Der Sommer hat uns bis jetzt angenehme Temperaturen und etwas mehr Niederschläge als in anderen Jahren gebracht. Wir sind noch immer in einer leichten «La Niña»-Phase. Dank der Regenfälle haben wir eine kurze Bewässerungspause.
Im Augenblick werden nur das Sommergras und die Luzerne bewässert. Diese heuen wir einmal im Monat. Die Weizenfarmer hatten letztes Jahr eine Rekordernte. Nur 1983 konnte mehr Weizen geerntet werden als im letzten Jahr.
Ein alter Weizenfarmer meinte: «Eine solche Ernte werde ich kaum nochmals erleben.» Weil jetzt aber Regen fällt, wächst auf ihren kahlen Felder nur Unkraut und das muss aufwendig bekämpft werden.
Heisser Landhandel
Mit dem Jahreswechsel macht man sich einige Gedanken über das vergangene Jahr. Das Coronavirus hat uns viele Probleme eingebrockt. Das Virus selbst hat man jetzt im Griff. Wir hoffen auf eine bessere Zukunft. Im Februar werden in Australien die ersten Leute geimpft. Auch die Immobilienmakler hatten ein phänomenales Jahr. Viele Stadtbewohner möchten jetzt aufs Land ziehen. Letztes Jahr wurde zehn Prozent mehr australisches Farmland gehandelt als 2019. Die Haus- und Farmpreise sind im letzten Jahr über fünf Prozent gestiegen.
«Eine halbe Schweiz»
Die Statistik des Büros für Auslandsinvestitionen zeigt, dass Chinesen am meisten Land kauften. Dahinter kommen Briten, Holländer und Kanadier. Die restlichen Plätze der Top 10 belegen die Leute aus den Bahamas, Deutschland, der Schweiz, Südafrika und Hongkong. Die Chinesen besitzen jetzt insgesamt 9,19 Millionen Hektaren australisches Land. Den Briten gehören 8,16 Millionen Hektaren – mehr als die Fläche von Schottland. Holländer besitzen 2,8 Mio ha, also 1/5 der Grösse von Holland.
Die Amerikaner kommen auf 2,75 Mio ha, die gleiche Fläche wie Massachusetts. Den Bürgern der Bahamas gehören 2,2 Mio ha, anderthalbmal die Fläche ihres «eigenen Lands». Und die Schweizerinnen und Schweizer haben sich in Australien den Boden in der Grösse der halben Schweiz gekauft, nämlich 2,08 Mio ha. Sogar die fünffache Fläche ihres Heimatlandes haben Bürger und Bürgerinnen von Hongkong gekauft: 1,46 Mio ha.
Nicht alles bewilligt
Heute müssen alle grösseren Landkäufe von Ausländern vom «Foreign Investment Review Board» bewilligt werden. Wer diese Investoren genau sind, zeigt die Statistik nicht. Das zuständige Büro registriert einzig, in welchem Land die Käuferin oder die Firma ihren Hauptsitz hat.
Es ist bekannt, dass grosse kanadische Pensionskassen viel in die australische Landwirtschaft investieren. Die Regierung ist sich bewusst, dass solche Käufe nicht immer im Langzeitinteresse der Bevölkerung sind, und so werden diese zum Teil nicht bewilligt. Seit Grossbritannien den Austritt aus der EU erklärt hat, ist die australische Regierung in Wirtschaftsverhandlungen mit dem Inselstaat. Alle hoffen auf ein gutes Resultat.
Der grösste Handelpartner will nicht mehr
Unsere Landwirtschaft ist stark vom Export abhängig. Wichtigster und kauffreudigster Handelspartner Australiens ist aber China. In letzter Zeit gibt es sehr viele Probleme im Handel mit dem Reich der Mitte.
Langjährige Handelsabkommen werden nicht mehr eingehalten. China schlägt hohe Importsteuern auf australische Waren. Seit dem Coronavirus-Ausbruch hat sich die Situation zugespitzt. Die Handelsrestriktionen Chinas gegenüber Australien haben einen Grund: Die australische Regierung will, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO gründlich abklärt, wie das Virus in China ausbrechen und in die gesamte Welt verschleppt werden konnte.
Gerste bleibt liegen
China sieht diese Forderung nicht gern und macht nun überall Schwierigkeiten. Unsere Landwirtschaft und Bodenschätze sind am meisten betroffen. China ist der grösste Abnehmer von Gerste.
Nachdem der Samen schon im Boden war, führte die chinesische Regierung eine Importsteuer auf australische Gerste ein. Für die Farmer lohnte sich die Produktion von einem Tag auf den anderen nicht mehr. Zum Glück meldete Saudi-Arabien Interesse am Handel an und die gesamte Gerstenernte konnte zu einem guten Preis verkauft werden.
Über die Autorin
Josy Lang wanderte mit ihrem Mann Werner 1981 nach Australien aus. Nach un-
zähligen Farmbesichtigungen kauften sie mit ihren bescheidenen Finanzen eine 50 -Hektaren-Milchfarm mit 90 Milchkühen und Jungvieh in Tatura im Staat Victoria. 1997 bauten sie das erste Melkkarussell. Ihre vier Kinder sind alle dort geboren und zweisprachig aufgewachsen. 1988 konnten sie einen Nachbarsbetrieb kaufen und 2005 die zweite Milchfarm. Dort bauten Langs ein 50er-Melkkarussell. In der gesamten Zeit konnten sie die Farm auf 1250 Hektaren bewässertes Land vergrössern und die Herde wuchs auf 1500 Milchkühe plus Jungvieh an. Am 1. Oktober 2015 übergaben sie den Betrieb den zwei ältesten Söhnen. Diese bewirtschaften alles zusammen. Werner und Josy Lang arbeiten noch immer täglich auf dem Betrieb.