«Wir legen mal los!» Das sagte Simone May kürzlich vor Vertreterinnen und Vertretern von Behörden und weiteren interessierten Kreisen, als sie auf dem BBZ Arenenberg das PRE-Projekt Seerücken-Untersee vorstellte. Dieses steht noch ganz am Anfang einer langen Planungsphase. In der Region Seerücken-Untersee tue sich etwas, sagte die Geschäftsführerin von Agro Marketing Thurgau. Viele Akteure seien in den Startlöchern, um Projekte zu realisieren oder hätten solche bereits realisiert. Als Beispiele nannte Simone May etwa das Vinorama-Museum in Ermatingen, das geplante Reka-Feriendorf in Kreuzlingen, die geplante Schaukäserei auf Schloss Herdern oder den bereits aktiven Verein «Seerücken-Untersee Kraftgegend». Dieser will über die Marke mit gleichem Namen die Wertschöpfung in der Region erhöhen. Mit dem angedachten PRE-Projekt sollen solche Bemühungen gebündelt und koordiniert werden, sagte May. Sie verwies auch auf die landschaftliche Schönheiten und die relative Unberührtheit dieser Region mit einem beachtlichen touristischen Potenzial.
Zusammenarbeit fördern
Die Abkürzung «PRE» steht für «Projekte zur regionalen Entwicklung». Getragen werden diese vom Bundesamt für Landwirtschaft. PRE-Projekte sollen die Wertschöpfung in der Landwirtschaft und die regionale Zusammenarbeit fördern. Wie die Projekt-Entwicklerin Silke Fieseler-Hein darlegte, sind mindestens drei Teilprojekte mit unterschiedlicher Ausrichtung Voraussetzung, damit ein PRE-Projekt gestartet werden kann. Eine wichtige Rolle spielt dabei die landwirtschaftliche Beteiligung an solchen Projekte: So muss etwa mindestens die Hälfte eines PRE-Angebots eine landwirtschaftliche und regionale Herkunft aufweisen. Zudem müssen mindestens die Hälfte der für ein Angebot nötigen Arbeitsleistungen durch Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter oder deren Familien erbracht werden. Ziel eines PRE-Projekts ist die Unterstützung der ländlichen Entwicklung. Dabei soll auf Bestehendem aufgebaut werden. Die Ideen für PRE-Projekte sollen aus der Region stammen und von regionalen Akteuren umgesetzt werden. Ein PRE-Projekt besteht aus mehreren Teilprojekten mit verschiedenen Trägern und wird von Bund und Kanton unterstützt.
Genussregion etabliert sich
Gegenwärtig befindet sich im Kanton Thurgau das PRE-Projekt Tannzapfenland in Umsetzung. Zu diesem gehört etwa ein Ausbau der Joghurtproduktion oder der Neubau einer regionalen Schlachtanlage. Bekannter in der Region ist das bereits umgesetzte Schaffhauser PRE-Projekt Osterfingen, Wilchingen, Trasadingen, das inzwischen als «Genussregion Wilchingen, Osterfingen, Trasadingen» vermarktet wird. Das bekannteste Vorhaben, das im Rahmen dieses Projektes umgesetzt werden konnte, ist die Renovation und Neunutzung der historischen Trotte Osterfingen. Diese erfreut sich inzwischen als Veranstaltungsort grosser Bekanntheit und Beliebtheit.
Namhafte Beiträge
Ist ein PRE-Projekt einmal bewilligt, können namhafte Investitionsbeiträge von Bund und Kanton ausgelöst werden. Bis zu 50 Prozent an gemeinsam getragene Projekte und 20 bis 30 Prozent an Teilprojekte. Dies während einer Umsetzungsphase von maximal sechs Jahren. Um solche Beiträge auszulösen, ist ein professionelles Coaching hilfreich. Dieses kann die verschiedenen Ideen der Projektträger koordinieren, Erfahrungen aus anderen Projekten einbringen und Hilfeleistungen bei der Erarbeitung der Projektunterlagen an die Behörde erbringen. Im Verlaufe der Veranstaltung wurden, neben den bereits erwähnten, verschiedene Ideen präsentiert, die Bestandteile eines PRE-Projektes Seerücken-Untersee sein könnten:
- Es gibt verschiedene Landwirte in dieser Region, die sich der Zucht von Trüffeln widmen. Diese Bemühungen könnte man etwa unter dem Titel «Trüffel-Genuss» vertiefen.
- Es sind Ideen für Themen-Wanderwege vorhanden: Zum Beispiel ein Hochstamm-Bienen-Weg; oder ein historischer Weinwanderweg am Untersee.
- Auf einem Farm-Trail könnten Betriebe mit verschiedenen Ausrichtungen mit einem Erlebnisteil ausgestattet und saisonal für Besucher geöffnet werden.
- Das agrotouristischen Angebot hat Potenzial, ausgebaut und erweitert zu werden.
- Es soll ein gemeinsamer Verkaufsraum für Produkte aus der Region geschaffen werden.
Noch in den Kinderschuhen
Zwar hat Agro Marketing Thurgau bereits eine Projektskizze für ein PRE-Projekt beim Bundesamt für Landwirtschaft deponiert. Die Corona-Pandemie verhinderte aber ein Zugehen auf die Landwirte in der Region und physische Treffen in einem grösseren Rahmen, um diese Ideen zu konkretisieren. Deshalb fand vergangene Woche vorerst ein erstes Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern von Behörden und anderen Organisationen statt. Über den Sommer ist Agro Marketing interessiert an bilateralen Gesprächen mit Interessierten, die Teilprojekte realisieren wollen. Im September soll eine Informationsveranstaltung mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft stattfinden.
Anregungen sind gefragt
Bereits jetzt ist Agro Marketing Thurgau aber froh um konkrete Ideen und Anregungen für PRE-Teilprojekte. Denn die Initiativen dazu müssen von regionalen Trägerorganisationen kommen. Und auch wenn die entsprechenden Ideen zusammenkommen, ist der Weg zu deren Realisierung lang: Nach der Einreichung der Projektskizze folgt eine etwa einjährige Phase der Vorabklärung. Die Phase, in der die Grundlagen für das Projekt erarbeitet werden, dauert nochmals ein bis zwei Jahre. Und erst danach kann die auf sechs Jahre befristete Umsetzung des Projekts starten. Agro Marketing Thurgau möchte in diesem Prozess die Rolle eines Coaches übernehmen und die Schnittstelle zwischen Bund und Kanton bilden.