Ich dachte eigentlich, das Thema Gender voll im Griff zu haben: Nebst Landwirtin war ich in meinem früheren Leben bereits Zollbeamtin. Zwei Lehrabschlüsse in Männerdomänen sollten mich auf das Thema sensibilisiert haben, würde man meinen. Ausserdem bemühe ich mich tagtäglich, den Frauen in der Landwirtschaft eine Stimme und ein Gesicht zu geben.

Die Frauen wollen nicht

Doch letzthin gab es vom Lektorat einen Rüffel. Bei der Frage «Wie es ist, nach der Lockerung des Lockdowns wieder in die Beiz gehen zu können?» hätte ich nur Männer befragt. «Zu viele männliche Grinde im Blatt» war der konkrete Vorwurf. Tuff, das sass! Irgendwie zu Recht, denn ich wollte ja ebenfalls gemischt-geschlechtliche Antworten «heimbringen». Aber gerade die Frauen machten mir einen Strich durch diese Rechnung. Für die Befragung peilte ich, in der sorgfältig von mir ausgewählten Besenbeiz, zielstrebig die erste Frau an. Sie antwortete wie ein sprudelnder Wasserfall auf meine Frage. Als es dann aber darum ging, das Gesagte mit einem Foto von ihr zu unterstreichen, musste ihr lieber Mann herhalten.

Reden ja, aber bitte nicht in der Zeitung erscheinen

Versuch Nummer zwei. Ich steuerte sofort den Mann an. Doch der kam fast gar nicht zu Wort, seine Frau antwortete andauernd für ihn. Darauf angesprochen, dass ich gerne ein Bild von ihr machen würde, liess sie augenblicklich verstummen. Beim dritten Versuch ging ich eine reine Männergruppe am Stammtisch an – faktisch hatte ich ja bereits zwei weibliche Voten, halt einfach mit der falschen Bebilderung – doch die Herren hatten zig Ausreden parat, damit sie weder mit Text noch mit Bild in die Zeitung kommen mussten: «Ich bin zu wenig schön.», «Ich kam schon häufig in der Presse.», und auf einmal mussten alle ganz dringend nach Hause fürs Zmittag. Beim nächsten Versuch wusste ich dann, wie ich richtig vorgehen musste. Ich sprach mit der Frau und dem Mann, merkte mir vor allem die Antworten des Mannes und machte zum Schluss ein Bild von ihm. Einfach, damit es mit den rechten Dingen betreffend Copyright des Gesagten zu und her ging. Tja so kam es also zu den «drei Grinden» im Blatt.

Kein Grund, sich zu schämen

Ich wies die Frauen übrigens darauf hin, dass sie das Gesagte unter eigenem Bild abdrucken lassen sollten. Meiner Meinung nach waren es ja lauter gescheite Aussagen, also kein Grund, sich dafür zu schämen. Ganz kampflos wollte ich schliesslich nicht kapitulieren. Noch so als Nachtrag: Eigentlich dachte ich ja, als Agrarjournalistin erneut in einer Männerdomäne zu arbeiten. Wenn ich aber unser Impressum studiere, bin ich mir da nicht mehr so sicher, der Frauenanteil steigt stetig. Eigentlich machen wir Agrarjournalistinnen nichts anderes, als die Frauen in der Besenbeiz auch: Wir legen den Männern gute Sätze in den Mund, bebildert wird dann mit einem männlichen Grind. Ernüchtert durch diese Tatsache blieb mir nichts anderes übrig, als mir diese Kolumne zu entern und für einmal mein eigenes Gesagte mit meinem Grind zu verschönern.