Produzenten. Saisonbox war für den diesjährigen Agropreis nominiert. Für den Sieg reichte es zwar nicht, aber Ruoss zieht dennoch eine positive Bilanz: «Die Nomination brachte uns viel Aufmerksamkeit.» Neun Betriebe, einschliesslich des Betriebs von Markus Bernhardsgrütter, machen bei Saisonbox mit.  «Wir wollen natürlich noch weiter wachsen. Ziel ist ein flächendeckendes Angebot von Saisonbox in der Schweiz», sagte Ruoss.

Ausprobieren und tüfteln

Was denn, vielleicht von aussen betrachtet, die Innovation an ihrem Betrieb respektive ihrem Geschäftsmodell sei, wollte Rahel Osterwalder, Präsidentin Kommission Frauen in der Landwirtschaft des VTL, wissen. Matthias Ruoss, der mit Markus Bernhardsgrütter und René Bernhardsgrütter das aus verschiedenen Apps bestehende System «Saison Box» entwickelt hat, sagte: «Dass bei uns von A bis Z alles digital ist. Bei Saisonbox braucht es keinen Schreiber und kein Papier mehr.»

Sara und Patrick Guarisco sehen die Innovation ihres Betriebes darin, dass sie versuchen, Grenzen zu durchbrechen. «Dass wir Dinge angehen, an die sich andere nicht heranwagen würden», erklärte Patrick Guarisco. Ein Beispiel ist das Angebot Yoga auf dem Bauernhof, das Sara am Aufbauen ist. Peter Zurbuchen, der neben seinem Landwirtschaftsbetrieb ein Unternehmen für die Rekultivierung von Böden aufbaute, meinte: «Vielleicht das Ausprobieren und das Tüfteln. Wenn ich mit einem Problem konfrontiert werde, gehe ich es sofort an.»

Zurbuchen macht Wunschböden
Peter Zurbuchen aus Lippoldswilen ist Landwirt, Landmaschinenmechaniker und leidenschaftlicher Tüftler. 2008 gründete er die Zurbuchen Bodenschutz GmbH. «Unser Tagesgeschäft besteht darin, Probleme nach Baumassnahmen, Geländeauffüllungen usw. schnell und professionell zu lösen.» Begrünungen sind ein weiteres Geschäftsfeld, in dem seine Firma tätig ist.
Geht nicht, gibt es für Zurbuchen nicht. «Es gibt keinen Boden, den man nicht reparieren könnte», hielt er fest. Sein eigener Landwirtschaftsbetrieb sei dabei seine kleine Ideenwerkstatt. «Hier kann ich viel Neues testen und ausprobieren.» So hat er beispielsweise die schweren Tonböden für den Gemüsebau erfolgreich aufgesandet. Ausserdem setzt Zurbuchen sehr stark auf die GPS-Technologie.
Das Tüfteln ist eine grosse Leidenschaft Zurbuchens. Vor zwei Jahren gründete er darum eine weitere Firma, die Maschinenpark Zurbuchen Technik AG. Seine Spezialmaschinen sind in der Schweiz, aber auch im Ausland (Österreich, Deutschland und Frankreich) im Einsatz. Viele Maschinen hat er selbst entwickelt und er baut auch Spezialmaschinen auf Kundenbestellung. Zu Spitzenzeiten arbeiten 70 Mitarbeiter für seine Unternehmen. In Zukunft würde Zurbuchen gerne wieder mehr «nur» Bauer auf seinem Landwirtschaftsbetrieb sein. 

Motivation ist wichtig

Lehrgeld mussten sie alle zahlen. Sie hätten dadurch aber dazugelernt, sagten die Referenten. Was sie im Alltag motiviere, wollte Rahel Osterwalder wissen. Für Matthias Ruoss war es die Nomination für den Agropreis 2021. «Das war eine super Plattform für uns.» Peter Zurbuchens Antwort war kurz und bündig: «Wenn es läuft.» Bei Guariscos war die Eröffnung des Hofladens das bisherige Highlight. «Unsere Motivation ist die Freude, Neues auszuprobieren», ergänzte Patrick Guarisco und gab folgenden Tipp: Nicht alles auf einmal anpacken und bei der Projektumsetzung strukturiert vorgehen.

Begegnungen bei Bio-Hofwerk
Sara und Patrick Guarisco haben den Betrieb in Wilen von Saras Eltern übernommen und sich auf die Direktvermarktung spezialisiert. Dort, wo früher der Anbindestall war, ist ein Hofladen entstanden, den sie im Februar 2021 eröffneten. Das Ehepaar hat sich auf pflanzliche Produkte spezialisiert. Das eigene Angebot wird durch den Nachbarbetrieb ergänzt, der die tierischen Produkte zum Hofladen-Sortiment beisteuert.
«Bei uns gibt es keine Zweite-Klasse-Produkte. Was wir nicht frisch verkaufen können, veredeln wir», sagte Partrick Guarisco. Landwirtschaft erleben ist für die beiden ein wichtiges Thema. Sara Guarisco erklärte: «Wir möchten die Menschen auf den Betrieb holen und ihnen die Landwirtschaft näher bringen.» Schule auf dem Bauernhof ist ein Thema, aber auch Yogastunden auf dem Bauernhof. 
Das langfristige Ziel der beiden ist, unabhängig vom Grosshandel zu sein. Weil ihr Betrieb abgelegen ist, überlegen sie sich, in zentraler Lage in Frauenfeld einen zweiten Laden zu eröffnen, «allenfalls mit anderen Betrieben», so Sara. Ihre Vision wäre zudem ein Permakultur-Garten, wo die Kund(innen) ihren Einkauf selbst ernten können. «Unser Betrieb soll nebst der bestehenden Landwirtschaft auch ein Ort der Begegnungen und der Erlebnisse sein», hielt sie fest.