Wer Shrimps hört, denkt dabei kaum an die Schweiz und schon gar nicht an den Aargau. Dabei kommen von hier ausserordentliche Exemplare dieser Krustentiere: Gourmets rühmen ihr zartes Fleisch, und die Produktionsfirma Swiss Shrimp AG gilt international als vorbildlich, was die Nachhaltigkeit betrifft. Die meisten Shrimps auf Schweizer Tellern stammen aus intensiven Farmen aus Asien, mit vielen Nebenwirkungen bezüglich Umweltbelastung und Tierwohl.
«Für die Besatzdichte bei Shrimps gibt es keine Vorschriften.»
Gemäss Geschäftsführer Rafael Waber beschränkt die Swiss Shrimp AG den Besatz in Eigenverantwortung.
Es braucht viel Kapital
In der Landwirtschaft ist die Shrimphaltung ein seltener Betriebszweig (Kasten). Das Geschäft ist kapitalintensiv und verlangt einen hohen Spezialisierungsgrad. Die sechs Jungunternehmer, die mit der Swiss Shrimp AG seit Oktober 2018 in Rheinfelden produzieren und 14 Mitarbeitende beschäftigen, sind keine Landwirte, und ihr Standort ist in der Gewerbe- und Industriezone. Dennoch ist ihre Anlage auch für die Landwirtschaft ein interessantes Beispiel für zeitgemässe und innovative Lebensmittelproduktion.
Geschäftsführer Rafael Waber informierte vor einer Woche an einem Online-Referat über das Unternehmen. Die Gebäude stehen auf dem Gelände der Saline in Rheinfelden, diese liefert gerne Abwärme und Salz für die Meerestiere. Die Rheinfelder Shrimps leben in einer geschlossenen Salzwasser-Kreislaufanlage; das Wasser wird zwanzig Mal pro Tag komplett gefiltert. Dank der guten Wasserqualität und gezielten Hygienemassnahmen kann auf Antibiotika verzichtet werden. Krankheitserreger, auf die Shrimps anfällig sind, sind in der Schweiz mit grosser Wahrscheinlichkeit kaum vorhanden. Damit es so bleibt, kommen Besucher aus dem fernen Ausland nur mit Schutz-Vollmontur in die Anlage in Rheinfelden. Die Wasserreinigung braucht viel Energie, dafür geht im Frühsommer eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach in Betrieb.
Keine Vorschriften
Eine LED-Beleuchtung sorgt für Tag-Nacht-Lichtverhältnisse. Die Shrimps seien sehr schreckhaft, bei einem plötzlichen Lichtwechsel würden die Bassins gemäss Waber zu «Whirlpools». Die Besatzdichte in den Becken der Swiss Shrimp beträgt maximal fünf bis sieben Kilogramm pro Quadratmeter. «Bei zu hohem Besatz wachsen sie schlechter.» Vorschriften dazu gebe es nicht, sagt Waber – «für Shrimps existiert keine Tierschutzverordnung».
Mit Futter nicht glücklich
Das Futter verursacht gemäss Waber 60 Prozent der Umweltbelastung. Bei Swiss Shrimp ist es bio-zertifiziert und stammt aus Frankreich mit Rohstoffen aus der ganzen Welt: Fischmehl, Gemüse, Soja, Getreide. «Ich bin mir nicht sicher, ob wir das richtige Futter haben», tönte Rafael Waber Optimierungsbedarf an. Das Biofutter habe einen höheren CO2-Ausstoss als konventionelles Futter, der tiefere Proteinanteil limitiere das Wachstum der Shrimps. «Uns fehlen die Mittel für die Forschung. Aber wir lassen unser Netzwerk wissen, dass sich die Futterlandschaft verändern muss.»
60 Tonnen aus 15 Kilo
Die Larven werden aus Österreich und den USA geliefert. Aus 15 Kilogramm Larven wachsen über das ganze Jahr hinweg 60 Tonnen Shrimps heran. Geerntet werden sie von Hand. Die Tötung im Eiswasser dauert fünf bis zehn Sekunden. Geerntet werden die Shrimps nur auf Bestellung. Landen doch einmal ein, zwei Kilo zu viel im Kescher, werden daraus Suppe, Ravioli und Butter hergestellt. Zur Kundschaft gehören Fischthekenbetreiber, Metzger, Gastronomie und private Haushalte. Die Auslieferung per Kurier erfolgt in einer mehrfach verwendbaren Spezialbox.
Die Schweizer Shrimps kosten rund doppelt so viel wie tiefgefrorene Importware, 120 Franken pro Kilogramm. «Sie sind eine rare Delikatesse, der Preis ist gerechtfertigt», sagt Waber selbstbewusst.Ruth Aerni
Bauernfamilien lassen die Finger von Shrimps
Shrimps gelten nicht als Nutztiere, sondern als Wildtiere, für die Landwirtschaft sind die Hürden bei der Haltung darum erhöht. Die Produktion von Shrimps und Fischen wird gemäss Peter Hänzi von Landwirtschaft Aargau gleich beurteilt, nämlich als nichtlandwirtschaftlicher Nebenbetrieb ohne engen fachlichen Bezug nach Art. 24b RPG in Verbindung mit Art. 40 RPV.
Keine Neubauten
Die Umnutzung von bestehenden Gebäuden zur Haltung von Shrimps wäre somit unter strengen Auflagen möglich, aber keine Neubauten. Bei Aufgabe der Landwirtschaft müsste die Infrastruktur zurückgebaut werden. Aber die Bauernfamilien reichen derzeit keine entsprechenden Gesuche ein. Das liegt vielleicht an ihren Erfahrungen mit Fischen. Das sei vor einiger Zeit ein Hype gewesen, schaut Peter Hänzi zurück, seit fünf Jahren sei das Interesse im Aargau jedoch faktisch gleich Null.
«Wir haben keine Aufträge in Zusammenhang mit Shrimps», sagt auch Hansueli Schaub, Raumplanungsexperte beim Schweizer Bauernverband, auf Anfrage der BauernZeitung. Theoretisch wäre dies eine neue Möglichkeit eines interessanten Betriebszweiges, meint Schaub.
Wenig wirtschaftlich
Aber der Knackpunkt sei wohl die Wirtschaftlichkeit. «Und zwar nicht jene, die in Aussicht gestellt wird, sondern jene, die effektiv mittel- und langfristig erreicht wird.» Auch er verweist auf viele Fischhaltungen auf Landwirtschaftsbetrieben, die wieder aufgegeben wurden, weil Abnahme und Übernahmepreise doch nicht so waren, wie im Businessplan vorgerechnet.