Dass Kühe nicht gerne schwitzen, ist uns allen bewusst, deswegen gilt für mich grundsätzlich Folgendes: Je mehr die Temperaturen draussen steigen, desto stärker nimmt die Milchmenge im Tank ab (alles oftmals auch von steigenden Zellzahlen begleitet).
Der «Wohlfühlbereich» einer Milchkuh liegt einfach gesagt ungefähr zwischen –16 und +16 Grad Celsius, ganz anders als bei uns Menschen.
Ein oder zwei Drähte?
Sei es wegen dem Klimawandel oder unterschiedlichen Standortbedingungen – Kühe geraten heutzutage viel schneller in den Hitzestress als wir Menschen. Genau um diese Tatsache zu umgehen, haben wir auf meinem Lehrbetrieb seit einigen Tagen angefangen, die Kühe nachtsüber auf die Weide zu lassen.
Am Tag vor dem ersten Nachtweidegang ging ich mit meinem Lehrmeister die Weide einzäunen. Der Strasse entlang mit zwei Drähten und zwischen den Koppeln nur mit einem. Ich bin der Meinung, dass man sich lieber die Zeit nehmen sollte, um einen zweiten Draht zu spannen, anstatt auf «Action» zu setzen, falls sich die Kühe aus welchem Grund auch immer in der Nacht für den Ausgang entscheiden sollten. Zum Glück ist das selten der Fall.
Mehr als 5 Minuten rechnen
Ärger ist die eine, gefährliche Hindernisse für den Nachtverkehr sind die andere Folge davon. Manchmal kann es nicht schief genug laufen, wenn sowas passiert.
Zudem musste ich merken, dass je nach Koppelgrösse fünf Minuten oft nicht genügen, um alle Kühe morgens vor dem Melken einzutreiben. Denn ausgerechnet die Tiere, welche sich am wenigsten aufs Einstallen freuen, müssen zuunterst weiden und komischerweise so tun, als würden sie nichts hören.
Kühe, die nachtsüber weiden, können schlussendlich von Folgendem profitieren: Während der heissen Tagesstunden verweilen sie im gut durchlüfteten, schattigen Stall und abends nach dem Melken, mehr oder weniger ohne lästige Fliegen, geniessen sie beim Sonnenuntergang das frische Weidegras.
Und das können sie stressfrei und möglichst ohne Verluste aufgrund der Hitze in Milch verwandeln.
Zur Person
Francesco De Benedetto ist in der Zweitausbildung zum Landwirt EFZ und war Kandidat für den Lehrling des Jahres 2022. Nach seiner ersten Lehre als Sanitärinstallateur verliebte sich der 20-Jährige aus Gretzenbach SO in die Landwirtschaft, vor allem in die Rindviehhaltung. Das 3. Lehrjahr absolviert er in Entlebuch bei Familie Sempach auf dem Hof Vorderbrunnen. Aus deren Milch gibt es Emmentaler Käse und Entlebucher Käsespezialitäten.[IMG 2]