«Die Dolleseppler würden besser fallen», erklärt Benno Camenzind vom Gadmenhof ob Küssnacht. Beim Besuch der BauernZeitung schüttelt er mechanisch einen jüngeren Baum der Sorte Luxburger. Nicht alle Kirschen fallen auf die Plastiknetze auf dem Boden, schätzungsweise sind es immerhin drei Viertel. Mit Schüttelhaken muss noch etwas nachgeholfen werden, bis der Baum leer ist. Seit 6 Uhr morgens ist Benno mit Frau Melanie und einem Helfer daran, die Brennkirschen zu schütteln. 160 Hochstämmer stehen auf dem Hof, die meisten der leicht zu schüttelnden Sorte Dolleseppler. Viele sind bereits über 40-jährig, ein Ersatz steht an.
Vorteile am Morgen
Brennkirschen haben auf dem Betrieb jahrzehntelange Tradition, früher hat Camenzinds Vater aber noch eher Konservenkirschen abgeliefert. Ein Seilschüttler stand damals schon im Einsatz. Heute ist das Gerät hydraulisch betrieben, ein Arm umgreift den Stamm und schüttelt mit leichten Vibrationen. Neben der Sorte sei auch der Reifegrad und der Zeitpunkt entscheidend für das Schütteln, sagt Camenzind. «Am frühen Morgen fallen die Kirschen viel besser.»
Asylbewerber helfen mit
Seit acht Jahren beschäftigt er über die Saison drei Asylbewerber aus der nahen Unterkunft, die helfen beim Laubauslesen und Netze Legen beim Schütteln. Und hätten sichtlich Freude an der willkommenen Beschäftigung. Während der Brennkirschenernte sind sechs Personen beschäftigt, drei beim Schütteln bei den Bäumen, drei auf dem Hof bei der Weiterbearbeitung und Reinigung in der «Rupfi». Den hydraulischen Schüttler hat Camenzind zusammen mit einem Nachbarn angeschafft. Von 6 bis 9 Uhr morgens ist dieser bei ihm im Einsatz, danach bis am Mittag beim Nachbarn, danach wieder bei Camenzind bis 15 Uhr, danach wieder beim Nachbarn. So ist das Gerät ganztags gut ausgelastet.
Dieses Jahr startete die Ernte sehr früh, schon am 18. Juni, und dauert mehrere Wochen. «Ich mag mich nicht erinnern, dass es schon mal früher war.» Überhaupt stellt er einen klimabedingten Trend zu immer früherer Ernte fest.
«Am frühen Morgen fallen die Früchte besser von den Bäumen.»
Benno Camenzind über den optimalen Zeitpunkt für das mechanische Schütteln.
KEF bereitet grosse Sorgen
Wichtig sei die Nährstoffversorgung der Bäume, diese werden im Frühling zweimal begüllt. Die erhöhte und windige Lage ist offensichtlich vorteilhaft, die Bäume würden wenig gespritzt, auf die Austriebsspritzung könne verzichtet werden, ebenso auf Kupfer. Lediglich in die Blüte wird behandelt, und danach vor allem gegen Fliegen und aktuell die Kirschessigfliege (KEF). Das sei das grösste Problem, dieses Jahr ausgeprägter als letztes Jahr. Eine wirksame Bekämpfung der KEF sei eigentlich nicht möglich. Camenzind setzt auf frühzeitig vor dem Reifen gestellte Fallen. «Jede so gefangene Fliege kann keine Eier mehr legen.» Der KEF-Druck sei in den letzten Wochen sehr unterschiedlich gewesen. Das aktuell feucht-warme Wetter diese Woche habe wieder zu grosser Vermehrung geführt. Nun könne er aber wegen der Wartefrist nur mehr jene Bäume behandeln, die erst Ende nächster Woche erntereif sind. Gegen die KEF spritzt er die Mittel Gazelle und Audienz. Die Zukunft der Hochstammbäume sei unsicher, wenn die Kirschessigfliege weiterhin so dominiere.
