Voraussichtlich im März berät der Aargauer Grossrat über die Revision des kantonalen Waldgesetzes. Dabei geht es auch darum, ob Waldweiden weiterhin als unzulässige und für den Wald nachteilige Nutzungen gelten oder ob Lockerungen ermöglicht werden. Waldweiden generell zulassen will auch der Bauernverband Aargau (BVA) nicht. Hingegen plädierte der Verband schon bei der Vernehmlassung letzten Herbst dafür, dass zumindest der Waldsaum künftig beweidet werden darf, allenfalls auch nur befristet.

Weiden als Alternative zu Maschinen

Das sei eine sinnvolle Alternative zur aufwendigen und ökologisch und ökonomisch nachteiligen maschinellen Waldrandpflege. So könnte die unerwünschte Ausdehnung der Bestockung gebremst und die Biodiversität gefördert werden, findet der BVA. «Beweidung von Waldrändern wäre vor allem auch in schwer zugänglichem Gelände sinnvoll.» Das Anliegen wird kontrovers diskutiert. Waldweiden- und Waldränderbeweidung stossen vor allem bei der Abteilung Wald auf Ablehnung, während solche seitens Naturschutz und auch Waldeigentümer vermehrt auf Sympathie stossen, stellt Ralf Bucher, Geschäftsführer BVA und selber Grossrat, fest.

[IMG 2]

Tradition Waldweiden in der Schweiz

Abo Waldgesetz Neue Richtlinie zur Beweidung von Wald im Kanton Luzern Wednesday, 22. February 2023 Die Waldgebiete der Schweiz wurden bis Ende des 19. Jahrhunderts auch im Mittelland beweidet. Wegen des Bevölkerungsrucks und Übernutzung des Waldes kam es zu Waldzerstörungen und Naturkatastrophen, worauf um die vorletzte Jahrhundertwende strenge Waldgesetze erlassen wurden. Darin wurde auch das Beweiden von Wald verboten, in Ausnahmefällen allerdings weiter zugelassen. Bekannt sind beispielsweise die Wytweiden im Jura oder die Selven auf der Alpensüdseite.

Rechtslage betreff Waldweiden ist unklar

Heute sind Waldweiden im Schweizer Waldgesetz nicht explizit als verboten aufgeführt. Hingegen sind Nutzungen, welche die Waldfunktionen beeinträchtigen, unzulässig. In zahlreichen kantonalen Waldgesetzen und -verordnungen sind aber Waldweiden als unzulässige Nutzung namentlich aufgeführt. Gleichwohl können solche Nutzungen aus wichtigen Gründen bewilligt werden. So sind Waldweiden gleichwohl fast überall möglich, unter bestimmten Bedingungen. Im Aargau gebe es beispielsweise schweizweit mit Abstand am meisten naturschützerische Waldweideprojekte, heisst es in einer schon 2013 publizierten Bachelorarbeit über das Potenzial von Waldweiden im Schweizer Mittelland.

Und der Bundesrat erklärte in einem Vorstoss zu Waldweiden, dass die Kantone die Waldfunktionen sicherzustellen haben. Sie könnten aber Räume bezeichnen, in den Waldweiden erhalten oder gefördert werden sollen.

Zäune an Waldrändern und somit deren Beweidung werde vielerorts von Kreisförstern im Aargau toleriert, so in schwierigem Gelände, weiss Ralf Bucher. Er ist überzeugt, dass Lockerungen der noch immer sehr restriktiven Waldgesetzgebungen angezeigt wären. «Waldweiden als Pflegeweide wären ein Gewinn für die Biodiversität.»

Schwyz toleriert
Weiden Im Kanton Schwyz ist gemäss Vollzugsverordnung zum Waldgesetz die Waldweide unzulässig. Das Amt für Wald und Natur kann sie aus wichtigen Gründen aber bewilligen. Wo ein Wald nachweislich schon immer beweidet wurde, dürfe das auch weiterhin geschehen, erklärt Esther Lagler vom Amt für Wald und Natur. «Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Waldverjüngung nicht verhindert wird und die Waldfunk­tion erhalten bleibt.»

Keine neuen Bewilligungen
Die Flächen seien rechtlich Wald. Werde festgestellt, dass durch die Beweidung die natürliche Waldverjüngung verunmöglicht wird, könne verlangt werden, dass die Fläche ausgezäunt und nicht mehr beweidet wird. Bewilligungen, um neue Flächen als Waldweide zu nutzen, seien grundsätzlich nicht vorge-sehen, erklärt Lagler. «Sollte es jedoch in Zukunft Projekte geben, für die die Beweidung von Wald als sinnvoll erscheint, werden wir dies fallweise prüfen.»

Wald nicht vergrössern
Zur Beweidung der Waldränder zur Verhinderung der Ausdehnung meint Lagler, dass im Kanton Schwyz keine Vergrösserung der Waldfläche beabsichtigt sei. Die bestehende Waldfläche soll bestehen und gepflegt und das angrenzende Landwirtschaftsland als solches genutzt werden. Solange sich Weidetiere ausserhalb der Waldgrenze aufhalten, sei dies erlaubt. «In diesem Fall ist ein Zaun entlang der Waldgrenze umso wichtiger.»