Deponien haben einen schlechten Ruf. Handelt es sich um unverschmutzten Aushub, sind Bedenken unbegründet. Solches Material wurde und wird bevorzugt in leere Kiesgruben transportiert. Im Oberfreiamt mangelt es an entsprechenden Gelegenheiten. Deshalb verfolgt hier der Kanton Aargau an mittlerweile drei Standorten einen neuen Ansatz: Aushub-Grossdeponien auf der grünen Wiese. Dabei werden keine Gruben aufgefüllt, sondern Gelände aufgeschüttet. Für die betroffenen Landwirte bedeutet das mehrjährige Bewirtschaftungseinschränkungen. Als Kompensation erhalten sie Abgeltungen – und guten Boden zurück. Denn auf die Rekultivierung wird grosser Wert gelegt.
Aufbau ist anspruchsvoll
«Mit diesen neuen Projekten mussten wir zuerst Erfahrungen sammeln», sagt Dominik Müller, Fachspezialist Boden bei der Abteilung für Umwelt des Kantons Aargau. «Es war für alle Beteiligten ein Lernprozess. Verglichen mit Kiesgruben ist die Rekultivierung wesentlich anspruchsvoller, was Bodenaufbau und Entwässerung betrifft.»
«Es war für alle Beteiligten ein Lernprozess.»
Dominik Müller, Fachspezialist Boden beim Kanton Aargau, zu den Rekultivierungsprojekten.
Müller bezeichnet die Zusammenarbeit mit den involvierten Bauern als vorbildlich. Er führt dies auf die Sorgfalt zurück, wie mit dem Boden umgegangen wird. Das habe das Vertrauen gestärkt. Und auch das Bewusstsein, dass es Zeit braucht, bis der Boden nach der Rekultivierung wieder uneingeschränkt genutzt werden darf.
Vorgehen in Etappen
Die Arbeiten erfolgen unter der Regie der Deponie Freiamt AG in enger Zusammenarbeit mit einem externen bodenkundlichen Baubegleiter. Die Firma besteht aus neun Unternehmen. In einem ersten Schritt wird jeweils die Infrastruktur (Zufahrtsstrasse, Waschanlage für Lastwagen usw.) erstellt, wie Deponieleiter Toni Leu erklärt. Danach geht es etappenweise weiter: Der bestehende Ober- und Unterboden wird entfernt und getrennt zwischengelagert, bevor die Aufschüttung mit Aushub beginnt. Für die Rekultivierung werden auf der neu erstellten Rohplanie zuerst die Sickerhilfen verlegt und dann in Bahnen schichtweise 80 Zentimeter Unterboden und 40 Zentimeter Humus aufgetragen, schildert Leu den Ablauf bei einem Augenschein in Dietwil. «Diese Arbeiten können wir nur bei Trockenheit ausführen, im Winter ruhen sie ganz. Der Bagger darf ausschliesslich den planierten Boden befahren.»
Die Rekultivierung für eine Hektare dauert im Idealfall drei Wochen bei Kosten von rund 120 000 Franken. Nach Abschluss der Arbeiten garantiert die Deponie Freiamt AG eine Nachsorgepflicht von zehn Jahren. Sie steht gerade für Schäden bei einem Hangrutsch oder Mängeln an der Bodenoberfläche. Zudem wird das Sickerwasser zweimal jährlich beprobt.
Zuerst beschränkte Nutzung
«Bei der Deponie in Dietwil besteht ein massives Defizit an Unterboden, deshalb müssen wir ihn extern beschaffen», ergänzt Leu. Zu diesem Zweck werden Bauherren mit finanziellen Anreizen animiert, die Bodenschicht vor dem Aushub separat zu entfernen. Früher habe man diese Trennung nicht vorgenommen, heute sei das Bewusstsein vorhanden.
Die Entschädigung der Grundeigentümer richtet sich nach der beanspruchten Fläche und dem Auffüllvolumen. Sind Rekultivierung und Grasansaat abgeschlossen, kann der Bauer das Land wieder bewirtschaften, während mindestens drei Vegetationsperioden jedoch nur eingeschränkt: «Es ist ausschliesslich Graslandnutzung mit leichten und gut bereiften Maschinen erlaubt», so der Deponieleiter. Das Raumplanungsgesetz schreibt zudem auf 15 Prozent der Perimeterfläche ökologische Ausgleichsmassnahmen vor. «Es handelt sich beispielsweise um Renaturierung von Bächen oder Böschungsbereiche. Dort verzichten wir zugunsten von Magerwiesen auf einen Bodenaufbau.»
Viel Sorgfalt erforderlich
Bei den Aushubdeponien wird zuerst Boden entfernt, deponiert und am Schluss wieder aufgetragen. Bei sämtlichen Schritten ist Vorsicht geboten, betont der bodenkundliche Baubegleiter Ralph Böhlert: «Das lohnt sich extrem. Bei unsachgemässem Umgang kann er massiv an Qualität verlieren. Im Idealfall wird der abgetragene Boden direkt andernorts wieder angelegt, aber das ist nicht immer möglich.» Erdbewegungen seien insbesondere bei Nässe tabu, weil das Porensystem zusammengedrückt und die wichtigen Mikroorganismen teilweise erstickt würden.