Gefragte Saftkirschen
Bis 80 Prozent der Ernte sind Brennkirschen, der Rest Industrie- bzw. Saftkirschen. Camenzind ist zwar Aktionär bei der Zuger Rigi Chriesi AG, liefert aber direkt an Verarbeiter. Die Saftkirschen werden zur Firma Räber in Merlischachen geliefert, daraus wird Saft zum Einfärben von Joghurts hergestellt. Dafür wäre die Nachfrage gut, ebenso der Preis besser als für Brennware, allerdings sei auch der Aufwand grösser.
Die Brennkirschen werden täglich von der Zuger Firma Etter Söhne AG abgeholt, seinem langjährigen Abnehmer (siehe Kasten). «Wir arbeiten seit acht Jahren zusammen und sind sehr zufrieden. Ich fühle mich nicht als Lieferant, sondern als Partner», sagt Camenzind. Zur Etter Söhne AG gehen jährlich rund 20 Tonnen, insgesamt werden auf dem Gadmenhof jährlich 25 bis 30 Tonnen Kirschen geerntet. «Dieses Jahr ist die Ernte sehr gut, trotz eines Frosts mit 4 Grad minus zur Blüte, der schadete aber offenbar nicht», sagt Camenzind.
Etter bezahlt Fr. 1.30 pro Kilo und erwartet dafür hohe Qualität und einen Zuckergehalt von durchschnittlich 20 Brix. Camenzind ist froh, dass er im aktuell schwierigen Jahr für Brennkirschen gleichwohl zumindest den Durchschnitt der vergangenen Jahre an Menge an seinen langjährigen Abnehmer liefern kann. Gleichzeitig versucht er, mehr in den Saftkanal zu liefern.
Gemisch von Mutterkühen
Brennkirschen sind das zweite Standbein auf dem Gadmenhof, neben der Mutterkuhhaltung. Vor 13 Jahren wurde die Milchproduktion aufgegeben, an der Stallwand hängen noch immer zahlreiche Auszeichnungen von Zuchtviehschauen. Nun weiden 26 Mutterkühe am Hang oberhalb des Betriebes, vor allem Simmentaler, aber eigentlich ein Rassengemisch. «Ich habe es gerne bunt und wenn alle Kühe anders aussehen», meint Camenzind lachend.
Betrieb Gadmenhof
Betriebsleiter: Benno und Melanie Camenzind mit drei Kindern
Ort: Gadmenhof, Küssnacht
Fläche: 19 ha Grünland
Betriebszweige: 26 Mutterkühe, verschiedene Rassen, besonders Simmentaler; 160 Hochstammbäume für Brennkirschen, Sorten Dolleseppler und Luxburger
Arbeitskräfte: Familie, während der Saison zahlreiche Helfer, so auch Asylbewerber
Sorge wegen Corona und Regen
Der Umsatz bei der Zuger Rigi Chriesi AG sei wegen der Corona-Krise sehr stark eingebrochen, sagt Präsident Louis Suter. Kein Kirsch in Restaurants und kein Kirsch für die Zuger Kirschtorten wurde mehr nachgefragt, und auch die sonstigen Produkte – von Süssigkeiten aus Kirschen bis zum Kirschensenf – seien kaum mehr absetzbar gewesen. Das habe den Druck auf die Brennkirschen massiv verstärkt. Auch der Schweizer Obstverband rief kürzlich dazu auf, mehr Industrie- statt Brennkirschen zu produzieren. Dies wegen des guten Behangs der Bäume, aber vollen Spirituosenlagern und geringem Absatz wegen der Corona-Pandemie.
Sorgen bereitet den Brennkirschenproduzenten nun noch das Wetter mit dem vielen Regen, und auch für die Kirschessigfliege seien die Bedingungen derzeit «wie Weihnachten», bedauert Suter. Wenn das Wetter nicht bald bessere, werde es wohl schwierig, überhaupt genügend Rohstoff zu beschaffen.