Die Abkürzung PPF ist für viele Zürcher Landwirte und Bäuerinnen zu einem Reizwort geworden. Sie steht für Prioritäre Potenzialflächen für Feuchtgebiete und umfasst rund 1300 ha Kulturland.

Umstrittener Eintrag im GIS

Abo Infoveranstaltung IG Pro Kulturland Zürcher Amtschef Marco Pezzatti im Kreuzfeuer Thursday, 2. February 2023 Ohne die Grundeigentümer vorgängig zu informieren, waren diese PPF im GIS-Browser verzeichnet. Das stiess bei den Bauern auf Widerstand. Deshalb gründeten sie vor einem Jahr die IG Pro Kulturland, um zu verhindern, dass aus ihrem Kulturland nach den Plänen des Kantons Feuchtgebiete entstehen sollen. «Es war ungeschickt, dass wir die PFF lancierten, ohne ein Anreizsystem beziehungsweise ein Entschädigungsmodell bereit zu haben», gab denn auch Marco Pezzatti, Chef des Amts für Landschaft und Natur (ALN) des Kantons Zürichs, zu und weiter: «Diese Fachkarte mit den ausgeschiedenen PPF-Flächen im GIS sorgte für Verunsicherung vor allem, weil anfänglich schlecht kommuniziert wurde.»

[IMG 2] Auslöser des Schlagabtausches zwischen den Landwirten und der Amtsleitung des ALN war am Dienstag eine Veranstaltung in Benken auf dem Betrieb von Reto Studer.
Der 34-jährige Meisterlandwirt hat auf den 1.1.2023 den Betrieb von seinem Vater übernommen. 7,25 ha seines Lands sind als PPF ausgewiesen, dort, wo Ackerkulturen wachsen. «Das ist knapp ein Viertel meines Ackerlands», sagte er.
Der Verlust von 7,5 ha löst beim jungen Familienvater Existenzängste aus. Aber die PPF sollen ja auf Freiwilligkeit beruhen. «Sie können meine Fläche schon jetzt rausstreichen, denn freiwillig gebe ich sie nicht her», rief Studer Amtschef Pezzatti zu.

Schwierig für Junglandwirte

Eine Weiterbewirtschaftung wie bisher soll zwar auch auf den PPF möglich sein, sagt der Kanton. Nur erhält der Landwirt beziehungsweise dessen Flurgenossenschaft auf diesen Flächen keine Subventionen für eine Drainagesanierung. «Aber wie soll ich als Hofübernehmer und Junglandwirt eine Sanierung in den nächsten Jahren sicherstellen und vor allem finanziell stemmen können?», meldete sich ein Kollege von Reto Studer zu Wort. Auch er hat den elterlichen Betrieb auf den 1.1.2023 übernommen.

Wie verlässlich ist Freiwilligkeit?

Marco Pezzatti versicherte mehrmals und glaubhaft, dass die Beteiligung an den PFF auf Freiwilligkeit beruht. Musste er auch, denn diese versprochene Freiwilligkeit stösst bei den Landwirten auf Misstrauen. Wie lange dauert denn eine Freiwilligkeit? Gilt sie nur in einer Anfangsphase oder langfristig? Pezzatti gab selbst zu, dass er nicht wisse, was in zehn oder 15 Jahren sei - das entscheide die Politik. Manchmal dauert es auch gar nicht zehn oder 15 Jahre, wie das Beispiel vom Oerlinger Ried zeigte, das Landwirt Björn Hug vortrug. Er bewirtschaft zusammen mit Kollegen Pachtland im Oerlinger Ried. Eigentümer des Pachtlandes ist der Kanton. «Beim Start des Renaturierungsprojektes waren wir Bauern einverstanden, die 3 ha dafür herzugeben», erinnert er sich und versprochen worden sei, dass die übrige Fläche weiterhin von den Bauern wie üblich bewirtschaftet werden könne. «Aber anderthalb Jahre später wurden auch die übrigen 8 ha zum Renaturierungsprojekt eingezogen», so Hug. Und dann sei noch das Problem mit dem Pufferstreifen. Laut diesem Renaturierungsprojekt sei der Pufferstreifen Teil der renautierten Fläche. Aber in der Mehrzahl der Fälle sei dieser Streifen grösstenteils voller Wasser, was ja auch nicht geht. [IMG 3]

Bezüglich Pufferstreifen und PPF erklärte Marco Pezzatti, dass die Pufferstreifen in den PFF-Flächen liegen würden, sodass die Landwirte als Anrainer nicht noch zusätzliche Flächen zur Pufferung beisteuern müssten.

