Hecken sind nicht nur landschaftsprägend. Sie sind auch Lebensraum zahlreicher Pflanzen, Tiere, Insekten und Pilze. Sie müssen gepflegt werden, sonst verganden sie, werden artenarm und verlieren an Biodiversität. Der Parc Ela und der Bauernverein Albula hatten am 22. Oktober in Mon über dem Albulatal den Kurs Hecken- und Waldrandpflege angeboten. Neun Landwirte fanden sich am Morgen in Mon ein, wo sie Christian Malär, pensionierter Förster aus Trin und leidenschaftlicher Heckenpfleger, in die Geheimnisse der Hecken einweihte. So war zu erfahren, dass in Hecken rund 7000 Tierarten, 1000 Pflanzenarten und in Graubünden 270 verschiedene Vogelarten entdeckt wurden. Hecken verbinden oft verschiedene Standorte wie Wald, Wiesen, Bäche und Weiden miteinander. Sie gewährleisten so, dass sich Tiere immer im Schutze der Hecken bewegen können.
Es braucht Pufferstreifen
Jede Hecke sollte einen Pufferstreifen als Übergang zur bewirtschafteten Wiese aufweisen, erläuterte Christian Malär. Er begründete dies damit, dass in früheren Jahren die Arbeit beim Heuen viel langsamer vonstattenging. Für die Lebewesen sei es damals gut möglich gewesen, sich zurückzuziehen. Doch mit der Schlagkraft der heutigen Maschinen hätten diese Lebewesen kaum mehr die Möglichkeit, zu fliehen. Weiter war in Mon zu erfahren:
- Reine Steinhaufen sollten nicht zugedeckt werden. Denn diese sind Lebensraum vieler Reptilien.
- Geschnittene Sträucher, Bäume oder Geäst sollte gezielt deponiert oder gar abgeführt werden.
- Geschnittenes Holz darf nicht einfach in die Hecken geworfen oder gehäckselt wieder ins Gebüsch geblasen werden.
- Hecken sollten von November bis März gepflegt werden. Denn in dieser Zeit brüten keine Vögel. Reptilien, Amphibien und Insekten werden während dieser Monate am wenigsten gestört.
- Verschiedene Gesetze sorgen heute dafür, dass Hecken nicht einfach entfernt werden dürfen und dass sie gepflegt werden müssen.
- Für die Heckenpflege gilt es den Amtsweg einzuhalten.
Wie Marco Lanfranchi vom Bündner Amt für Natur und Umwelt darlegte, dürfen Hecken nicht mit Abfallgut gedüngt werden, denn sie sind mager. Daher verfügten sie über eine hohe Biodiversität. Geschützte Hecken werden heute unter anderem auch in den Ortsplanungen festgehalten. Nach einem Vormittag mit viel Theorie ging es am Nachmittag ins Feld zu den Hecken. Hier zeigte Christian Malär zuerst verschiedene Beispiele einer schlechten Heckenpflege. Danach ging es an die praktische Arbeit.
Wiesenweg freilegen
Ein Landwirt hatte den Organisatoren des Kurses eine Hecke für die Pflege zur Verfügung gestellt. Das Ziel des Landwirts bestand darin, den Wiesenweg zu seiner Heuwiese wieder mit dem Transporter befahren und die ganze Wiese wieder mit dem Motormäher mähen zu können. Dementsprechend wurden im Verlaufe des Kurses jene Bäume und Sträucher bestimmt, welche stehen gelassen werden sollten. Weichen sollten schnell wachsende Haselstauden oder Eschen. Totholz oder langsam wachsende Bäume und Sträucher wurden stehen gelassen. Nach diesen Festlegungen wurde mit dem Fällen und Ausschneiden begonnen. Viele fleissige Hände räumten das Schnittgut auf einen schnell wachsenden Haufen.
Markante Begrenzung
Gerne hätte es Marco Lanfranchi gesehen, wenn das Holz auch als Brennholz verwendet und die Äste gebündelt worden wären. Doch das war in diesem Kurs auch aus Zeitgründen nicht möglich. Christian Malär verriet, dass er am Anfang und Ende einer Hecke gerne einen markanten Baum sehe. So wisse man, wo die Hecke beginnt und wo sie endet. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Hecken als Folge der Bewirtschaftung der Landschaft entstanden.
Hecken wurden genutzt
Dort, wo der Boden gut bearbeitet werden konnte, wurde er gedüngt und intensiver bewirtschaftet. Beim Bestellen von Äckern wurden Steine zusammengelesen. Sie mussten irgendwo deponiert werden. Damit dabei möglichst wenig guter Boden verloren ging, wurden sie dort gelagert, wo der Boden schlechter bewirtschaftet werden konnte und die Erträge kleiner waren. Auf diesen Steinen wuchsen Sträucher, Gebüsche, Bäume. Tiere fanden hier Nahrung, Verstecke und Unterschlupf. Da man früher möglichst alles verwertete, wurden die auf diese Weise entstandenen Hecken genutzt. Man fällte gelegentlich Bäume und gewann so Brennholz. Die Sträucher trugen im Herbst Beeren. Auch diese wurden gesammelt und verwertet. Die Vielfalt der Hecken war gross und man profitierte davon.
Wert erst spät erkannt
Doch mit der Modernisierung der Landwirtschaft und der Umstellung von Holz- auf Ölheizung waren die Hecken plötzlich nicht mehr gefragt. Sie störten bei der Bewirtschaftung. Sie wurden entfernt, ausgeebnet, nicht mehr gepflegt und verwilderten. Gab es früher überall Hecken, verschwanden sie mit der Zeit. Die Landschaften wurden ausgeräumt. Mit dem Fehlen der Hecken verschwanden aber auch viele Lebewesen und Pflanzen. Dessen wurde man sich nur allmählich bewusst. Man merkte erst spät, wie wichtig diese «nutzlosen» Hecken in der Landschaft waren. Landwirte wurden in der Folge aufgefordert, die Hecken stehen zu lassen, sie wieder zu pflegen. Hecken wurden registriert, kartiert, eingeteilt und in Konzepte aufgenommen. Man bestimmte die verschiedenen Arten von Hecken, wo sie stehen sollten und wie man sie fachgerecht pflegen müsste.
Wissen ist gefragt
Je nachdem, was man fördern möchte, werden Hecken anders gepflegt. Es wird versucht, den Lebewesen wieder Lebensraum zu geben, die Hecken zu vernetzen, damit grossräumiger Austausch unter ihnen stattfinden kann. Bewirtschafter, die Hecken fachgerecht pflegen, werden finanziell unterstützt. Denn Heckenpflege erfordert Wissen und verursacht Arbeit – Ertrag gibt es keinen. Da Heckenpflege jedoch ein Dienst an der Allgemeinheit ist und die Biodiversität fördert, erhalten die Landwirte für ihre geleistete Arbeit eine staatliche Entschädigung.