Das zum vierten Mal durchgeführte Diskussions- und Begegnungsforum hat sich dieses Jahr das Ziel gesetzt, «die Möglichkeit zu einem breiten Wissens- und Erfahrungsaustausch zu bieten». Anwesend war ein Saal voller Frauen – alle mit dem Blick nach vorne gerichtet und fleissig mitnotierend.

Woher migrieren Migranten?

Auf der Agenda der Tagung «Frauen in der Landwirtschaft» stand unter anderem ein Referat von Dina Bolokan zum Thema Migration in der Landwirtschaft.

Über neun Jahre hinweg befasste sich Bolokan mit der Forschung zu migrierenden Arbeitskräften – insbesondere aus Moldawien –, die unter anderem in der Schweiz arbeiten. Bolokan begleitete 22 migrierende Personen aus Moldawien und zeichnete deren Lebensrealitäten auf. Dabei stellte Bolokan fest, dass es sich grundsätzlich um sehr vulnerable Arbeitskräfte handelt. So verdrängen sie zumBeispiel Krankheiten und Verletzungen, um maximal arbeitsfähig zu bleiben und um in der nächsten Saison wieder rekrutiert zu werden. «Langfristig wirkt sich dies negativ auf den Gesundheitszustand aus, während sie keine Möglichkeit auf eine soziale Absicherung haben, weil sie immer nur temporär angestellt werden», so Bolokan.

«Die Schweizer Landwirtschaft subenvioniert die nicht-entlohnte Care-Arbeit»

Dina Bolokan zeigte auch auf, dass die Arbeit im Ausland auch eine psychologische Belastung sein kann, da beispielsweise pflegebedürftige Eltern, Kinder oder sogar der eigene Hof zurückgelassen werden müssen. «Aufgrund der hypermobilen Arbeitsmigration müssen die Gemeinschaften in den Dörfern all das auffangen. Diese unsichtbar gemachte und nicht entlohnte Care-Arbeit subventioniert die Schweizer Landwirtschaft», kritisiert Bolokan. Dina Bolokan betonte auch, wie die ständige Arbeit im Ausland, mit sogenannten Sorgenketten einhergehen kann. Dies ist ähnlich wie in der Pflege. Wenn eine Frau aus Polen Kinder einer Akademikerin in der Schweiz betreut, damit diese sozial aufsteigen und Karriere machen kann, dann muss unter Umständen die Frau aus Polen eine sozial schlechtergestellte Person – zum Beispiel eine Frau aus Moldawien – in Polen einstellen, die ihre eigenen Kinder betreut.

In der Landwirtschaft bestünde ein ähnliches Phänomen, was Bolokan mit Sorgenketten zu fassen versucht. Hier können am Ende der Sorgenketten Roma und Sinti stehen, die zu den marginalisiertesten gehören. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Moldawien gerät daher nicht nur aufgrund der zum Teil subventionierten Lebensmittelimporte unter Druck, sondern auch, weil politische Perspektiven und die Menschen fehlen, um nachhaltige Landwirtschaftsstrukturen nach dem Zusammenbruch der Kolchosen aufzubauen.

Bauernverband wehrt sich gegen Vorwürfe

Nicole Spiess, die Sozialreferentin des Deutschen Bauernverbandes, wehrte sich am Forum gegen den Vorwurf, dass alle ausländischen Saisonniers prinzipiell ausgebeutet würden. Schwarze Schafe gebe es überall, aber grundsätzlich seien saisonal Angestellte in Deutschland gut abgesichert und würden gut behandelt werden, so Spiess. In diesem Sinne hielt das Forum sein Versprechen, eine Plattform für einen internationalen Austausch zu sein.

Vier Frauen aus vier Ländern

Diesem Referat folgte ein Podiumsgespräch zum aktuell brennenden Thema «Soziale Absicherung, Altersabsicherung von Frauen in der Landwirtschaft». Das Forum stellte dafür Rednerinnen aus vier Ländern auf.

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Es äusserten sich:

Für die Schweiz: Anne Challande, Juristin, Bäuerin, Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes und Vizepräsidentin des Schweizer Bauernverbandes

Für Deutschland: Nicole Speiss, Juristin und Sozialreferentin des Deutschen Bauernverbandes

Für Österreich: Heidemarie Rest-Hinterseer, Biobäuerin und Vorstandsmitglied einer Energiegenossenschaft

Für das Südtirol: Veronika Stampfer, Bezirksbäuerin Bozen, Südtiroler Bäuerinnenorganisation

In diesem Sinne hielt das Forum sein Versprechen, eine Plattform für einen fachlichen internationalen Austausch zu sein.