Fiona war zehnjährig, als das Schicksal zuschlug. Die überaus talentierte Schülerin und Geigenspielerin besuchte den Musikunterricht. Plötzlich, während des Musikunterrichts, erkannte Fiona ihre Lehrperson nicht mehr. Sofort war klar, dass irgendetwas nicht stimmte. Der Hausarzt kam zum Schluss, dass das grosse Kopfweh und das diffuse Krankheitsbild auf einen starken Migräneanfall hindeuten könnten. Er bat Petra Länzlinger, die Mutter, sofort mit Fiona ins Kinderspital St. Gallen zu fahren.

Schlimme Nachrichten vom Arzt

Für Petra Länzlinger, Pflegefachfrau, Bäuerin und Mutter von sechs Kindern, damals zwischen 17 und zwei Jahre alt, war klar, dass ein Notfall vorlag. Sie liess alles stehen und liegen und fuhr mit Fiona nach St. Gallen. Das war am Dienstag.

In St. Gallen war nicht klar, was genau das Problem war. Zwei Tage später ging es Fiona plötzlich sehr schlecht und ein MRI zeigte, dass sie einen Hirnschlag erlitten hatte. «Bitte erschrecken Sie nicht, wir haben sehr schlechte Nachrichten», sagte der Arzt. Er befürchte, dass die inzwischen ins Komma gefallene Fiona das Wochenende nicht überlebe. «Wenn überhaupt, kann hier nur noch eine sehr hoch dosierte Cortison-Therapie, die viele Nebenwirkungen aufweist, helfen.» Petra Länzlinger sagte zu, die Behandlung unverzüglich zu starten.

Nichts mehr so, wie vorher

Nach der Diagnose konnten verschiedene Kleinigkeiten anders eingeordnet werden: Als der Vater am Dienstagmittag Fiona bat, ihm die Suppenkelle zu bringen, erschien sie mit dem Brotmesser. Oder als die Mutter im Auto mit Fiona sprach, waren ihre Antworten nicht unbedingt passend. Auch das grosse Kopfweh konnte nun zugeordnet werden.

Für Länzlingers brach eine harte Zeit an: Wird Fiona wieder aufwachen und überleben – und welche Schäden wird sie davontragen? Dies waren die Fragen, die im Zentrum standen. Um es vorwegzunehmen: Fiona und Länzlingers sind Kämpfer! Fiona kämpfte sich ins Leben zurück. Sie sagt heute: «Als ich erwachte, dachte ich, dass ich noch ein wenig im Spital bleiben müsse, aber dann kommt alles wieder gut.» Bald habe sie aber gemerkt, dass da einiges fehle.

Fionas Kampf zurück ins Leben

Die heute 13-jährige Fiona erinnert sich gern an die vier Wochen im Kinderspital St. Gallen zurück. «Alle waren total nett, und ich durfte immer wünschen, was ich essen wollte.» Petra und Sepp Länzlinger waren sehr glücklich, als sie Gewissheit hatten, dass Tochter Fiona überlebt. Als Fachfrau wusste die Mutter, dass mit Folgeschäden gerechnet werden musste. Nur: Wie würden diese aussehen? Wie viel Lebensqualität würde Fiona nach der Rehabilitation in der Schweizer Kinder-Reha in Affoltern am Albis ZH erwarten dürfen?

«Wir sind dankbar, dass sie sich zurückgekämpft hat.»

Petra Länzlinger, Bäuerin und Mutter von Fiona

Sieben Monate verbrachte Fiona in Affoltern am Albis. Hier wurde auf gemeinsame Ziele hingearbeitet. Hier fühlte sich das Mädchen wohl. «Ganz besonders gefiel mir, dass immer etwas lief. Traurig machte mich, als meine Therapien reduziert wurden, da ich überfordert sei. Das empfand ich als doof.» Etwas vom Schönsten war für Fiona, als sie in ihr Heimatdorf Mühlrüti SG fahren durfte. «Ich ‹schnupperte› in meiner Klasse, um zu sehen, ob ich wieder hier zur Schule gehen könnte.» Die Antwort war ein deutliches Ja. Das war für die ganze Familie eine Freudenbotschaft!

Sekundarschule als Versuch

Wer jetzt denkt, dass nun alle Schwierigkeiten vorüber waren, irrt. Petra Länzlinger erzählt: «Für uns war es manchmal schwierig, wenn Fiona nicht so reagierte, wie die Allgemeinheit das erwartete. Man sah nicht, dass Fiona gesundheitliche Probleme hat – da entstanden manchmal Situationen, die für uns, und auch für unsere Tochter, nicht einfach waren. Wir spürten immer wieder scheele Blicke im Rücken.»

Fiona erzählt, dass sie eine echte «beste Freundin» hat. Es sei für sie immer etwas vom Schönsten gewesen, wenn die Freundin sie im Kinderspital oder in der Reha besucht habe. «Das war so wichtig für mich! Sie tritt auch immer für mich ein, steht zu mir. – Ich bin so froh, dass es Livia gibt.» Petra Länzlinger erzählt, dass Fiona ihre Reaktionen auswärts nun meist gut kontrollieren könne – zu Hause sei es etwas schwieriger. «Aber eigentlich darf sie ja bei uns sein, wie es ihr in Herz und Kopf zumute ist. Klar, für die Geschwister ist es manchmal schwierig zu verstehen, wenn Fiona innert sehr kurzer Zeit ‹von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt› alle Phasen durchmacht.» Dann und wann liege es dann an Mama, ihnen die Situation zu erläutern.

Zufrieden mit dem Leben und Pläne für die Zukunft

Fiona sagt über ihr jetziges Leben: «Es ist cool, und ich bin glücklich, in der Sekundarschule tolle Kolleginnen gefunden zu haben. Was mich betrübt, ist, dass meine Schulleistungen noch nicht dort sind, wo ich sie gerne hätte. Früher war ich eine sehr gute Schülerin – und jetzt muss ich hoffen, dass ich in der Sek bleiben kann. Das macht mich manchmal sehr traurig.»

«Es ist cool, und ich bin glücklich.»

Fiona über ihr jetziges Leben. Vor drei Jahren erlitt die 13-Jährige einen Hirnschlag.

Welche Wünsche an die Zukunft haben Länzlingers? Eigentlich nur einen: «Wir hoffen, dass Fiona ein glückliches Leben mit grösstmöglicher Lebensqualität führen darf. Wir sind so dankbar, dass sie sich mit riesig viel Energie und Kraft ins Leben zurückgekämpft hat.» Und Fiona bringt es auf den Punkt: «Ich möchte nach der Schule eine Lehre machen können, so dass ich immer gerne arbeiten gehe.»