Mit der Annahme der Änderung der Erwerbsersatzordnung (EO) erhalten alle erwerbstätigen Väter das Recht auf einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Innerhalb von sechs Monaten nach Geburt des Kindes können sie zehn Arbeitstage am Stück oder einzeln beziehen und erhalten dafür Urlaubstage bzw. Taggelder. Die Regelung gilt ebenfalls für selbstständig erwerbende Landwirte oder landwirtschaftliche Angestellte und tritt voraussichtlich ab Neujahr in Kraft.
Wer hat Anspruch auf Vaterschaftsurlaub?
Nur der rechtliche Vater hat Anspruch auf den Vaterschaftsurlaub. Bei Adoption besteht kein Anspruch.
Zum Zeitpunkt der Geburt muss der Vater eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- angestellt oder selbstständig erwerbend sein.
- im Betrieb der Ehefrau mitarbeiten und dafür einen Barlohn erhalten.
- arbeitslos sein und ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung beziehen.
- Dienst leisten.
- wegen Krankheit, Unfall oder Invalidität arbeitsunfähig sein und deshalb Taggelder einer Sozial- oder Privatversicherung beziehen.
Zudem muss der Vater in den neun Monaten vor der Geburt des Kindes obligatorisch bei der AHV versichert gewesen sein und in dieser Zeit während mindestens fünf Monaten eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben.
Pro Betrieb verschieden
Die Entschädigung wird 80 Prozent des durchschnittlichen Bruttoeinkommens vor der Geburt, höchstens aber 196 Franken pro Tag betragen. Geht man von einem durchschnittlichen Einkommen von 54 600 Franken aus (so viel verdiente 2019 eine landwirtschaftliche Familienarbeitskraft im Durchschnitt gemäss neusten Zahlen von Agroscope), darf mit einem Taggeld von zirka 120 Franken gerechnet werden. Pro fünf Tage gibt es zwei zusätzliche Taggelder. Maximal werden 14 Taggelder ausbezahlt.
Ob sich das Einfordern des Vaterschaftsurlaubs für selbstständig erwerbende Landwirte finanziell lohnt, sei von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich, meint Peter Kopp, Generalsekretär der Agrisano.
Nachgefragt bei Peter Kopp
BauernZeitung: Wie und wo melde ich als Landwirt meinen Vaterschaftsurlaub an?
Peter Kopp: Wir gehen davon aus, dass der Ablauf gleich läuft wie bei der Mutterschaftsentschädigung. Der Landwirt meldet sich bei der zuständigen Ausgleichskasse. Der Vaterschaftsurlaub muss ausdrücklich beantragt werden.
Muss ich beweisen, dass ich wirklich nicht auf dem Betrieb gearbeitet habe?
Die Urlaubstage bzw. die Taggelder sind für die Papizeit bestimmt. Wenn ein Landwirt Taggelder aus dem Vaterschaftsurlaub bezieht, obwohl er gearbeitet hat, würde das meines Erachtens zum Erlöschen des Entschädigungsanspruchs führen. Von einem Kontrollmechanismus habe ich keine Kenntnis. Meist folgt eine Kontrolle jedoch erst nachgelagert, wenn man erste Erfahrungen gemacht hat.
Wie wirkt sich der Vaterschaftsurlaub auf die Höhe der Abgaben der 1. Säule aus?
Der Satz für die Erwerbsersatzordnung (EO) erhöht sich maximal von 0,45 % auf 0,5 %. Bei Selbständigerwerbenden gilt für Jahreseinkommen von weniger als 56'900 Franken ein tieferer AHV-, IV- und EO-Beitragssatz.
Wo liegen die Knackpunkte für die Bauernbetriebe bei der Umsetzung des Urlaubs?
Ich sehe beim Antragsprozess keine grossen Schwierigkeiten, er scheint administrativ relativ einfach zu sein. Ob es sich für Landwirte in jedem Fall lohnt, den Vaterschaftsurlaub einzufordern, hängt von der jeweiligen Situation ab. Wenn z. B. der Betriebshelfer wesentlich mehr kostet, als das Taggeld einbringt, wird sich der eine oder andere Bauer wohl eine Anmeldung überlegen.
Wie gehe ich vor, wenn ich Teilzeit angestellt bin?
In diesem Fall sind sicher eine gute Absprache und Koordination mit dem Arbeitgeber nötig.
Was ist mit meinen landwirtschaftlichen Angestellten aus dem Ausland?
Das ist eine Frage, die geklärt werden muss. Der Angestellte kann in der Regel nicht einfach schnell nach Hause. Hier müssen wir die Verordnung abwarten und schauen, wie das ausgestaltet wird.
Allgemein gilt: Bis die Verordnung vorliegt, bleiben einige Details ungeklärt. Ob der Vaterschatsurlaub wirklich bereits am 1.1.2021 in Kraft tritt, wissen wir auch noch nicht. Es heisst ja «voraussichtlich».
Zur Person
Peter Kopp ist Leiter des Departements Soziales und Dienstleistungen beim Schweizer Bauernverband und Generalsekretär der Agrisano.
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(Bild Schweizer Bauernverband)
Ein Blick über die Grenze
Mit der Annahme des Vaterschaftsurlaubs von zehn Arbeitstagen muss die Schweiz den internationalen Vergleich nicht mehr scheuen. Viele EU-Nachbarstaaten kennen einen Vaterschaftsurlaub oder müssen einen solchen mit zehn bezahlten Tagen bis spätestens August 2022 für Arbeitnehmer einführen.