Rückhalt von Gemeinde und Landi

Abo Elmar Hüppi will, dass der Kanton die Bauern ernst nimmt und mitbestimmen lässt, wenn es um die Flächenfestsetzung der PPF geht oder um die Höhe der Entschädigungen. Kulturlandverlust «Es geht um unsere Existenz», sagt Elmar Hüppi und bekämpft die Pläne des Kantons Thursday, 6. April 2023 Reto Studer und seine Berufskollegen im Weinland und auch im Gossauer Ried stehen nicht allein da. Die Gemeinde stehe hinter ihnen, versicherte Gemeindepräsident Beat Schmid. Diesen Worten schloss sich auch Lukas Landolt, Geschäftsführer der Landi Weinland, an.

Die Landwirte seien nicht gegen Ökologie und Biodiversität, im Gegenteil. «Aber verplant wird niemand gerne, vor allem wenn man damit quasi um seine wirtschaftliche Existenz gebracht wird», brachte es Elmar Hüppi, Präsident der IG Pro Kulturland, auf den Punkt. Er forderte: «Wir wollen faire und transparente Lösungen und vor allem von Anfang an mitreden und mitbestimmen können.» Milde stimmte Hüppi auch nicht, dass Marco Pezzatti Fehler in der Kommunikation eingestand. So arbeitet das ALN bis Ende Jahr ein Entschädigungsreglement aus. Hier hätten die Landwirte und die Mitglieder der IG Pro Kulturland nämlich gerne auch schon mitgewirkt.

Erste Zahlen zur Entschädigung lieferte Marco Pezzzatti: 
Streuefläche (inkl. Q2, Zuschlag Naturschutz und Vernetzung): Fr. 47.-/a

Ertragausfall für 20 Jahre abhängig von Nutzungseignungsklasse (NEK):
Nutzungseignungsklasse 1 bis 5: Fr. 20.-/a
Nutzungseignungsklasse 6 bis 7: Fr. 15.-/a
Nutzungseignungsklasse 6 bis 10: Fr. 5.-/a

«Das ALN untersucht, welche Wertminderungen die PPF auf den Bodenmarkt, Ertragswert und Preis haben», sagte Pezzatti. Das Ergebnis dieser Studie sollte bis Ende Jahr vorliegen. Auch laufe eine Anfrage ans Bundesamt für Landwirtschaft, dass PFF-Flächen in die 3,5 % Acker-BFF integriert werden könnten.

Politische Unterstützung

Die IG Pro Kulturland kann auf politische Unterstützung zählen. Elmar Hüppi erwähnte die zwei parlamentarischen Initiativen, die am 26. September in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Zürcher Kantonsrats behandelt wurden. Dabei fordern bürgerlich-bäuerlich Kantonsräte, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist, die Drainagesysteme auf LN erhalten bleiben und Bodenabtrag nicht mehr möglich ist. Gespannt waren alle im Kanton Zürich auf das Ergebnis der Verhandlung in der Kommission.

Nächste Woche startet zudem die Besprechung, welche die Umsetzung des PPF-Projektes im Gossauer Ried betrifft. Dabei sind alle Grundeigentümer sowie die Flurgenossenschaften Gossau, Mönchaltorf und Grüningen eingeladen.

Einen Korb für Pezzatti

Zum Abschluss der Veranstaltung gab Reto Studer dem ALN-Amtschef Marco Pezzatti symbolträchtig einen Korb. Dieser war nicht leer, sondern mit Leckereien aus dem Weinland gefüllt. «Denn wir Landwirte haben die leise Hoffnung, dass Sie sich, Herr Pezzatti, für uns einsetzen», sagte Studer.